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nickte mir zu. Das hieß: »Die Sache ist erledigt, Allan –.«

      Ich war begierig zu erfahren, was Gunolt eigentlich preisgegeben und was er für sich behalten hatte.

      Bald merkte ich, daß das Wichtigste noch gar nicht besprochen worden war. – Desto besser. Ich ahnte ja, Gunolt verfolgte sicher einen bestimmten Zweck damit, daß er den Geheimrat Bark scheinbar mit ins Vertrauen zog. Er tat nichts, ohne ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben. –

      Mein Schwiegervater deutete auf das Kistchen mit den Importen, von denen Gunolt bereits eine rauchte.

      Ich bediente mich, und Gunolt sagte:

      »Ich habe mit meinen Neuigkeiten gewartet, bis auch Sie hier waren, Herr Doktor. –

      Jetzt kann ich beginnen. –

      Der Zeitungsaufruf wirbt neue Helfer. Ich werde mit Briefen geradezu überschüttet, auch mit persönlichen Besuchen von Leuten, die von einem Menschen im grauen Anzug, gelben Schuhen, zu kurzen Hosen und so weiter etwas wissen wollen. In einer Millionenstadt Berlin gibt es natürlich Dutzende, auf die eine so oberflächliche Beschreibung paßt. Wollte ich alle diese Angaben nachprüfen, müßten wir unsere Beamten verdoppeln. –

      Das ist die Schattenseite des Aufrufs. –

      Er hat auch eine Lichtseite: zwei Zeugen – und heute eine dritte Zeugin, sogar die Frau, bei der unser Mann gewohnt hat.«

      Ich war ganz Ohr. – Er – er – !! –

      Ich richtete mich in meinem Sessel auf, las Gunolt die Worte vom Munde ab –.

      »Heute gegen ein Uhr ließ sich bei mir eine Frau Kremk melden – Gesindevermieterin Marie Kremk. –

      Der Name war mir nicht ganz unbekannt. Wir wußten, daß die Kremk besonders gern weibliches Personal für Schankwirtschaften vermittelte. Doch das gehört nicht hierher. Jedenfalls steht die Frau bei uns auf der schwarzen Liste. Sie betrat denn auch sehr zögernd mein Dienstzimmer. –

      Eine aufgeschwemmte Person in den Fünfzigern, dem Alkohol nicht ganz abgeneigt, herausgeputzt wie eine alte Fregatte, der man durch Ölfarbe den Anschein eines soliden Fahrzeuges zu geben sucht. –

      Sie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und spielte mit ihrer ledernen Handtasche. Ihr asthmatisches Keuchen blieb eine Weile der einzige Laut zwischen uns.

      »Ich hätte früher kommen sollen, Herr Kommissar,« begann sie endlich und fächelte sich mit dem Taschentuch Kühlung und mir ein aufdringliches Parfüm zu. »Er ist mir schon lange verdächtig vorgekommen.«

      Das war Frau Kremks vielversprechende Einleitung. Sie erzählte dann folgendes: Vor einem halben Jahr, Mitte Januar, sei bei richtigem Hundewetter abends ein Mann bei ihr erschienen und habe das gerade leerstehende möblierte Vorderzimmer mieten wollen. Der Mann habe sich als Schlossergeselle Franz Orske vorgestellt und ihr eine lange Geschichte von einer Erfindung erzählt, die ihn, den eigentlich im nahen Potsdam Ansässigen, wiederholt zwänge, ein paar Tage nach Berlin herüberzukommen. Daher brauche er ein Absteigequartier. So ein kleines, einfenstriges Zimmer mit Flureingang sei ihm gerade recht. –

      Er hat dann den Mietpreis gleich für ein halbes Jahr vorausbezahlt, einen Handkoffer – angeblich vom Bahnhof – geholt und eine Nacht in seinem neuen Heim geschlafen. –

      Dann sei er wochenlang ausgeblieben, plötzlich wieder aufgetaucht, nur für Stunden, abermals drei Wochen nicht erschienen, wieder nur für Stunden dagewesen – und sofort bis – bis zu dem traurigen Tag, an dem das junge, schöne Fräulein ermordet worden ist. –

      Inzwischen hatte die Kremk, die keineswegs zu den Dummen gehört, doch schon gemerkt, daß Franz Orske eine etwas fragwürdige Persönlichkeit war. So selten er kam und sein Absteigequartier benutzte, so heimlich er sich auch stets in sein Zimmer schlich und so lautlos er sich darin bewegte, die Kremk wußte ihn doch diesmal zu stellen, unterhielt sich mit ihm und suchte tiefer in seine Geheimnisse einzudringen, was ihr aber nicht gelingen sollte. Die Unterhaltung fand stets nur durch die fingerbreit geöffnete Türspalte statt. Jedesmal behauptete Orske, er ziehe sich gerade um. –

      Kurz, die Kremk hatte nicht viel Erfolg bei den Versuchen, ihre Neugier zu befriedigen. Der Schlosser war schlauer als sie. Er kam und ging, ohne daß sie ihn recht zu Gesicht bekam. In dem Zimmer blieb stets derselbe Koffer zurück, mit dem er seinen Einzug gehalten hatte.

      Die Kremk sagte: »Ein sehr feiner Koffer, Herr Kommissar, – mit zwei Patentschlössern.« – Und ich fügte hinzu: »Wahrscheinlich Schlösser, die sich nicht öffnen ließen –!« Sie wurde etwas rot, war aber ehrlich genug zuzugeben, daß sie »probiert« hätte. –

      Als ich sie bat, mir Franz Orske recht genau zu beschreiben, machte sie ein ganz verzweifeltes Gesicht.

      »Ich habe ihn ja eigentlich nur einmal so richtig gesehen, Herr Kommissar,« meinte sie. »Und das war abends, und ich – na – ich hatte gerade viel Besuch, und wir hatten ein wenig gepichelt –. Sie verstehen, Herr Kommissar –! Was man dann sieht, vergißt man leicht –!«

      In dieser Beziehung war bei der Kremk nichts zu holen. Dann aber kam sie auf denen »traurigen Tag« zu sprechen, wie sie sich ausdrückte. Zwischen dem Zimmer Orskes und ihrer Wohnung gibt es eine beiderseits durch Schränke verstellte Verbindungstür. Trotz der Schränke hört die Frau aber nach ihrer Angabe ganz genau, wenn jemand sich in dem Vorderzimmer bewegt. So hat sie denn auch an jenem Tag gegen acht Uhr abends drüben Stimmen vernommen. Es war, als ob zwei Menschen erregt miteinander stritten. Sie wußte nicht, daß ihr merkwürdiger Mieter wieder einmal da war, hatte auch gerade eine Freundin bei sich und schenkte der Auseinandersetzung im Vorderzimmer zunächst keine besondere Beachtung, bis sie jemand ganz laut schreien hörte, offenbar in höchster Wut: »Es war doch richtig, daß ich’s getan habe –!« Sie hat sich diese Worte gut gemerkt, die ja auch ihrem Inhalt nach leicht sehr ernst gedeutet werden können. –

      Sie behauptet auch, Orskes Stimme erkannt zu haben, zumal gleich darauf wieder der Satz zu verstehen war: »Nun bin ich sie los – für immer!« –

      Die Freundin der Kremk fragte nun, gleichfalls aufmerksam geworden: »Was machen die denn da für einen Radau, Mieze?« – Die Kremk scheint sich von ihren Intimen gern so nennen zu lassen. Marie klinge ihr wohl zu sehr nach Köchin. –

      Sie wollte nun doch mal bei ihrem seltsamen und selten auftauchenden Miete anklopfen und feststellen, mit wem er sich denn eigentlich »in den Haaren habe«, ging in den Hausflur hinaus und steuerte auf die Tür Orskes zu. Da wurde diese plötzlich aufgerissen, und der Schlossergeselle stürzte heraus, warf die Tür hinter sich zu und rannte auf die Straße. Die Kremk fand dann in seiner Stube, die sie sofort betrat, keinen Menschen weiter vor, obwohl sie gehofft hatte, denjenigen noch »abzufassen«, mit dem sich Orske so erregt gezankt hatte. Dafür entdeckte sie aber etwas anderes. Auf dem Tisch vor dem kleinen Sofa lag ein Dolchmesser mit einem Griff aus schwarzpoliertem Holz, und in dem Kleiderschrank hingen heute zum ersten Mal seit dem Einzug des Potsdamer »ein paar Lumpen«.«

      Wir hörten gespannt zu.

      »Ich bemühe mich, meine Herren,« schaltete Gunolt hier ein, »die bezeichnendsten Ausdrücke der Kremk wörtlich wiederzugeben.«

      Niemand entgegnete etwas.

      Mit den »paar Lumpen« meinte sie einen grauen, abgetragenen Anzug, ein Halstuch, eine blaue Schirmmütze und ein paar gelbe Schnürschuhe mit schiefen Absätzen,« fuhr Gunolt fort, nachdem er sich seine Importe frisch angezündet hatte. »Sie werden begreifen, daß ich nach diesen Mitteilungen der Gesindevermieterin nur schwer meine Ruhe bewahren konnte. – Ich bin durch meinen Beruf zum Zweifler geworden, besonders an dem Wert von Zeugenaussagen. Hier zweifelte ich keinen Augenblick. Unser Mann war gefunden! - Was die Kremk von dem Streit verstanden hatte – die beiden lauten Ausrufe – was sie nachher auf dem Tisch liegen und in dem Schrank hängen sah, – das genügte auch mir. –

      Doch – lassen wir die Kremk weiterberichten. –

      Das Dolchmesser hat sie sich sehr genau angesehen, sehr genau. Blut war nicht daran. Es sah sogar ganz neu aus. Dennoch

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