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Ich will Ihnen was sagen: Talent haben viele.

      Zinnkraut: Nanu!

      Feuerstein: Oder vielleicht viele. Was weiß ich davon? Was wissen Sie davon? Man muß es erst entdecken, was in einem Menschen ist.

      Zinnkraut mit vornehmer Ruhe: Ich habe es entdeckt.

      Feuerstein: Was haben Sie?

      Zinnkraut: Das Talent in unserm Eugen Ludwig habe ich entdeckt.

      Meyer vorwurfsvoll: Zinnkraut!

      Feuerstein: Ich muß lachen.

      Zinnkraut: Lachen Sie, bitte! Aber ich habe Beweise. Als noch niemand von ihm gesprochen hat, habe ich ihm zweihundert Mark Vorschuß gegeben.

      Meyer: Sie sollten das nicht immer erzählen!

      Zinnkraut: Wer erzählt es sonst?

       Ein Dienstmann tritt ein mit einem großen Lorbeerkranz.

      Zweite Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Dienstmann: Is et hier beim deutschen Dichter Hobbe?

      Meyer: Geben Sie her!

      Dienstmann liest die Briefadresse: Euschän Ludwich Hobbe?

      Meyer: Ja – ‘n bißchen fix! Nimmt den Kranz und Brief und gibt sie Betty.

      Dritte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Meyer zu Betty, die den Kranz ans Klavier lehnt: Nich ans Klavier! An die Wand, Betty! – … Was steht auf der Schleife?

      Betty bückt sich und liest: Dem Licht… Dem Lichtbringer: Por… Pormetheis!

      Meyer korrigierend: Prometheus… Na, is gut… Wendet sich wieder an Zinnkraut. Sie sollten das nicht immer erzählen!

      Zinnkraut: Wieso?

      Meyer: Fragen Sie noch!

      Zinnkraut: Ich kann Ihnen das Datum sagen. Es war vor sechzehn Jahren, Ende Mai. Zweihundert bare Mark!

      Meyer: Es ist nicht nobel, immer davon zu reden.

      Feuerstein: Und was hat es für einen Zweck?

      Zinnkraut: Es zeigt, daß ich der Erste war, der das Vertrauen hatte.

      Feuerstein: Wenn Sie Vertrauen hatten, war es keine Kunst, das Geld zu geben.

      Meyer: Wir wollen das Thema fallen lassen. Es ist unerquicklich. Zu Zinnkraut: Jedenfalls können Sie nicht leugnen, daß ich zu seiner Kunst gestanden habe und stehe. Unerschütterlich.

      Zinnkraut: Wer hat es geleugnet?

      Meyer: Ich habe mich nicht beugen lassen; zwei Durchfälle sind an mir abgeprallt.

      Feuerstein: Niemand, der gerecht urteilt, wird es Ihnen vergessen.

      Meyer: Man wollte flau machen, man wollte zweifeln, aber ich sagte mir, Eugen Ludwig, das ist die Kunst auf der hohen Linie.

      Zinnkraut: Das nämliche, wie ich.

      Meyer: Vielleicht tat ich doch mehr!

      Zinnkraut: Aber nach mir.

      Meyer ohne auf den Einwurf zu achten: Sie gaben ihm Geld; schön! Ich gab ihm mein Theater, ich gab ihm meine Existenz.

      Feuerstein: Und darum ist heute Ihr Ehrentag.

      Meyer abwehrend: Nicht so!

      Feuerstein: Auch Ihr Ehrentag, wollte ich sagen.

      Meyer: Vielleicht der Ehrentag meines Wollens, meines Strebens… auf und ab gehend … Der Siegestag meiner Ideale! Das ist das Wort!

      Feuerstein: Sie können nicht widersprechen, Zinnkraut!

      Zinnkraut: Wieso?

      Meyer ist auf und ab gegangen und bleibt nun stehen. Er wird rhetorisch: Herrschaften, ich sagte mir folgendes. Wo steckt mein Ziel? Steckt es hoch oder nicht? Gut, wenn es hoch steckt, dann führt ein steiler Weg nach oben. Darüber hat man sich klar zu sein.

      Feuerstein: Sie waren sich klar.

      Meyer steckt die rechte Hand in die Rocköffnung; theatralisch: Ich war es. Mein Ziel war die hohe Kunst, mein Weg war steil, mein Führer war Eugen Ludwig.

      Feuerstein korrigierend: Ihr Begleiter.

      Meyer: Sie sollen recht haben, – mein Begleiter. Sich gegen die Tür links wendend, durch die der Klavierspieler eingetreten ist. Was wollen Sie?

      Vierte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Klavierspieler hat Notenbücher unterm Arm: Ich bin hierher bestellt, – ich bin der Klavierspieler…

      Meyer: Haben Sie die Musikstücke, die ich wollte?

      Klavierspieler: Ja, wie Herr Direktor bestimmt haben…

      Meyer: Schon gut! Setzen Sie sich an den Flügel. Ich werde Ihnen das weitere mitteilen. Der Klavierspieler geht vorsichtig um Tische und Stühle herum zum Klavier und setzt sich.

      Meyer geht wieder auf und ab, in verhaltener Bewegung und mit Größe: Ich habe meinen Beruf stets ernst aufgefaßt. Ich habe ihn groß aufgefaßt, wenn ich es doch schon selbst sagen muß. Ich habe meine Sendung als Leiter einer moralischen Anstalt erkannt. Er bleibt stehen und faßt Zinnkraut streng ins Auge. Das kann man nicht leugnen, mag man auch sonst denken, was man will! Er blickt Zinnkraut durchbohrend an, indes er wiederholt … was man will!

      Zinnkraut bescheiden: Ich denke doch gar nicht!

      Meyer bitter: Sie denken gewiß – aber habe ich vielleicht Zugeständnisse gemacht?

      Feuerstein: Nein! Niemals!

      Meyer: Ich habe die hohe Kunst auf meine Fahne geschrieben, obwohl ich ihre Gefahren kannte. Herrschaften, ich sagte mir so: Erziehe ich das Publikum dazu, mir zu folgen, dann ist das Ideal erreicht. Wenn nicht, dann falle ich mit ihm…

      Feuerstein: Sie sind nicht gefallen.

      Meyer: Nein! Wir haben Schlachten geschlagen, wir haben Wunden davongetragen, aber der Sieg ist uns treu geblieben.

      Zinnkraut: Nu – treu!

      Meyer: Wie?

      Zinnkraut: Ich meine, der Sieg hat auch geschwankt.

      Meyer: Aber ich habe nicht geschwankt. Ich stand fest. Zwei Durchfälle sind an mir abgeprallt.

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