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Ausgewählte historische Romane. Levin Schucking
Читать онлайн.Название Ausgewählte historische Romane
Год выпуска 0
isbn 9788027225880
Автор произведения Levin Schucking
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ich verstehe Sie vollkommen; aber erlauben Sie mir die gehorsamste Bemerkung, daß Sie mich da zu etwas machen, das einem Spion ganz abscheulich ähnlich sieht.«
Katharina errötete: »Sie haben nicht ganz unrecht, mir den Vorwurf zu machen. Aber bei Gott, ich weiß mir anders nicht zu helfen und ich habe ein Ziel im Auge, das gewiß ein gutes ist und von dem mein Lebensglück abhängt. Also wählen Sie, Herr von Driesch; entweder das Florett des Mars oder den Blumenpfeil Amors.«
Herr von Driesch erklärte sich entschieden für den Blumenpfeil Amors.
»So gehen Sie, zuerst Fräulein Josina Abbitte für Ihr gestriges Betragen zu leisten; damit ist die Bekanntschaft eingefädelt; ich schreibe unterdes einige Zeilen an Herrn von Schemmey.«
»Aber zuvor muß ich noch um einige nähere Instruktionen bitten, worauf ich eigentlich meine Fragen bei Fräulein Josina richten soll.«
»Fragen? Um Gottes willen, so weit sind wir noch nicht; verderben Sie nur nicht alles damit; die größte Behutsamkeit ist nötig, und erst nach Wochen des emsigsten Ritterdienstes, der unermüdlichsten Galanterie dürfen Sie es in zärtlicheren Tete-a-tetes zu ernsthafteren Unterhaltungen kommen lassen.«
»Gnädiges Fräulein,« sagte Herr von Driesch mit einem komischen Ausdruck unangenehmer Ueberraschung, »ich will doch lieber noch heute abreisen.«
»Nein, nein, das dürfen Sie nicht, und was hülfe es Ihnen? Herr von Schemmey würde Sie auch auf Ihren Gütern zu finden wissen; ich selbst würde ihn auf das bestimmteste dazu auffordern, damit dem verehrtesten meiner Freunde nicht nachgesagt werden könnte, er sei feig vor einem Duell durchgegangen.«
»Alle Achtung vor Ihrer Freundschaft,« fiel Herr von Driesch ängstlich ein, »aber –«
»Sie sind gefangen, ergeben Sie sich. Ich will Ihnen jetzt sagen, welches die Gegenstände sind, die ich zu erfahren wünsche. Zuerst, wo Herr von Schemmy war, in den letzten Tagen, bevor er nach Diependahl kam; dann, weshalb er so rasch ein Verlöbnis mit Josinen eingegangen ist, die er nicht liebt; ferner, ob er nicht auch ohne eine Heirat mit ihr die Ansprüche, welche sein Name auf die Güter des Herrn von Katterbach ihm gibt, durchsetzen könnte, und endlich womit er diese Ansprüche beweist. Näheres besprechen wir später. Nur das zwingt mich, meine Achtung und meine Teilnahme für Sie, Herr von Driesch, Ihnen noch anzudeuten, daß ich durchaus nicht im Sinne habe, Sie bloß zu meinem Werkzeuge zu gebrauchen; sondern daß ein gewisser Plan, zu dem Sie mitwirken sollen, wenn er gelingt, Ihnen eine eklatante Genugtuung, Ihrem Feinde, dem Freiherrn von Katterbach gegenüber, verheißt. Verlassen Sie sich darauf, aber fragen Sie nicht weiter.«
Diese Andeutung gab Herrn von Driesch einen Sporn, der ihn rasch erheben ließ, um mit dem größten Interesse seine Mitwirkung an einem so willkommenen Plane einzuleiten. Nur hätte er erst gern etwas Näheres erfahren. Aber das Fräulein lehnte seine Fragen mit großer Entschiedenheit ab.
»Nur noch eins,« sagte sie, als er sich empfehlen wollte; »Sie haben mich vor längerer Zeit bei der Gräfin S., als die Rede von seltsamen Ereignissen und unerklärlichen Erscheinungen war, mit Ihrem Vertrauen in einem derartigen Falle beehrt. Sie erzählten von einer Gestalt, die vor Ihren Augen, aus dem Kamine schlüpfend, ein verborgenes Schubfach in Ihrem Saale geöffnet habe und dann verschwunden sei. Ist Ihnen in der Residenz niemand begegnet, niemand aufgefallen, dessen Aeußeres Sie an jene Erscheinung erinnert hätte?«
»Nein, niemand.«
»So bitte ich Sie, acht darauf zu haben, ob sich Ihnen diese Erinnerung nirgends aufdrängen wird; ob auch nicht bei den Domestiken des einen oder andern Ihrer Bekannten. Seien Sie scharfsichtig!«
Herr von Diersch versprach es, obwohl er den Grund nicht einsehen konnte, und beurlaubte sich dann mit dem Versprechen, am andern Tage wieder aufzuwarten, um das Urteil der Dame über seine Poesien zu vernehmen, ein Gegenstand, den der Verfasser derselben über der späteren wichtigen Verhandlung durchaus nicht aus den Augen verloren hatte und der ihm den Vertrag um so willkommener machte, kraft dessen er der übereilten Flucht aus der Residenz überhoben war.
Er war kaum gegangen, als dem Fräulein von Plassenstein eine unbekannte Person gemeldet wurde, die sie dringendst zu sprechen verlange. Bevor wir dieselbe jedoch bei ihr einführen können, muß unsre Erzählung einige Ereignisse nachholen, die sich schon vor mehreren Monaten, noch im Spätherbst des verflossenen Jahres, während wir schon den Frühling ins Land ziehen sahen, in dem stillen Dörfchen Kraneck begeben hatten.
Fünftes Kapitel
Es war in einer klaren und für die späte Jahreszeit ganz erträglich milden Nacht. Bernhard stand am Feuer und ließ sich von seiner Mutter den warmen Oberrock über der Brust zusammenknöpfen. Draußen wurde an die Fenster geklopft.
»Fertig, Herr Doktor, fertig?« rief es; es war die Stimme des Vikarius.
»Auf der Stelle!« – Bernhard warf eine Jagdtasche um und nahm ein Gewehr aus der Ecke, das mit einem Lauf von sehr großer Länge versehen war. Dann gab er mit einem: »Gute Nacht, Mutter! bleib meinetwegen nicht wieder auf« Margret die Hand und schritt hinaus. Draußen stand Herr Gerhards, ebenfalls bewaffnet, und auf der Straße vor dem Gärtchen Herr von Kraneck mit einem Jäger, der seine Flinte trug und zwei Hunde am Seile hielt.
Herr von Kraneck hatte Bernhard eingeladen, an einer nächtlichen Jagd auf Enten teilzunehmen. Etwa eine Viertelstunde von dem Dorfe entfernt, in der Mitte des Gebirgstales lag ein kleiner See, auf dem sich die wilden Enten jetzt in großen Scharen versammelten, um vereint von da ihren Flug in wärmere Zonen anzutreten. Durch Gebüsche und über feuchte Wiesenpfade kam man an den Rand der Wasserfläche, die ruhig ihren Silberspiegel dem Mondlichte hinstreckte, das so hell darauf stand wie ein Tageslicht, das man im Traume zu sehen glaubt. Dicht am Ufer waren mehrere Mooshütten aufgebaut; vor jeder kreischte eine zahme Ente ihre langgezogenen, melancholischen Töne in die Nacht; sie waren an Farbe ganz den wilden gleich und schwammen immer im Kreise umher, mit dem Beine an einem Pflock unter dem Wasser festgebunden. Jeder der Jäger nahm nun Besitz von einer der Hütten, die vorn nach dem See hin eine kleine runde Oeffnung hatten, wodurch man die Wasserfläche beobachten und das lange weittragende Rohr stecken konnte, bis eine Schar des Wildes von dem Rufe der Lockenten angezogen sich nahe genug niederlasse, um getroffen werden zu können.
Bernhard mochte eine Viertelstunde in seiner Hütte gesessen haben; die gefangenen Vögel klagten in einem fort; auf dem See hörte man die Schwärme ihrer wilden Schwestern aufstäuben, sah sie wie verschwimmende schwarze Flecken in der Luft kreisen und dann niederplätschern, aber immer noch zu fern. Da öffnete sich hinter dem Spähenden das schmale Weidengeflecht, das als Tür der Hütte diente, und das Mondlicht fiel plötzlich hell und voll auf die fahle Erdwand neben ihm, um ebenso schnell wieder zu verschwinden. Es war jemand eingetreten und stand hart an ihm; eine feste Hand legte sich auf seine Schulter.
»Sie Sie's, Herr Gerhards?«
»Nein, seid still«, flüsterte es; »es ist jemand anders; ich heiße Wendels.«
Bernhard sah eine Reihe runder Silberknöpfe auf einer Jacke glänzen; sie war der Fensteröffnung der Hütte nahe gekommen.
»Wendels? Ihr seid ein Scherenschleifer?«