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Haufen, die Bäume pfeifen und rasen, das Gevögel flattert angstvoll auf. Im Heidekraut selbst saust der Sturm und schleudert Sand und Erde empor. Ein blendendes Feuerband schlägt in den Lüften ein ungeheures Trudenkreuz, und wo es schmetternd zur Erde fährt, da lodert ein Baumstamm. Ein Meer von Nebel wallt, fliegt zerzaust und zerfetzt zwischen den krachenden Bäumen. Die Wolken brechen und fallen in Fluthen nieder. Jetzt springt Staub, Moos und Reisig empört zur Höhe, jetzt ist es von wuchtigen Eiskörnern tief in den Boden geschlagen, und jetzt fährt alles, Halm und Ast, Stamm und Stein in braunen, brandenden Bächen lawinenartig der Tiefe zu. Wahnfred sieht nichts mehr als das wirbelnde Grau, von rothen Lichtern durchfahren, hört nichts mehr, als das Brausen wie auf wilder See. Das Rollen der Steine, das Stürzen der Bäume, das krachen der Blitze, es ist Eins geworden. Wie wenn der Hauch eines Gottes die Schöpfung wieder in ihr ursprüngliches Chaos zerblasen hätte, so wogen die Elemente durcheinander, als sollten sie sich eins im anderen lösen.

      Wahnfred ist hingeschleudert worden in junges Dickicht, Hören und Sehen vergeht ihm, aber die Pulsschläge seines Herzens klingen in wundersamer Weise. Du armes Menschenkind! Du hast auch gehaßt; wie kindisch war Dein Neid, wie ungezogen Dein Zorn, wie kleinlich Deine Bosheit gegen diesen Zorn der ewigen Gewalt, die mit Einem Schlage alles rächt, alles erlöst. – Du hast auch geliebt! Welch wässerige Glückseligkeit, welch ängstliche Eigensüchtelei, welch schwacher Muth, welch träge Leidenschaft gegen die weltverzehrende Gluth, die alles vereint und in der Vernichtung alles gebärt. Deine Leidenschaft ist ein Sturm im Glase – und du wagst Den, der da in ewiger Größe zürnt und zerschmettert, armseliger, menschlicher Motive zu zeihen! Du wimmerst um sein Erbarmen, oder du ballst die Faust, um, bevor du untergehst, seiner Brust einen Schlag zu versetzen. O, du bist kindisch, du siehst deinen Feind im niedersausenden Eise und weißt es nicht, wie lange sich die Tropfen gesträubt haben, bis sie der Frost erstarrt, der Sturm hingeworfen hat. Du meinst, der Sturm wolle dich verderben und denkst nicht daran, wie verzweifelt die ungleichen Wärmeschichten miteinander gerungen haben, bis die wilde Jagd der Lüfte anhub. Und der Lüfte Schlachtenplan, er wird gemacht bei den Sternen. Alles und alles liebt die Ruhe wie du. Der Alleinige vernichtet und baut absichtslos, er will sich nicht nützen und dir nicht schaden – du bist ja sein, bist ein zitterndes Härchen an seinen grauen Locken. Du bist ein Blatt im Kartenspiele und wirst auf deinen Posten gestellt, jetzt gewinnst du, jetzt unterliegst du, jetzt wirst du miteingemischt und bist so viel und so wenig, wie jedes andere. Du bekämpfest scheinbar die übrigen Blätter und sie bekämpfen dich, aber ihr gehört zusammen und für das Ganze kann das Spiel nicht verloren sein. Unheilvoll ist nur jene Gefahr, die der Mensch sich selbst bereitet, denn auf solchem Wege begegnet ihm das böse Gewissen. Im Streit der Elemente mag er ruhig sein; in welche der auf- und niederspringenden Wagschalen er auch geworfen wird, er dient dem Gleichgewichte, es wird wieder das Ebenmaß herrschen und das Zünglein friedlich nach aufwärts deuten, wo des Ewigen Hand an der strahlenden Sternenkette die Wage hält .... So das Sinnen des gottsuchenden Wahnfred. »O, du Narr!« rief er einst zu sich lebst, da er fühlte, wie es in seinem Haupte wirr war.

      »Narr?« fragte er sich dann. »Wer? Ist es es denn Narrheit, bei Ihm sein zu wollen? Die Mär erzählt, der Alten Gott hätte Donar geheißen. So rufen wir heute noch aus: O, Gott! oder: Donar! Und die Leute verstehen: Du Narr! Worte entarten wie Geschlechter. Donar hat Blitze geschleudert – im Feuer find’ ich ihn wieder!« –

      Der Sturm ist vorüber. Die größten Bäume des Waldes sind gebrochen, tief unten über die Wiesenflächen wälzt sich noch der Schutt, brausen noch die braunen Wasser. Hänge sind blaß und kahl, das Blätterwerk ist zu Thale geschwemmt. Der Trasank steht in scharfem Bilde da, leichte Nebelflocken schweben an seinen Wänden und die Luft ist kühl wie Kellerhauch. Das Thal der Trach ist weiß; ein Stück Winter ist krachend hingeworfen worden. Die Berge jenseits stehen in voller Klarheit, keiner ist gestürzt, über den Waldungen steigt da und dort ein blaues Rauchwölklein auf. Leichte Streifen durchziehen den Himmel, die hingehende Sonne lächelt ein »Gute Nacht« zurück. Fern über das Flachland grollt die Wetternacht dahin und auf ihrem stahlgrauen Grunde, wie aus den gezähmten Flammensplittern der Blitze gebaut, steht das hohe Halbrund des Regenbogens.

      Wahnfred geht seiner Hütte zu. Was ist die Luft so rein! Keine einzige Mücke, kein Schmetterling, kein Heupferdchen mehr! Wer die Millionen der kleinen Todten zählen könnte! Da ist ein Weltgericht vorbei.

      Nun kommt die ruhsame Nacht. Alles im Frieden, nur aus dem Thale dringt lauter als sonst das Rauschen der Trach. Die Wildwässer haben auch jene Schrift ausgelöscht an der Dreiwand. Aber Wahnfred sitzt ruhelos in seiner Hütte und sinnt und träumt- Fast will er heute vergessen auf die Vergangenheit; er denkt daran, was werden soll. Er möchte die Bande zerreißen, die ihn an die Vorfahren und ihre Satzungen binden, durch sie geleitet, hat er der Gemeinde Trawies die Religion getödtet. Einen neuen Gott muß er ihr suchen ....

      Tief war es schon in der Nacht. Die schlaflosen Augen des Mannes, der vor der Hütte saß, irrten in die Gegend hinaus. Da sah er unten am Hang zwischen den Stämmen ein Lichtlein flimmern. Es glitt langsam hin und her, es kam näher. Und als es nahe war, trat über das Flämmchen rosig beleuchtet ein überaus schönes Mädchengesicht hervor.

      Sela trat vor ihn hin und sagte die Worte: »Der Feuerwart übergiebt das Feuer.« – – –

      Sela war nicht zu bewegen, im Haus auf dem Johannisberge die Stunden der Nacht abzuwarten. Allein, wie sie bergwärts gestiegen war, stieg sie thalwärts. Die hohen Tannen standen so starr und hoben noch höher ihre knorrigen Kronen, seitdem sie wieder einen Strauß mit dem Sturme so glücklich ausgefochten. Zwischen ihrem finsteren Geäste glitt das weiße Mondlicht nieder, wohl eine mangelhafte Leuchte für die Wanderin, welche ihr Licht auf den Berg getragen hatte und nun in Wald und Nacht still und zitternd zurückschritt. Oft strich ein Mondenstrahl über ihre gestalt und da leuchtete es wie tropfender Thau über ihren Wangen.

      Sie hatte ihre Aufgabe erfüllt, nun durfte sie ihr Eigen sein, nun konnte sie ihr Elend bedauern und darüber weinen.

      An diesem Tage, während die Wetter wütheten, war es mit ihrem Vater aus geworden. Vor dem Feuerschein eines Blitzes hatten die Wimpern seines Auges noch gezuckt, dann waren sie starr geblieben.

      Nun ging Sela heim, um an der todten Gestalt zu wachen. Als sie an der Berghalde über einen Holzzaun stieg, sah sie die schwarze Gestalt nicht, die neben dem Zaune stand und die jetzt, da sie vorüber war, sich zu bewegen begann und ihr nachging. Sela eilte hastig und immer hastiger abwärts, als hätte sie es geahnt, daß sie verfolgt werde. Aber plötzlich stand sie vor der brausenden Trach und konnte nicht weiter. Das Wildwasser hatte den Steg fortgerissen und die Wellen schlugen zornig über das Ufer hinaus.

      Gegen das hin ist das Thal offen, geht der Himmel in seiner blaßgrauen Scharte nieder zwischen den schroffen Bergen. In dieser Scharte stand der Mond.

      Sela stand still und überlegte, was hier zu beginnen sei. Da nahte ihr die schwarze Gestalt vom Zaune und sagte den Namen: »Sela!«

      Sie erschrak nicht, sie kannte die Stimme wohl, konnte es aber doch kaum glauben, daß er nahe sei.

      »Sela,« sagte er, »fürchte Dich nicht vor mir, ich bin Erlefried.«

      »Wie kann es sein, daß Du da bist?« war ihre Frage.

      »Das ist kein Wunder, ich bin hierher gegangen. Nimm nur meine Hand, ich will Dir’s gleich erzählen, aber wir müssen ein wenig in den Wald zurückgehen, hier schreit das Wasser so sehr.«

      Er führte sie vom Bache hintan und sagte: »Das heutige Gewitter ist so mächtig gewesen, daß mir die Angst gekommen ist, es könnte Eurer Hütte was zustoßen. So bin ich in den Dürrbachgraben herabgestiegen und da sehe ich Dich des Wegs mit einem Laternenlicht gehen. Es wird schon dunkel und ich folge Dir. Zu Trawies kann sich keine Maid auf ihren eigenen Schutzengel verlassen. Ich habe gemeint, Dein kranker Vater hätte Dich zur Kofelarztin geschickt, aber Du bist auf den Johannesberg gestiegen und da habe ich Dich erwartet.«

      »Erlefried,« antwortete das Mädchen, »daß Du so zu mir bist – ich dank’ Dir’s allerwege, nur muß ich’s sagen, meine Angst ist jetzt zweifach. Du weißt doch, die Leute dürfen Dich nicht sehen.«

      »Deswegen gehe

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