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zu lassen, eine Eigenschaft, die nur von sehr wenigen Menschen auf diesem Planeten geteilt wurde.

      Über Jahre hinweg sonnte er sich in seinem Ego. Jeder Mord wurde zu einem weiteren Baustein seiner eigenen monumentalen Legende, die stetig wuchs, wann immer er seine Klinge über die Kehle eines Gegners zog oder eine Kugel in den Kopf eines anderen Mannes jagte. Wenn es ums Töten ging, gab es niemanden, der dabei unbeirrter und verlässlicher vorging als Kimball Hayden.

      Bis zu jenem Tag, während einer Mission im Mittleren Osten, als ihn die Erleuchtung traf, nachdem er sich gezwungen sah, zwei Schafe hütende Kinder zu töten, die seine Position verraten hätten. Nachdem er sie in der Wüste begraben hatte, lag er die restliche Nacht neben ihren Gräbern, starrte in den Himmel und fragte sich, ob es wirklich einen Gott gab.

      Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging, traf er für sich die Entscheidung, dem Dienst für Amerika zu entsagen, und verschwand. Das Pentagon, das angenommen hatte, dass er im Einsatz ums Leben gekommen war, erwies ihm daraufhin posthum die letzte Ehre und bestattete einen leeren Sarg auf dem Friedhof von Arlington, als Symbol für seinen Einsatz als Soldat.

      Aber seine Symbolwirkung der Tapferkeit auf andere wog nur wenig. Würden bestimmte amerikanische Würdenträger herausfinden, dass er noch immer am Leben war – was bedeutete, dass er noch immer über bestimmte dunkle Geheimnisse wie dem Umstand verfügte, dass frühere Regierungen den Mord eines US-Senators durch andere Mitglieder des Senats sanktioniert hatten – würden ihm all seine früheren Auszeichnungen nichts mehr nützen. Kimball Hayden würde sich extremen Widrigkeiten ausgesetzt sehen, nur um sicherzustellen, dass all die Fehlurteile früherer Politiker weiterhin unaufgedeckt blieben.

      Aus diesem Grund kehrte er nie für längere Zeit in die Vereinigten Staaten zurück.

      Doch dann nahm sein Leben erneut eine andere Wendung.

      Während sein Sarg in Washington D. C. zur letzten Ruhe gebettet wurde, saß er in einer kleinen Bar in Venedig und sah im Fernsehen dabei zu, wie die Amerikaner zusammen mit ihren Alliierten gegen Saddam Hussein Krieg führten, um Kuwait zu befreien. Da nahm ungefragt ein Kardinal des Vatikans an seinem Tisch Platz und bot ihm eine Chance auf Wiedergutmachung an, wenn er als Ritter des Vatikan dienen würde.

      Als Kimball ihn über diesen Ritterbund ausfragte, erklärte ihm Kardinal Bonasero Vessucci, dass nur ein Mann wahrer Integrität, für den Loyalität wichtiger als alles andere, mit Ausnahme der Ehre ist, ein Mann sein kann, der wahrhaftig an die Souveränität des Vatikans glaubt und für den Schutz seiner Interessen und das Wohlergehen seiner Bürger einstehen kann. Und nur ein Mann, der seine früheren Handlungen wirklich bedauert, ist ein Mann, der in den Augen Gottes würdig erscheinen wird.

      So fand Kimball schließlich unter der Schirmherrschaft der Kirche sein Zuhause.

      Und über Jahre hinweg setzte er sich mit seinen besonderen Fähigkeiten dafür ein, rund um den Globus Menschenleben zu retten – zusammen mit den besten Soldaten der Welt, den Rittern des Vatikan.

      Aber der Tod von Papst Pius XIII. brachte Papst Gregor an die Macht, der ihren Bund sofort als eine Beleidigung Gottes auflöste.

      Nun war Kimball nicht nur ohne ein Heimatland, sondern auch ohne eine Kirche. Und für einen Mann mit seinen Fähigkeiten gab es nicht viel zu tun, abseits von Aufträgen als Söldner, mit denen er jedoch nichts zu tun haben wollte. Also kehrte er unter einem falschen Namen in die Staaten zurück, mit nichts als dem Wunsch nach einem ehrlichen Job.

      Der Mann, der früher einmal Kimball Hayden gewesen war, nannte sich nun James Joseph Doetsch, besser bekannt als J.J. Doetsch. Mit seiner neuen Identität, die ihn untertauchen ließ, arbeitete Kimball Hayden nun als einfacher Angestellter in einem Casino und sammelte Müll vom Boden des Casinos auf. Aber da es eine ehrliche Arbeit war, hatte er keine Probleme damit.

      Während der vergangenen Monate hatte er sich seine beeindruckende Statur bewahrt und trainierte bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Außerdem übte er weiterhin gewissenhaft den Umgang mit seinen Messern, mit einer täglichen Routine an Bewegungsabläufen, die an Tai Chi erinnerten. Kimball Hayden war vieles nicht mehr, aber zumindest noch sehr tödlich.

      »Hey, J.J.«

      Kimball, der gerade mit seinen in Latexhandschuhen steckenden Händen eine Mülltüte vom Boden des Casinos aufgehoben hatte, sah auf und erblickte den Floor Manager, der ihm zuwinkte.

      »Ja, Boss?«

      »Komm mal rüber. Ich müsste da was loswerden.«

      Kimball trat zu ihm. Der Größenunterschied zwischen den beiden war beachtlich, als der kleine Mann mit dem teigigen Gesicht zu Kimball hinaufschaute wie ein kleines Kind zu seinem Vater.

      »Erinnerst du dich noch an die Sache, die mein Schwager da am Laufen hat? Du weißt schon, diese Cage-Fight-Sache.«

      »Hör mal, Louie …«

      Der kleinere Mann hob beide Hände. »Hör mich erst einmal an.«

      Kimball tat ihm den Gefallen, doch seine gesamte Körpersprache, die grimmig verzogenen Mundwinkel und die abweisend vor der Brust verschränkten Arme verrieten, dass er nicht sonderlich empfänglich sein würde.

      »Hör es dir erst mal an«, wiederholte er. »Mehr verlange ich doch gar nicht, Herrgott.«

      »Ich höre.«

      »Du musst für fünf Minuten in den Ring – nur fünf Minuten – und verdienst im besten Fall fünftausend Dollar.« Dann trat er einen Schritt zurück, um Kimball zu mustern, und streckte die Arme aus, als würde er den hünenhaften Mann vor anderen präsentieren. »Sieh dich doch nur mal an. Du bist ein Monster. Wieso um alles in der Welt verschwendest du deine Zeit hier für einen Hungerlohn, wenn du im Ring so viel mehr Kohle scheffeln könntest?«

      »Und ich nehme an, dass du einen Prozentsatz von meinem Gewinn abschöpfst?«

      Louie lächelte. »Natürlich. Als dein Manager würde ich fünfzehn Prozent nehmen. Wie hört sich das an?«

      Kimball schüttelte den Kopf und drehte sich um.

      »Okay, wie wär’s dann mit zehn?«

      »Ich kann dich nicht hören, Louie.«

      Der dickliche Mann eilte ihm hinterher. »Du vergeudest dein Talent, J.J. Du hast immer gesagt, dass du eigentlich nur einen ehrlichen Job machen willst. Also, hier ist er, direkt vor dir. Die Sache ist absolut sauber, die Kämpfe werden top bezahlt, und auch sonst bleiben keine Wünsche offen. Und ich sage dir, J.J., ich sehe hier sechs- vielleicht sogar siebenstellige Summen im Jahr, wenn du erst mal ganz oben bist.«

      »Ich bin nicht interessiert.«

      »Du sammelst lieber für den Rest deines Lebens den Müll auf?«

      »Das ist nur übergangsweise.«

      »Ich verstehe es nicht. Wieso willst du nicht kämpfen?«

      Kimball sah ihm fest in die Augen. »Wenn ich kämpfe, Louie, muss es dafür einen Grund geben.«

      »Ist Geld denn nicht Grund genug?«

      »Für mich? Nein.« Er machte kehrt, um die Abfallbehälter auszuleeren.

      »Denkst du wenigstens darüber nach?«

      »Ja, klar, sicher«, antwortete er. »Ich werde darüber und auch noch über ein paar andere Sachen nachdenken.«

      Louie lächelte, denn er witterte ein Fünkchen Hoffnung. »Das ist toll«, sagte er, und ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Das ist wirklich toll! Sag mir einfach Bescheid, wenn du soweit bist.«

      Wie wäre es mit niemals? Kimball erwiderte das Lächeln, hielt aber den Mund.

      »In zwei Wochen findet wieder ein Kampf statt«, fügte Louie noch hinzu. »Sag mir Bescheid, J.J. Gib mir einfach Bescheid. Ich hasse es, tatenlos zusehen zu müssen, wie ein Mann wie du sein Leben wegwirft, das ist alles.«

      Kimballs Lächeln verschwand.

      Louie

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