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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Nachricht von der Anwesenheit des Kriminalkommissars rief bei den Gästen natürlich das lebhafteste Interesse hervor. Kein Wunder, daß die übrigen Gänge des reichhaltigen Menüs unter diesen Umständen fast unberührt blieben. An der ganzen Tafel drehte sich die Unterhaltung ausschließlich um den Kommissar und sein nicht ungefährliches Abenteuer. Jedenfalls war die Maskenfest Stimmung vollständig verflogen. Und sehr bald nach Aufhebung der Tafel brach man allgemein auf, – fast fluchtartig. Der Hausherr war noch immer nicht wieder erschienen. Und so mußte die Geheimrätin allein den etwas verlegen vorgebrachten Dank der Gäste für die ›wohlgelungene Veranstaltung‹ entgegen nehmen. Daß diese Höflichkeitsphrasen heute nicht recht paßten, fühlten die meisten von selbst. –
Inzwischen war es dem Sanitätsrat gelungen, den in tiefer Narkose daliegenden Kommissar wieder zu sich zu bringen. Mit Hilfe der Diener schaffte man den sich noch recht elend Fühlenden eine Treppe tiefer in das Arbeitszimmer des Hausherrn und bettete ihn dort auf den fellbedeckten Diwan. Die Fenster des Zimmers hatte man weit geöffnet, und unter dem belebenden Einfluß der kühlen Nachtluft erholte sich Fehlhauser dank seiner kräftigen Konstitution zusehends, zumal die durch den erhaltenen Schlag entstandene Schädelverletzung harmlos war und sich äußerlich nur durch eine starke Schwellung bemerkbar machte, – alles Anzeichen dafür, daß der Attentäter den Kommissar mit einem starken Gummiknüttel niedergeschlagen hatte.
Infolge dieser augenscheinlichen Besserung im Befinden seines Gastes wagte es der Hausherr nun endlich die erste Frage an ihn zu richten, die ja dieser Situation gegenüber so natürlich war.
»Nun sagen Sie mir, Herr Kommissar, wer hat Ihnen denn den Streich gespielt? Wie ist das alles gekommen?«
Fehlhauser, dem im Kopf noch ganz wüst war und mit dem das Zimmer noch bisweilen einen wilden Rundtanz aufführte, konnte nur in langen Pausen Satz auf Satz herausbringen. Er berichtete lediglich das, was vorgefallen war, eben wie ihn der schwarze Domino nach oben gelockt hatte, ohne jedoch seine eigenen Ansichten über diesen Vorfall irgendwie zu äußern.
»Unbegreiflich, ganz unbegreiflich,« meinte Herr von Oppen darauf kopfschüttelnd. »Schwarzer Domino. Hm, davon gab’s eine ganze Menge unter den Masken. Aber von denen kann’s doch keiner gewesen sein.«
»Geben Sie sich keine Mühe, Herr Geheimrat,« wehrte Fehlhauser ab. »So leicht ist es doch wohl nicht, die betreffende Person zu entdecken. Morgen, wenn ich wieder ganz auf Deck bin, wollen wir weiter darüber reden.«
»Dafür bin ich auch,« erklärte der Sanitätsrat eifrig, der sich noch immer um den Patienten bemühte. »Sie dürfen auf keinen Fall jetzt schon zu viel sprechen, Herr Kommissar, damit wir den wenig angenehmen Folgeerscheinungen der Narkose, Übelkeit und Erbrechen, vorbeugen. Ruhe ist jetzt die Hauptsache. Und wenn möglich versuchen Sie etwas zu schlafen.«
Fehlhauser lächelte schwach.
»Herzlichen Dank für Ihre Fürsorge, Herr Doktor. Aber ein paar Worte müssen Sie mir wirklich schon noch gestatten.«
»Wenn es unbedingt sein muß! Aber fassen Sie sich möglichst kurz.«
Fehlhauser wandte sich darauf dem Hausherrn zu, der an seinen Schreibtisch gelehnt dastand und eben beschlossen hatte, dem Kommissar eines der Fremdenzimmer für diese Nacht anzubieten.
»Herr Geheimrat, würden Sie mir einen Gefallen tun? – Mich peinigt ein Gedanke. Und bevor ich mir nicht darüber Klarheit verschafft habe, werde ich wohl kaum den mir so nötigen Schlaf finden.«
»Aber gern. Was haben Sie denn auf dem Herzen?«
Herrn von Oppens kühle Zurückhaltung war jetzt einer wohltuenden, zwanglosen Liebenswürdigkeit gewichen.
»Wollen Sie sich nicht einmal überzeugen, Herr Geheimrat, ob vielleicht Ihnen oder Ihrer Gemahlin am heutigen Abend aus den Zimmern dieser Etage irgendwelche Wertobjekte verschwunden sind? – Mir sagt eine innere Stimme, daß der, der mich so hinterrücks unschädlich machte, dies nur in der Absicht getan haben kann, um nachher hier einen Diebstahl zu begehen, bei dessen Ausführung ich ihm eben hinderlich gewesen wäre.«
Der Landrat lächelte ungläubig.
»Sie machen sich unnötige Sorgen, Herr Kommissar. Ich habe denselben Verdacht auch schon gehabt und daher überall flüchtig nachgesehen. Nirgends fand ich irgend etwas Verdächtiges. Alle Schubladen und Fächer sind verschlossen, die in Betracht kommen. –
Außerdem – mein bares Geld, soweit man solches im Hause haben muß, und die wertvollsten Schmucksachen meiner Frau bewahre ich an einem Orte auf, den auch der schlauste Spitzbube nicht entdecken würde. Nur deshalb blieb ich auch so ruhig, als Sie vor Beginn des heutigen Festes die Möglichkeit erwähnten, daß mir eventuell der berüchtigte Gauner unserer Gegend einen Besuch abstatten könnte.«
»In diesen Ihren Geheimtresor haben Sie wohl nicht hineingeschaut, ob noch alles in Ordnung ist?« forschte Fehlhauser trotzdem hartnäckig weiter.
»Nein. Wenn es aber zu Ihrer Beruhigung dient – die Herren werden ja nichts verraten!«
Damit schritt der Landrat auf ein an der Wand hängendes mittelgroßes Bild, einen französischen Kupferstich, der eine Waldlichtung darstellte, zu und nahm es von seinem Haken herunter. In der braun gewürfelten Tapete zeigten sich nun, allerdings nur bei genauem Hinsehen bemerkbar, vier feine, ein Quadrat bildende Striche. Es waren dies die Umrisse der beweglichen Vorderwand einer in die Wand eingemauerten Stahlkasette, die der Geheimrat nun mühelos mit Hilfe eines sehr dünnen, langen Schlüssels ohne Bart öffnete. Kaum aber hatte er einen Blick in dieses Geheimfach geworfen, als er auch schon erschreckt zurückprallte. Ebenso schnell gewann er aber auch seine Fassung zurück, nahm mit etwas unsicheren Händen alle noch in dem Tresor befindlichen Gegenstände hervor und breitete sie auf dem Mitteltisch aus.
Der Kommissar, der die Bewegungen Herrn von Oppens genau beobachtet hatte, richtete sich gespannt auf seinem Diwan zu sitzender Stellung auf. Da ertönte auch schon des Landrats erregte Stimme:
»Wahrhaftig, meine Herren, – ich bin bestohlen worden. Alle Banknoten, achttausend Mark, und der gesamte Schmuck meiner Frau sind verschwunden.«
Fehlhauser hatte plötzlich die ganze Mattigkeit abgeschüttelt. Mit einem Ruck erhob er sich und trat wenn auch noch recht unsicheren Schrittes, auf den Tisch zu. Auch der Sanitätsrat war näher gekommen und schaute mit bestürztem Gesicht auf den Hausherrn, der wieder seinerseits den Kommissar ratlos anblickte.
»Meine Ahnung – meine Ahnung,« murmelte Fehlhauser ingrimmig vor sich hin.
Jetzt hatte auch der Geheimrat die Sprache wiedergefunden.
»Das ist ja geradezu unglaublich, wirklich unglaublich,« preßte er hervor. »Und sogar meine Juchtentasche, in der die Geldscheine verwahrt waren, hat der Dieb mitgehen heißen. Und – wo soll man nur den Täter suchen? Wie hat er denn Kenntnis von der Existenz dieses Geheimfaches erhalten, wie ist er ins Haus eingedrungen – Wie? – Wahrhaftig, da drängen sich einem ja so unzählige Fragen auf einmal auf, daß man ganz wirr im Kopf wird. – Eine nette Überraschung! Meine Frau wird auch ein schönes Gesicht machen. Einige zwanzigtausend Mark war ihr Schmuck gut wert. Und das ärgerlichste, – ich bin nicht gegen Einbruchsdiebstahl versichert, obwohl mich die rätselhaften Ausplünderungen unserer Bekannten im verflossenen Sommer hätten warnen sollen.«
»Vorläufig läßt sich in der Sache auch gar nichts tun, Herr Geheimrat,« bemerkte Fehlhauser höflich. »Ich kann Ihnen jetzt nur mein Bedauern über den Verlust ausdrücken. Morgen früh gehe ich dann sofort an die Untersuchung dieses neuen Falles, des fünften also, heran. Bitte, sorgen Sie nur dafür, daß niemand weiter das Zimmer betritt, bevor ich mich darin genauer umgesehen habe. –
Und jetzt, Herr Geheimrat, müssen Sie mich schon entschuldigen. Ich will in mein Hotel zurückkehren. Es ist recht spät, besser früh, geworden, und morgen