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verließ.

      Würden sie jetzt dem Rätsel auf die Spur kommen?

      War die Frau die ursprüngliche Besitzerin des kostbaren Schmuckstücks, oder war sie nur zufällig daran geraten? War es gar Diebesgut?

      Stop!

      Jetzt ging ihre Fantasie mit ihr durch, und das war überhaupt nicht gut. Das würde dem Kommissar auch nicht gefallen.

      Nur Fakten zählten …, danach handelte er, und sie hatte es, zumindest was diesen Fall anbelangte, auch schon ein wenig verinnerlicht.

      So schnell wie an diesem Tag hatte sie das Polizeipräsidium noch nie zuvor erreicht. Eine rote Ampel hatte sie zwar nicht überfahren, aber die Geschwindigkeit ganz eindeutig erheblich überschritten. Sie konnte nur hoffen, unterwegs nicht in eine dieser gemeinen unauffälligen Radarfallen geraten zu sein.

      Hauptkommissar Paul Schuster wartete bereits auf sie. Er war hocherfreut, dass sie so schnell gekommen war.

      Er hatte alles für sie vorbereitet, und da sie die Mail mühelos lesen konnte, konnte sie ihm sehr schnell sagen, dass der Richter Salvatore Perucci diese Kette für seine Tochter Carlotta zum bestandenen Examen als Biologin hatte anfertigen lassen.

      Jetzt stand ein Name im Raum.

      Carlotta Perucci.

      Leonie hätte niemals für möglich gehalten, dass die Tatsache, dass es nicht mehr die unbekannte Tote vom Fluss war, sondern dass sie einen Namen hatte, etwas mit einem machte, dass man noch mehr berührt war.

      Sie kam allerdings wieder ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurück.

      Der Kommissar bedankte sich, dann sagte er: »Alles schön und gut …, hoffen wir nun, dass unsere Tote auch diese Carlotta ist. Ich frag gleich mal beim Einwohnermeldeamt nach. Wenn wir Glück haben, ist sie hier irgendwo gemeldet.«

      Leonie spürte, wie die Anspannung in ihr stieg. Warum griff er nicht zum Telefonhörer?

      Sie wusste, dass die Tote Carlotta war!

      Sie spürte es!

      Ein Anruf kam. Jemand wollte sich mit dem Kommissar verabreden.

      Musste das gerade jetzt sein?

      Man sollte private Telefonate in Ämtern verbieten, besonders in der Mordkommission, dachte Leonie ein wenig provokant.

      Das Gespräch zog sich in die Länge.

      Ganz offensichtlich konnte man sich nicht darüber einigen, wo man sich denn am Abend treffen sollte.

      Beim Italiener?

      Beim Spanier?

      Beim Chinesen?

      Das konnte doch nicht wahr sein!

      Was gab es da viel zu reden!

      »Nehmen Sie den neuen Inder am Rathausplatz, der ist ganz hervorragend«, konnte Leonie sich nicht verkneifen zu sagen.

      Der Kommissar blickte sie ein wenig irritiert an, grinste, dann sagte er zu seinem Gesprächspartner, wer immer der auch sein mochte: »Ich habe gerade aus kompetentem Mund den Tipp bekommen, den neuen Inder am Rathausplatz auszuprobieren.«

      Leonie atmete insgeheim auf.

      Der Vorschlag schien angekommen zu sein, denn der Kommissar sagte: »Also gut, treffen wir uns um achtzehn Uhr beim Inder. Ich schließe mich mit Egon kurz, und du sagst Manni Bescheid.«

      Nicht auch das noch!

      Und um achtzehn Uhr.

      Wer ging denn um diese Zeit essen?

      Allenfalls die Leute, die spätestens um zweiundzwanzig Uhr im Bett lagen.

      Alle, die später schlafen gingen, würden unweigerlich irgendwann wieder Hunger bekommen.

      Komische Welt, in der der Kommissar privat lebte. In seinem Beruf war er großartig.

      Außerdem ging sie das alles nichts an. Sie konnte froh sein, hier sein zu dürfen, denn eigentlich hatte sie hier überhaupt nichts zu suchen.

      Sie konnte es nicht verhindern, dass er nun auch noch diesen Egon anrief, der allerdings nicht so umständlich zu sein schien, denn zum Glück war dieses Telefonat sehr schnell beendet.

      »So, und nun das Einwohnermeldeamt«, sagte er.

      Leonie spürte, wie sie einen ganz trockenen Mund bekam. Doch wenn sie glaubte, der Kommissar würde nun direkt eine Antwort bekommen, sah sie sich getäuscht.

      Die Kollegen würden zurückrufen.

      Es konnte nicht wahr sein!

      Paul Schuster gab sich doch tatsächlich mit dieser Antwort zufrieden und machte keinerlei Druck.

      Na, hier wieherte der Amtsschimmel aber ganz gewaltig.

      Sie wäre da ganz anders an die Sache herangegangen. War sie ja auch, denn sie hatte dem Kommissar den Tipp gegeben mit dem Juwelier, sie hatte vieles für ihn geregelt.

      Vermutlich wären sie noch keinen Schritt weiter, wenn er den normalen Amtsweg gegangen wä­re.

      Innerhalb Deutschlands war das alles schon ein Problem.

      Eine Lösung auf Deutschitalienischem Weg?

      Das wollte sie sich lieber nicht vorstellen.

      Er sah ihre Enttäuschung, wusste, dass er ihr eine ganze Menge schuldig war. Außerdem mochte er sie sehr.

      »Heute passiert nichts mehr. Ich habe noch einen wichtigen aktuellen Vorgang auf dem Tisch. Ob wir nun heute oder morgen etwas erfahren, der Toten hilft es nicht mehr …, ich verspreche Ihnen, ohne Sie nichts zu unternehmen. Nur eines sage ich Ihnen schon jetzt, meine Liebe. Machen Sie sich bitte keine allzu großen Hoffnungen, dann können Sie auch nicht enttäuscht werden. Wir haben zwar jetzt einen Namen …, mehr aber nicht.«

      Als er sah, wie enttäuscht Leonie war, fügte er hinzu: »Nun seien Sie nicht traurig. Wir werden herausfinden, wer die Tote ist, und vielleicht erfahren wir sogar auch etwas über die Hintergründe ihres Freitods. Ich melde mich …, und danke noch mal. Ohne Sie wäre ich längst nicht so weit, Frau von Tenhagen.«

      Leonie wusste, wann sie zu gehen hatte.

      Sie stand auf, verabschiedete sich und verließ sehr unzufrieden das Präsidium.

      Sie war mit einer ganz anderen Erwartungshaltung hergekommen, und wenn der Kommissar – vielleicht war sie jetzt ein wenig ungerecht – nicht so lahmarschig an alles herangegangen wäre, hätten sie bereits Ergebnisse.

      Ein Druck auf eine Computertaste, und schon konnte man herausfinden, wo jemand gemeldet war.

      Sie würde selbst recherchieren.

      Warum war sie nicht gleich darauf gekommen.

      Jetzt hatte sie es eilig, wieder nach Hause zu kommen. Und wenn sie sich gleich an den Computer setzte, dann ganz gewiss nicht, um weiter an ihrem Roman zu schreiben.

      *

      Erstens kommt es immer anders, als man zweitens denkt …, so oder so ähnlich lautete ein banaler Satz.

      Man konnte aber auch sagen, du machst Pläne, und der liebe Gott lacht sich kaputt.

      So etwas kam Leonie in den Sinn, als sie nach Hause kam.

      Sie hätte mit allem gerechnet, aber ganz gewiss nicht damit, ihre Tante anzutreffen.

      »Tante Klara«, rief sie überrascht. »Wieso bist du nicht mehr bei den Rüttens? Du wolltest doch noch bis zum Wochenende bleiben. Und warum hast du mich nicht angerufen? Ich hätte dich selbstverständlich vom Bahnhof abgeholt … Röschen, Röschen, du machst vielleicht Sachen.«

      Leonie umarmte ihre Tante, die ihr noch zarter, noch kleiner vorkam als vor ihrer Abreise. Das war natürlich Unsinn, denn kein Mensch veränderte sich äußerlich so sehr in ein paar Tagen.

      Außerdem

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