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auch! Das Smukke Indre gehört meinem Stiefvater. Der ist völlig verrückt nach den Sachen. Ich glaube, deshalb hat er den Laden gegründet. Manchmal treibt er meine Ma ein wenig in den Wahnsinn, wenn er mal wieder zu viel zu Hause anschleppt.“ Die Verkäuferin, auf deren Namensschild nur Leo steht, zwinkert mir zu.

      „Wie ungewöhnlich! Mein Vater lästert immer über meine Mutter, wenn sie neuen ‚Dekoscheiß‘, wie er es nennt, kauft.“ In Gedanken verbessere ich mich. Er hat gelästert! Die Zeiten sind leider vorbei, auch wenn ich mich selbst nach fast zwei Jahren noch nicht daran gewöhnen kann, dass er nie wieder so sein wird, wie er einmal war. Schnell schiebe ich diese trüben Gedanken beiseite und widme mich wieder der Suche nach einem Geschenk für meine Mutter. Beinahe eine Stunde verbringe ich im Smukke Indre und kann mich nicht entscheiden. Am liebsten würde ich einfach alles kaufen und meine Wohnung mit den hier angebotenen Sachen komplett neu dekorieren. Doch dafür fehlt mir das nötige Kleingeld. Nein, anders! Das nötige Kleingeld hätte ich sogar. Ich verdiene als Assistentin in der Bank nicht schlecht, aber ich brauche das Geld für andere Dinge. Für Kleidung teurer Marken, für meine Maniküre, für High Heels, Kosmetika und Schmuck. Schließlich kann ich zu gesellschaftlichen Events nicht wie ein Aschenputtel auftauchen. Wenn ich nicht wie aus dem Ei gepellt bin, wird nie einer der Millionäre über mich stolpern. Also, stolpern vielleicht schon, aber bestimmt nicht im positiven Sinne.

      Am Ende entscheide ich mich doch für das Teeservice und lasse alles andere schweren Herzens stehen. Ich bin mir sicher, meiner Mutter wird das Service gefallen, sie ist ebenso wie ich eine leidenschaftliche Teetrinkerin. Liebevoll verpackt und mit einer aufwendigen Schleife verziert, packt Leo das Geschenk in eine Papiertüte mit dem Schriftzug des Smukke Indre.

      „Soll ich Sie vielleicht anrufen, wenn die Kerzenständer wieder reinkommen?“, fragt Leo, als sie mir die Tüte über den Tresen gibt. „Die passen wirklich toll dazu!“

      Die Art, wie sie fragt, und ihr freundliches Lächeln wirken auf mich nicht, als wollte sie mir unbedingt noch mehr verkaufen, sondern eher, als würde sie selbst dieses Set so mögen, dass es nur inklusive dieser Kerzenständer komplett wäre.

      „Ja, gern! Wie ich meinen Bruder kenne, hat er noch nichts für meine Mutter. Sie soll das Teeservice zum Geburtstag bekommen. Kommen die Kerzenständer denn die Tage wieder rein?“ Am Wochenende ist bereits der Geburtstag.

      „Ich denke spätestens Mittwoch, vielleicht aber auch schon Dienstag. Ich kann Sie ja anrufen, wenn sie da sind, und dann können Sie immer noch entscheiden, ob Sie die Kerzenständer haben möchten.“

      Als ich den Laden verlasse und auf die Uhr schaue, erschrecke ich. Jetzt aber schnell! Ansonsten wird es eng mit dem Haarehochstecken beim Friseur.

      Leise klassische Musik empfängt mich, als ich die Galerie betrete und im Garderobenbereich meinen Mantel abgebe.

      Kellner im schwarzen Smoking tragen Tabletts mit Champagner zwischen den bereits anwesenden Gästen herum. Im Vorbeigehen nehme ich mir ein Glas und nippe daran, während ich mich ein wenig umschaue. Ich erkenne Hamburgs Bürgermeister mit seiner Frau, einen Reeder, den ich schon auf einer anderen Feier kennengelernt habe, einen renommierten Rechtsanwalt und noch ein paar andere wichtige und reiche Leute dieser Stadt. Irgendwie sind es doch immer die gleichen, die man auf solchen Events trifft. Ein paar neue Gesichter findet man zwar, aber auch reichlich bekannte. Langsam gehe ich durch die Menge und halte Ausschau nach dem Mann, für den dieser Abend hier der große Durchbruch in Deutschland sein soll. Mark Garmont. Leider entdecke ich ihn nirgendwo, daher widme ich mich erst einmal seinen Gemälden.

      Einen Moment lang bleibe ich vor einer der Leinwände stehen und betrachte die Farben, die sich in Wirbeln ineinander vermischen und verschlingen. Je länger ich dieses Bild anschaue, desto mehr Details fallen mir auf. Ja, er macht seinem Namen wirklich alle Ehre. Auch wenn ich es normalerweise nicht so sehr mit Malerei habe, dieses Gemälde würde ich mir in die Wohnung hängen. Geistesabwesend nehme ich noch einen Schluck von meinem Champagner, als mich jemand von der Seite anspricht.

      „Gefällt es Ihnen?“

      Ich schaue mich um, wer mich gerade angesprochen hat, und für einen kleinen Moment setzt mein Herz aus, als ich ihn erkenne.

      „Mr. Garmont!“ Meine Stimme ist kaum mehr als ein Hauchen vor lauter Überraschung, dass mich ausgerechnet der Künstler selbst nach meiner Meinung gefragt hat. Natürlich habe ich gehofft, ihn hier kennenzulernen, diesen Mann, der so gut auf die Titelseiten der größten Zeitschriften als Model gepasst hätte. Den Mann, der mir letzte Nacht – wahrscheinlich auch dank Cookies Worten – einen nicht ganz jugendfreien Traum beschert hat. Doch jetzt, wo er mich angesprochen hat, wo er direkt vor mir steht, bin ich plötzlich aufgeregt wie ein kleines Mädchen. Die Bilder im Internet haben nicht gelogen – in Gegenteil! In natura sieht er noch viel besser aus als auf all diesen Fotos. Mein Puls schnellt in die Höhe, und nervös schlucke ich, bevor ich eine Antwort gebe.

      „Ja, es gefällt mir sehr!“ Okay, jetzt kommt die Stelle, wo ich etwas Wichtiges sagen muss, etwas, was den Anschein macht, ich hätte Ahnung von Malerei. Etwas, was nicht zu erkennen gibt, wie sexy ich den Mann vor mir finde.

      „Ich mag diese Tiefe, die die Wirbel verursachen. Es fühlt sich an, als würde man in das Bild hineingesogen. Unwahrscheinlich ausdrucksstark und sehr gefühlvoll!“ Innerlich bete ich, dass es das war, was er hören wollte. Schweigend lächelt Mr. Garmont mich an, dann nickt er langsam.

      „Okay. Ich hatte jetzt keine fachliche Meinung erwartet, sondern wollte einfach nur wissen, ob es Ihrem ganz persönlichen Geschmack entspricht. Aber es freut mich sehr, dass Sie so viel in diesem Bild erkennen. Ich bin übrigens Mark Garmont, aber das haben Sie sicher bereits erkannt.“ Ein charmantes Lächeln zieht sich über seine Lippen und in seiner rechten Wange bildet sich ein kleines Grübchen. Eine blonde Haarsträhne hat sich gelöst und fällt ihm in die Stirn. In diesem Moment sieht er aus wie ein Lausbub, der es faustdick hinter den Ohren hat. Sein Deutsch ist beinahe akzentfrei, obwohl er erst seit Kurzem hier lebt, daher gehe ich davon aus, dass er es schon vor längerer Zeit gelernt hat.

      „Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen. Ich bin Lillian Floris.“ Höflich strecke ich ihm die Hand entgegen, die er auch sofort ergreift.

      „Was für ein schöner Name für eine so schöne Frau. Sehr passend!“ Er führt meine Hand zu seinem Mund und deutet einen Handkuss an. „Mögen Sie noch ein Glas Champagner?“ Er deutet auf das Glas in meiner Hand, das mittlerweile beinahe leer ist. Ohne auf meine Antwort zu warten, nimmt er es mir ab und tauscht es bei einem vorbeikommenden Kellner gegen ein volles.

      „Na dann … drücken Sie mir die Daumen für eine erfolgreiche Ausstellung“, sagt er, als er selbst auch ein Glas Champagner in der Hand hält, und stößt damit leicht an meins. „Und auf einen erfolgreichen Abend“, murmelt er noch leise, bevor er einen Schluck nimmt. Der Blick, den er mir über den Rand des Glases zuwirft, zeigt mir sehr deutlich, dass er mit seinem letzten Satz nicht die Vernissage gemeint hat, und in meinem Bauch kribbelt es sehnsüchtig. O ja … Auf den Erfolg! Auf meinen Erfolg, vielleicht tatsächlich bei ihm zu landen und zumindest die monatelange Dürre in meinem Bett zu beenden. Er wäre auf jeden Fall genau der richtige Kandidat für mich. Schön, reich, erfolgreich … Er hat alles, was ich will!

      „Ich muss leider noch mal eine Runde drehen. Schauen Sie sich in Ruhe alles an und dann sehen wir uns hoffentlich später wieder, Lillian.“ Im Weggehen zwinkert Mark mir noch einmal zu und streicht mit seiner Hand wie zufällig über meinen nackten Arm. Eine Gänsehaut zieht sich von der Stelle aus über meinen kompletten Körper und das sehnsüchtige Kribbeln in meinem Bauch verstärkt sich. O ja, mir steht eine heiße Nacht bevor! Wenn nicht mit ihm, dann zumindest mit meiner Fantasie von ihm.

      Den Abend über sehe ich Mark Garmont nur noch von Weitem. Er ist ständig in irgendwelche Gespräche mit Mäzenen und anderen wichtigen Leuten verstrickt, doch jedes Mal, wenn ich vorbeigehe, spüre ich seine Blicke auf mir. Ich weiß, er lässt mich nicht aus den Augen, und das fühlt sich wahnsinnig gut an. Diese Blicke sagen ganz genau, was er will, und mit jedem Lächeln, das ich ihm im Vorbeigehen schenke, zeige ich ihm, dass es das ist, was auch ich heute Nacht noch möchte. Wir heizen uns allein mit diesen Blickwechseln

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