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Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740927233
Автор произведения Marie-Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Staffel
Издательство Bookwire
»Unsinn«, entgegnete sie. »Auf seinen Ruf als Arzt kommt es mir an, nicht auf sein Alter. Weiter.«
»Er ist Witwer, war verheiratet mit Christine Daniel, geborene Steiner.«
Linda runzelte die Stirn. »Steiner? Weißt du mehr über sie?«
Überrascht sah Oskar sie an. »Ich dachte, du interessierst dich für ihn und nicht für seine verstorbene Frau.« Er blätterte in der eigens über Dr. Daniel angelegten Akte. »Aber natürlich habe ich auch Informationen über seine verstorbene Frau eingeholt. Sie war die einzige Tochter des Großunternehmers Albert Steiner. Außer ihr hatte er nur noch einen Sohn, der die Firma erbte. Christine bekam die Villa in Steinhausen. Im Alter von vierundvierzig Jahren starb sie an Leukämie.«
Ein siegessicheres Lächeln breitete sich auf Lindas betörend schönen Zügen aus.
»Wie der Zufall so spielt«, erklärte sie. »Sie ist es tatsächlich.«
Verständnislos sah Oskar sie an. »Heißt das vielleicht, du kanntest seine Frau?«
»Nein«, entgegnete Linda knapp. »Das ist eine Geschichte, die dich nichts angeht. Und jetzt erzähl weiter. Was gibt es über Dr. Daniel sonst noch Wissenswertes?«
Oskar zögerte. Der Ton, in dem Linda gelegentlich mit ihm sprach, gefiel ihm ganz und gar nicht. Allerdings zog er es wie immer vor zu schweigen. Schließlich verschaffte Linda ihm doch gelegentlich gutbezahlte Aufträge, und die hatte er manchmal auch bitter nötig – auch wenn er es sich nicht anmerken ließ.
»Er hat zwei Kinder – Stefan und Karina«, fuhr Oskar schließlich fort. »Stefan ist sechsundzwanzig, hat Medizin studiert und arbeitet als Assistenzarzt an der Waldsee-Klinik in Steinhausen. Er war kurzzeitig mit einer Assistenzärztin verlobt. Rabea Gessner. Doch die Beziehung ging auseinander. Karina ist dreiundzwanzig und mit dem Schweizer Pianisten Jean Jacques verlobt. Sein bürgerlicher Name ist Jean Veltli. Er hat zwei Brüder und eine Schwester, seine Eltern besitzen ein Erholungsheim im Wallis.« Er blätterte wieder in seiner Akte, dann setzte er hinzu: »Nach dem Tod seiner Frau hat Dr. Daniel fünf Jahre in München praktiziert – in der Praxis eines Studienkollegen. Seit seiner Rückkehr nach Steinhausen führt ihm seine ältere Schwester Irene Hansen den Haushalt. Sie wurde ebenfalls schon sehr früh Witwe. Keine Kinder.« Jetzt sah Oskar auf. »Interessiert dich sonst noch etwas?«
»Gibt es in seinem Leben eine Frau?«
Oskar schüttelte den Kopf. »Bis jetzt noch nicht. Es besteht da zwar eine ziemlich feste Freundschaft mit der Allgemeinmedizinerin am Ort. Dr. Manon Carisi, ebenfalls Witwe. Allerdings gibt es zwischen ihnen mit Sicherheit keine intime Beziehung.« Etwas wie Stolz blitzte in seinen Augen auf. »Das wüßte ich sonst nämlich.«
Linda wippte mit ihrem Fuß auf und nieder – ein Zeichen, daß sie scharf nachdachte, dann stand sie abrupt auf.
»Ich werde nach Steinhausen fahren«, erklärte sie.
»Bist du da nicht ein bißchen voreilig?« wandte Oskar ein.
Linda zuckte die Schultern. »Ich will meine Klinik wieder in Schwung bringen – und das lieber heute als morgen. Und dieser Dr. Daniel ist der Schlüssel dazu.« Sie zeigte ein überlegenes Lächeln. »Verlaß dich darauf, daß ich mir diesen Schlüssel holen werde.«
*
Linda war nach Oskars Besuch noch keine fünf Minuten allein, als sie auch schon zum Wohnzimmerschrank ging und die unterste Schublade öffnete. Hier lagen fein säuberlich gestapelt die Fotoalben ihrer Mutter. Linda hatte dafür nie viel Interesse gehabt und sie nur aufbewahrt, weil das Herz ihrer Mutter zeitlebens daran gehangen hatte. Jetzt zahlte sich dieser Hauch von Sentimentalität, der sie nach dem Tod ihrer Mutter überfallen hatte, doch noch für sie aus.
Neugierig blätterte Linda ein Album nach dem anderen durch, aber erst im vorletzten fand sie das, was sie suchte. Das Bild zeigte zwei junge Frauen, von denen eine ein Baby im Arm hielt.
Meine Schwester Hedwig mit ihrer Tochter Christine (6 Monate), hatte Lindas Mutter darunter notiert.
Interessiert betrachtete Linda das Baby. Das also war ihre Kusine Christine, die später Dr. Daniel geheiratet haben mußte. Dann blätterte Linda weiter in der Hoffnung, noch ein Foto zu finden, das Christine als Mädchen oder vielleicht sogar als junge Frau zeigte, allerdings war diese Möglichkeit nur sehr gering. Solange sich Linda erinnern konnte, waren ihre Mutter und deren Schwester Hedwig immer zerstritten gewesen – über den Grund für diesen massiven Streit hatte sich Lindas Mutter zeitlebens ausgeschwiegen. Die Schwester mußten sich allerdings schon vor Lindas Geburt entzweit haben, und eine Versöhnung hatte auch niemals stattgefunden.
Trotzdem war Linda das Glück hold. Anscheinend hatte Hedwig ihrer Schwester ungeachtet des bestehenden Streits ein Hochzeitsfoto ihrer Tochter zukommen lassen – vielleicht auch nur, um damit anzugeben. Linda hätte sich am liebsten die Hände gerieben, als sie die hübsche blonde Braut an der Seite ihres stattlichen Mannes erblickte.
Christine und Robert Daniel, hatte ihre Mutter nur darunter notiert.
Angestrengt betrachtete Linda das Foto und fragte sich dabei, ob sich zwischen ihr und Christine wohl eine gewisse Ähnlichkeit würde herstellen lassen. Sicher, die Frisur, die Christine auf ihrem Hochzeitsbild trug, war nicht mehr modern, aber zumidest die Haarfarbe würde ihr Friseur problemlos hinkriegen.
Vorsichtig löste Linda das Foto aus dem Album, dann trat sie damit vor den großen Spiegel im Flur. Lindas schmales, feingemeißeltes Gesicht wies durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ihrer Kusine auf. Ihr Mund hatte vielleicht eine etwas strengere Note, als der von Christine es gehabt hatte, doch das ließ sich mit dem passenden Lippenstift ein wenig korrigieren.
»Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht schaffen würde«, murmelte sich Linda selbst zu.
Ein paar Tage später, nach ausgedehnten Besuchen bei ihrem Friseur und ihrer Kosmetikerin, konnte eine vage Ähnlichkeit zwischen Linda und ihrer verstorbenen Kusine nicht mehr geleugnet werden. Siegessicher lächelte Linda ihrem Spiegelbild zu. Sie war sehr zufrieden mit sich.
*
Dr. Robert Daniel sah immer wieder verstohlen auf seine Armbanduhr. Normalerweise machte ihm seine Arbeit als Gynäkologe in dem idyllischen Steinhausen großen Spaß, doch heute konnte er das Ende der Sprechstunde kaum noch erwarten. Dazu war die Vorfreude auf sein geplantes Skiwochenende einfach zu groß. Allerdings schien die Patientenflut ausgerechnet heute überhaupt kein Ende nehmen zu wollen. Immer wieder legte die junge Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau eine Karteikarte auf seinen Schreibtisch. Inzwischen war es schon gleich fünf Uhr geworden, und vor einer Stunde wäre seine reguläre Sprechzeit eigentlich bereits zu Ende gewesen.
»Fräulein Sarina, gönnen Sie mir denn mein Skiwochenende gar nicht?« fragte Dr. Daniel in teils gespielter, teils echter Verzweiflung, als er mit seiner Sprechstundenhilfe einen Augenblick allein war.
Sarina lächelte. »Ich schon, Herr Doktor, aber Ihre Patientinnen sind anscheinend anderer Meinung. Allerdings habe ich gute Nachrichten. Frau Sanders ist definitiv die letzte Patientin für heute.«
Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Frau Sanders? Gerhild Sanders? Seltsam, es ist doch noch gar nicht so lange her, daß sie hier war.«
Sarina warf einen Blick auf die Karteikarte, die sie noch in der Hand hielt.
»Gut drei Monate«, antwortete sie. »Es waren die normalen Vorsorgeuntersuchungen, und dabei hat sich kein krankhafter Befund ergeben.«
Sie gab Dr. Daniel die Karteikarte, und auch er überprüfte noch einmal seine Eintragungen, dann sah er Sarina an. »Schicken Sie sie bitte herein.«
Gerhild Sanders war eine temperamentvolle Mittvierzigerin, die sehr sportlich war und sich damit trotz zweier Geburten ihre zierliche Figur erhalten hatte. Ihre Töchter waren mittlerweile sechzehn und neunzehn Jahre alt und gehörten ebenfalls zu Dr. Daniels