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      »Da wird deine Puppe aber recht traurig sein, wenn sie die schöne Wagendecke hergeben muß.«

      »Sie darf nicht traurig sein! Ach, Minna, ich freue mich, daß ich dem Vati ein Rückenkissen machen kann. Wenn er dann mal wieder einen krummen Buckel hat, lege ich ihm mein Kissen auf den Stuhl, dann freut er sich.«

      Minna achtete nicht mehr auf das Geplauder von Hedi, die noch einmal den schönen Brokatstoff betrachtete. Das gab ein herrliches Kissen ab. Man brauchte den Stoff nur ringsherum zusammenzunähen und irgend etwas hineinzustopfen, damit das Kissen dick wurde. Was würden Vati und Mutti für Augen machen, wenn sie am Geburtstag mit dem Kissen erschien! In aller Heimlichkeit mußte es geschehen.

      Als Pucki wieder neben dem Vater im Eßzimmer saß, hatte ihr Gesicht einen listigen Ausdruck.

      »Na, na«, meinte der Vater, »was denkst du dir denn wieder aus, Pucki?«

      Das Kind drückte beide Hände fest auf den Mund und schüttelte den Blondkopf.

      »Ist es wieder ein Geheimnis, Pucki?«

      »Wenn einer bald Geburtstag hat, Vati, darf man nichts sagen.«

      »Nun gut, so will ich nicht weiter fragen.«

      »Aber freuen wirst du dich! Es glitzert und hat bunte Blumen. – Mehr sage ich dir aber nicht!«

      Seit dieser Stunde dachte Pucki beständig an das Geburtstagsgeschenk für den Vati. Sie wußte zwar nicht recht, wie sie das Rückenkissen fertigstellen sollte. Am anderen Morgen packte sie den Stoff in die Schulmappe, denn vielleicht konnte ihr Thusnelda, ihre Mitschülerin, einen guten Rat geben. Thusnelda wurde von Pucki in allen Dingen um Rat gefragt. Obwohl Thusnelda immer recht ärmlich gekleidet war und keinen Vater hatte, der für sie sorgen konnte, hatte Pucki gerade diese Klassenkameradin in ihr Herz geschlossen. Am ersten Schultage wanderte Puckis Schultüte in Thusneldas Hände, und sie trug auch Puckis Schuhe. Manches Kleidchen, das Pucki zu eng geworden war, hatte Thusnelda beglückt in Empfang genommen.

      Vor Beginn des Unterrichtes bereitete Pucki den Brokatstoff, der natürlich von allen bestaunt wurde, auf der Bank aus.

      »Ich mache meinem Vati zum Geburtstag ein Rückenkissen, damit er weich sitzt. – Habt ihr zu Hause auch solche Kissen, Thusnelda?«

      »Nein.«

      »Ich nähe das Kissen zusammen, dann stopfe ich Federn hinein, damit es hübsch weich wird.«

      »Hast du denn Federn?«

      »Nein – –«

      »Meine Mutter stopft in die Betten Stroh«, sagte Thusnelda. »Wir haben auch keine Federn.«

      Da Pucki bereits Sorgen hatte, woher sie Federn für das Stuhlkissen nehmen sollte, schien ihr Stroh ein rettender Ausweg zu sein. Warum sollte sie nicht auch Stroh in das Kissen stopfen können? Davon lag genug im Ziegenstall. Wenn sie etwas fortnahm, merkten die Eltern nichts, und die Überraschung gelang.

      Pucki erkundigte sich eingehend bei Thusnelda, ob man auf einem Strohkissen auch gut liegen könne. Als Thusnelda das bestätigte, beschloß sie, gleich heute das Kissen zusammenzunähen und Stroh aus dem Ziegenstall hineinzustopfen.

      Die Arbeit wurde zu Hause auch wirklich in Angriff genommen. Mit einer langen Stopfnadel nähte Pucki das Kissen zusammen. Endlich war diese schwere Arbeit getan. Dann schlich sie in den Ziegenstall.

      »Paßt mal gut auf, Schwänzli und Leckerli, ich brauche euer Stroh. Ihr müßt dem Vati was abgeben, wie sich das für gute Freunde gehört.«

      Schon zog Pucki das Stroh unter den Füßen der Ziegen weg.

      »Puh –« sagte sie, »das geht nicht! Ich muß sauberes Stroh haben!« Sie suchte die sauberen Strohhalme heraus. Als sie ein gut Teil davon in den Händen hielt, wollte sie mit dem Stopfen beginnen. Dabei zeigte es sich, daß sie das Kissen an allen vier Seiten zugenäht hatte.

      Für den heutigen Tag mußte die Arbeit unterbleiben, weil noch Schulaufgaben zu machen waren und die Mutter darauf drang, daß Pucki am Lesezeichen stickte. Sie tat es schweigend. Das Kissen mußte eine Überraschung werden, sie durfte also keine Silbe davon verraten.

      Am nächsten Tag begann die Arbeit von neuem. Die eine Seite des Kissens wurde wieder aufgetrennt und das Stroh hineingestopft. Pucki preßte es mit aller Kraft in die Umhüllung und stellte enttäuscht fest, daß an allen Seiten die Halme durch die Nähte hindurchstachen.

      »Die schneide ich einfach ab«, sagte sie zu sich.

      Sehr große Schwierigkeiten machte das Zusammennähen der vierten Seite. Das Kissen sah aus wie eine Pauke. Nach zwei weiteren Tagen war die Arbeit jedoch vollendet. Freudestrahlend trug Pucki das Kissen ins Kinderzimmer, legte es auf einen Stuhl und setzte sich darauf, um es auszuprobieren. Ein leises Knacken und Krachen – da waren zwei Seiten aufgeplatzt. Das Stroh quoll heraus.

      Wieder vergingen zwei Tage mit Überlegungen. Das mit Stroh gestopfte Kissen gefiel dem Kinde nicht. Es mußte etwas anderes zum Füllen gefunden werden. Und nun waren es die Niepelschen Drillinge, die ihr einen guten Rat gaben.

      Pucki und Waltraut waren am Sonntag, wie schon oft, auf das Niepelsche Gut geholt worden, um mit den Knaben und dem kleinen Schwesterchen Dora zu spielen. Gutsbesitzer Niepel hatte seine drei Knaben aus der Rahnsburger Grundschule herausgenommen und ihnen einen Hauslehrer gegeben. Mit Herrn Hupfer schien er einen guten Griff getan zu haben. Er hielt die drei wilden Knaben ziemlich streng und sorgte für Ordnung. Freilich, mit Paul hatte er manchmal einen schweren Stand, denn Paul ersann manchen tollen Streich und verführte seine beiden Brüder Walter und Fritz zu den unglaublichsten Dummheiten. Aber gerade das übte auf Pucki große Anziehungskraft aus. Es war gar zu schön, mit den drei Knaben herumzutollen. Jedesmal, wenn sie und Waltraut bei Niepels waren, verschwand Pucki mit den Drillingen und ließ das Schwesterchen bei der vierjährigen Dora.

      So auch heute. – Kaum hatte man den Kaffee getrunken, als Paul der Pucki verstohlen ein Zeichen machte. Die vier verschwanden aus dem Zimmer.

      »Kommt«, flüsterte er draußen den anderen zu, »ich habe gesehen, daß die Tür zum Heuboden offen steht. Dort können wir uns verstecken. – Kommt schnell!«

      Alle vier stiegen die steile Stiege zum Heuboden hinauf. Pucki warf sich begeistert in das duftende Heu.

      »Du darfst dir davon was mitnehmen«, sagte Walter, »denn mit Heu stopft man die schönsten Kissen.«

      Pucki griff in das weiche Heu. »Es riecht so schön! Au, ich nehme mir ein paar Arme voll mit, dann wird das Kissen besonders fein. Das sticht auch nicht so sehr wie das olle Stroh.«

      »Und nun wollen wir erst mal Verstecken spielen«, meinte Paul.

      Die Kinder vergruben sich tief ins Heu, wühlten Gänge von einem zum anderen und belustigten sich herrlich. Plötzlich ertönte ein lauter Schrei.

      »Eine Maus!« brüllte Fritz, der kleinste der drei Knaben.

      »Wo ist sie? Die schlagen wir tot!«

      Pucki wühlte sich, so rasch es ging, aus dem Heu heraus und stellte sich vor Paul hin. »Du«, sagte sie mit warnend erhobenem Finger, »laß das kleine Mäuschen hübsch leben, es hat dir nichts getan.«

      »Der Vater fängt auch Mäuse.«

      »Mein Vater fängt sie auch, aber er fängt sie gleich so, daß sie nicht erst in Angst und Schrecken sind. Die Maus hier im Heu mußt du leben lassen. Wenn du der kleinen Maus ein Leid antust, hilft sie dir nicht, wenn du in den Zauberwald gehst.«

      »Hahaha«, lachte Paul und tippte mit dem Finger auf die Stirn, »wo ist denn der Zauberwald?«

      »Bei meinem Vati! In dem Zauberwald sind auch Mucki und Pucki, die beiden Kinder der Waldfrau, die mit Kienäpfeln nach den Leuten werfen, um sie zu necken.«

      »Deswegen heißt du auch Pucki.«

      »Nein, die Pucki im Walde ärgert die Leute immerfort, und ich ärgere sie nur ein bißchen.«

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