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Herr, der anderes im Kopf hat, als mit so kleinen Mädchen zu spielen. Du darfst auch nicht immer Wünsche äußern. Eines Tages wird Claus ärgerlich sein, dann kommt er nicht mehr ins Forsthaus.«

      Pucki kniff die Augen zusammen und lachte hellauf. »Hast du 'ne Ahnung, Mutti! Der Claus ist doch mein bester Freund, er freut sich fürchterlich, wenn er nach der Försterei kommt. Wirklich, Mutti, ich weiß das!« –

      Kaum hatten die Gäste die Oberförsterei betreten, als Pucki auf Claus Gregor zustürmte und lebhaft rief:

      »Du kommst doch gerne zu mir, nicht? Mutti meint, du wirst böse, wenn so ein kleines Mädchen wie ich mit dir spielen will?«

      Claus Gregor hob das Kind empor, schwenkte es durch die Luft und sagte lachend: »Nein, kleine, liebe Pucki, der große Claus wird nie böse, er hat dich herzlich lieb.«

      Hedi drehte sich zur Mutter um: »Hast du es nun gehört?«

      Sehr bald fragte sie nach dem Poesiealbum. Mit hellem Entzücken betrachtete sie das kleine blaue Buch, das ihr Claus reichte. Auf dem Deckel stand, genau wie bei dem Buch der Mutti, das Wort »Poesie-Album«.

      Pucki drückte das Buch ans Herz und sprang damit wie unsinnig vor Freude im Zimmer umher. Dabei rief sie laut: »Nun habe ich auch ein Buch von der Freundschaft!«

      »Waltraut will auch so ein Buch haben«, klang es.

      »Pah«, sagte Pucki ein wenig verächtlich, »du Dummsack bist noch viel zu klein, um zu wissen, was Freundschaft ist.«

      Dann schlug sie das Buch auf und las:

      »Willst du glücklich sein im Leben,

       Trage bei zu anderer Glück,

       Denn die Freude, die wir geben,

       Kehrt ins eigene Herz zurück.

      Seiner kleinen Freundin in herzlicher Liebe

       der große Claus.«

      Pucki las den Vers andächtig zweimal durch. »Das ist gewiß sehr was Schönes, großer Claus, was du mir da 'reingeschrieben hast. Das ist so was Ähnliches, wie ich mal auf einem Wandbrett gelesen habe: Beglücke du, dann wirst du glücklich sein!«

      »Ja, Pucki, das ist ganz dasselbe. Da ich weiß, wie gerne du immer bereit bist, anderen etwas Liebes zu erweisen, habe ich für dich diesen Vers ausgesucht. Den sollst du während deines späteren Lebens beherzigen und immer daran denken, daß man nur dann recht glücklich sein kann, wenn man andere Menschen glücklich macht. Wenn wir sehen, daß wir andere froh machen, ist unser Herz – –«

      »Ich weiß, ich weiß«, schrie Pucki begeistert, »als die vielen Kinder bei uns Waffeln gegessen haben, war ich auch froh. Und als die Rose Scheele bei uns war und – und – als ich der Schmanzgroßmutter endlich eine Geschichte vorlesen konnte – –« Pucki neigte sich wieder über das Poesiealbum und las noch einmal:

      »Denn die Freude, die wir geben,

       Kehrt ins eigene Herz zurück.

      Ja, großer Claus, jetzt weiß ich, wie das ist. Und ich werde auch überall Freude geben, weil du es hier hineingeschrieben hast.«

      »Nicht deswegen, Pucki, das muß man ganz aus sich selbst heraus tun.«

      Pucki nickte: »Ja, großer Claus.« Dann fragte sie: »Hat der Eberhard auch etwas eingeschrieben?«

      Sie schlug die Seite um und las:

      »Unsere Freundschaft, die soll brennen

       Wie ein dickes Dreierlicht,

       Freunde wollen wir uns nennen,

       Bis der Greif französisch spricht!

      Dies schrieb Dir zur Erinnerung Dein Dich herzlich

       liebender Eberhard Gregor.«

      Pucki lachte hellauf. »Hahaha, der Greif soll französisch sprechen? Er ist zwar ein hübscher Hund, aber – – so ein Quatsch! Greif, komm mal rasch her!«

      Schweifwedelnd umsprang der Jagdhund das kleine Mädchen. Pucki nahm ihn bei den Ohren: »Kannst du Französisch?«

      »Wau, wau, wau«, bellte der Hund.

      »Wau, wau, wau, hat er gesagt, das ist doch kein Französisch. Aber nun kommt, ich möchte gern zu eurem schönen Auto gehen.«

      Der Rundgang durch den großen Hof und die vielen Ställe begann. Jedem Tier erwies Pucki eine Liebkosung. Ganz plötzlich blieb sie stehen. In einer Ecke des Hofes saß ein alter Mann auf einem Klotz und spaltete Holz. Er schien weder Claus noch das kleine Mädchen zu beachten.

      Hedi schaute ihm längere Zeit aufmerksam zu, denn es sah gar zu lustig aus, wenn das Holz in kleinen Stücken nach rechts und links flog. Daheim kamen auch mitunter zwei Männer, die die großen Holzstücke zersägten und zerschlugen, doch bei dem alten Manne ging es viel schneller.

      »Weidmannsheil, lieber Mann!« rief Pucki.

      Der Alte hackte wortlos weiter. Pucki trat noch einige Schritte näher heran.

      »Weidmannsheil!« klang es noch einmal erheblich lauter.

      Der Alte hob nicht einmal den Kopf, er ließ sich in der Arbeit gar nicht stören. Da stellte sich Pucki dicht vor ihn hin und sagte mit ganz lauter Stimme:

      »Weidmannsheil, alter Mann!«

      Nun erst hielt der Mann im Arbeiten inne. Er nickte dem kleinen Mädchen freundlich zu, antwortete aber immer noch nicht.

      »Weidmannsheil!« rief da Pucki zum vierten Male.

      Der Mann begann schon wieder mit dem Holzhacken. Da lief Pucki zu Claus zurück, der etwas abseits stehen geblieben war, und sagte unwillig: »Den alten Mann kann ich gar nicht leiden, der sagt ja nichts!«

      »Das ist ein sehr lieber alter Mann, Pucki, er kommt schon seit vielen Jahren in die Oberförsterei und zerkleinert das Holz. Es ist der gute Vater Haegler. Leider kann er nicht hören.«

      »Warum hört er denn nicht?«

      »Weil er taub ist, kleines Mädchen. Das ist sehr traurig, und darum hat er deinen Gruß auch nicht beantwortet.«

      Die blauen Kinderaugen richteten sich voller Entsetzen auf den Arbeitenden. »Taub ist er? – Großer Claus, kann er gar nichts hören? Auch nicht, wenn das Holz kracht?«

      »Das hört er vielleicht noch ein klein wenig. Man muß aber sehr laut sprechen, wenn er etwas verstehen soll.«

      »Wenn er taub ist, kann er doch auch die Vöglein nicht singen hören?«

      »Nein, Pucki, das kann er leider nicht.«

      »Und wenn die Leute zusammen reden – hört er das auch nicht?«

      »Nein, auch nicht.«

      »Aber wenn mal Musikanten kommen und Musik machen?«

      »Das wird er auch nicht hören können.«

      »Schrecklich«, klang es nach einiger Zeit, »dann hat er doch gar keine Freude. Ich freue mich immer, wenn die Vöglein singen und wenn eine Musik kommt.«

      »Darum muß man immer sehr gut zu dem tauben Manne sein, liebe Pucki.«

      Pucki suchte in der Tasche ihres Kleidchens. Schließlich zog sie ein Stückchen Zucker hervor. »Es ist zu dreckig, das schmeckt ihm nicht mehr. – Aber nachher, wenn wir bei euch guten Kuchen bekommen, schenke ich ihm ein Stück. Du mußt mir oft Kuchen hinhalten, Claus, und dann immer sagen: Nimm doch! Dann bekommt der taube Mann etwas von mir, und dann freut er sich.«

      Als die beiden weitergingen, wandte sich Pucki noch mehrmals nach dem tauben Manne um. Es schien ihr furchtbar, daß der taube Holzhacker nichts von dem schönen Gezwitscher der Vöglein hören konnte. Sie überlegte, ob denn gar keine Möglichkeit bestünde, ihm auch einmal eine Freude zu machen. – Ja, wenn sie die schöne Trillerpfeife hätte, mit der der Vati den Harras herbeirief, die würde er hören können, und dann würde

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