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wunderbare Weise.

      »Was ist es dann, was dich zum Strahlen bringt?«, wollte Bettina wissen.

      Er holte tief Luft, ehe er glücklich sagte: »Babettes Scheidung ist durch. Weißt du, was das bedeutet, Bettina? Wir können heiraten, ich kann endlich klare Verhältnisse schaffen, und ich kann dann auch die Adoption von Marie beantragen. Die beiden werden dann endlich auch auf dem Papier zu mir gehören.«

      Sie konnte ihn verstehen, sie war selbst auch nicht für diese ›geschlamperten‹ Verhältnisse und war deswegen auch froh, dass Jan ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte, der für ihn selbst ohne Relevanz war, für ihn hätte es so weitergehen können, weil für ihn amtliche Siegel oder der Segen der Kirche ohne Bedeutung waren.

      Zum Glück hatte er sich ja besonnen.

      »Toni, ich freue mich für euch. Jetzt kann ich dein Strahlen verstehen. Babette ist doch sicherlich auch total erleichtert, oder?«

      »Sie kann ihr Glück kam fassen und ist reinweg aus dem Häuschen. Wir haben uns gestern Abend ein Gläschen Champagner gegönnt. Schade, dass du nicht daheim warst, wir hätten dich gern dabei gehabt. War es denn schön unten im Gasthof?«

      »Wir haben oben in Lindes Wohnung gegessen, und ja, es war sehr schön, Linde und Christian sind, wie du ja weißt, jetzt ein glückliches Paar, und von Yvonne gibt es auch Neuigkeiten …«

      Rasch erzählte sie ihm, was Yvonne vor hatte.

      »Au backe«, rief Toni lachend aus, »die arme Leni wird sich vor lauter Angst kaum einkriegen. Ihre Yvonne im dunkelsten Afrika. Weiß sie es schon?«

      »Nein, Yvonne will es ihr heute Mittag sagen. Deswegen werde ich auch nicht zu den Dunkels zum Essen gehen.«

      »Dann komm zu uns, Bettina«, bot Toni ihr an.

      »Danke, das ist lieb, aber ich muss noch mal zu Herrn Fischer. Der hat ein neues Buchhaltungssys­tem, das er mir vorführen will. Wenn es für uns geeignet ist, soll Inge dann für ein, zwei Tage zur Einarbeitung in sein Büro gehen …, Apropos Inge, sie kommt mir in letzter Zeit verändert vor. Ist etwas mit ihr?«

      Er zuckte die Achseln.

      »So genau weiß ich das nicht, aber mir ist auch aufgefallen, dass sie des Öfteren abends nicht zu Hause ist. Vielleicht trifft sie sich mit jemandem, wäre ihr zu wünschen. Sie ist ja eine ausgesprochen nette Person und hat es verdient, wieder glücklich zu werden.«

      »Das hat sie in der Tat, aber ich bin mir nicht sicher, ob dazu die Zeit bereits reif ist. Sie hat schließlich ein mehr als traumatisches Erlebnis zu verarbeiten. Ihr Ehemann ist, wie du weißt, nicht auf normale Weise gestorben, sondern hat sich vor einen Zug geworfen und sie mit einer zusammengebrochenen Firma und einem Berg Schulden zurückgelassen. Ich denke, wenn man so etwas erlebt hat, ist man anderen Menschen gegenüber, ganz besonders Männern, erst einmal miss­trauisch und übervorsichtig.«

      »Ja, stimmt schon, aber irgendwas ist im Busch … Nun, sie wird es uns erzählen, wenn es an der Zeit ist … Sag mal, Bettina, können wir gleich mal die Bestellungen durchgehen? Was Finnmore eleven oder die Horlitz-Tröpfchen und auch die Spirituosen von Brodersen angeht, bin ich mir sicher. Das sind ja mehr oder weniger Selbstläufer mit einem festen Abnehmerstamm. Auch bei den anderen hab’ ich im Grunde genommen keine Probleme. Einiges Kopfzerbrechen bereitet mir Schapendonk, nicht, was seinen klassischen Eierlikör betrifft, sondern all seine neuen Creationen. Die sind nicht unbedingt der Knaller, wie du weißt, aber du hast sie in diesem fantastischen Prospekt so großartig herausgestellt, dass ich nicht weiß, ob jetzt nicht ein Run auf sie einsetzen wird.«

      »Na, ein Run glaube ich nicht, aber eine Umsatzsteigerung verspreche ich mir schon davon. Was meinst du, sollen wir die Bestände verdoppeln?«

      Toni war noch etwas unschlüssig.

      »Verdoppeln? Denk daran, dass es mindestens zehn verschiedene Liköre sind, die letztendlich doch alles was mit Eierlikör zu tun haben. Und wenn jemand so was trinkt, dann will er doch den Eierlikör in seiner ursprünglichen Form haben, oder sehe ich das falsch?«

      Bettina überlegte einen Augenblick.

      »Du hast recht, Toni, lass uns den Eierlikör verdoppeln, und alles andere …«, sie zuckte die Achseln, lächelte ihn an. »Das überlasse ich dir, Toni, du wirst es schon richtig machen. Du hast unsere Bestände viel besser im Kopf als ich.«

      »Na bravo«, sagte er, aber das meinte er nicht ernst, denn er freute sich im Gegenteil darüber, dass Bettina ein solches Vertrauen in ihn setzte, »du bist aus dem Schneider, und ich habe die A…karte.«

      »Nein, lieber Toni, du hast den richtigen Instinkt, und mit dem lasse ich dich jetzt allein, ich habe eine Menge bis heute Mittag wegzuarbeiten, und hoffentlich dauert es dann bei Herrn Fischer nicht zu lange, sonst steht mir eine Nachtschicht bevor.«

      »Leg einen niedrigen Gang ein, Bettina. Du arbeitest einfach zu viel. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.«

      Sie lachte.

      »Denk daran, was Leni jetzt sagen würde – was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.«

      »Ist ja schon gut«, gab er sich geschlagen. »Also, dann bis später.«

      »Bis später, Toni, und noch mal, ich freue mich wirklich wahnsinnig für dich und Babette«, nach diesen Worten wirbelte sie hinaus.

      Ach, der Toni, dachte sie, während sie in ihr Büro ging, was würde sie bloß ohne ihn machen. Was würde sie ohne all ihre Mitbewohner machen, die ihr treu zur Seite standen und ihr sogar ihre Ersparnisse angeboten hatten damals, als sie auf den Hof gekommen war und zwar einen mehr als stattlichen Besitz geerbt hatte, aber kein Geld.

      Sie hatte das Geld dann doch nicht gebraucht, aber sie würde es ihnen niemals vergessen. Sie hoffte, Jan würde irgendwann einmal begreifen, dass das hier keine Mitbewohner waren, »Mitglieder einer Hof-Kommune«, wie er es einmal bezeichnet hatte, sondern Freunde, im Grunde genommen ihre Familie, denn sie standen ihr näher als ihre Geschwister, zumindest näher als Frieder und Grit.

      Bettina setzte sich an ihren Schreibtisch, blickte auf die Fotos, die in schmalen Silberrahmen vor ihr standen, sah in das gütige Gesicht ihres Vaters, das lachende Gesicht des Mannes, den sie liebte und dessen Frau sie werden wollte. Sie liebte sie beide, von ganzem Herzen. Doch es gab einen gravierenden Unterschied zwischen ihnen. Jan würde wiederkommen, aber ihren Vater, den würde sie niemals mehr sehen, mit dem konnte sie niemals mehr sprechen, so von Angesicht zu Angesicht. Sie sprach ja mit ihm, doch sie bekam niemals eine Antwort, und die hätte sie manchmal so gern.

      »So, Papa und Jan«, flüsterte sie, »jetzt muss ich mich aber an die Arbeit machen, denn warum bin ich sonst in aller Herrgottsfrühe ins Büro gekommen?«

      Sie wandte ihren Blick ab und griff nach dem ersten Vorgang. Am liebsten hätte sie diese Mappe wieder beiseite gelegt. Denn sich so früh am Morgen damit zu beschäftigen, war beinahe so etwas wie seelische Grausamkeit. Aber was sollte es, gemacht werden musste es so oder so.

      Also wollte sie dem guten Herrn Bellert die Umsatzaufstellungen für seine zehn Produkte machen, auch die Umsatzerwartungen aufschreiben, und da musste sie sehr genau sein.

      Sie kannte Bellert noch aus Zeiten, als er seine Spirituosen über das Weinkontor verkauft hatte, doch dann hatte er sich mit Frieder überworfen und wollte mit den Fahrenbachs nichts mehr zu tun haben. Es hatte Bettina sehr viel Mühe gekostet, ihn davon zu überzeugen, seine Produkte über die ›Likörfabrik Fahrenbach‹ zu verkaufen, er war mit der Zusammenarbeit zufrieden, im Grunde genommen mehr als zufrieden, aber Bettina durfte sich keinen Fehler erlauben. Frieder hatte einfach zu viel zerbrochenes Glas hinterlassen und dem Ansehen des Namens Fahrenbach geschadet.

      Bettina überprüfte jede der Zahlen, die Inge ihr hereingereicht hatte, nicht, weil sie ihr misstraute, sondern nur zur Sicherheit.

      Alles stimmte, die Prognosen für den nächsten Monat waren nun ihr vorbehalten. Was sollte sie ihm da schreiben? In etwa zwei Wochen würde der neue Katalog anfangen zu greifen. Aber sie war

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