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mitten ins Feuergefecht hinein, verwendet. Die Heldengesänge der Südslaven vollends haben das Charakteristische, dass sie das verherrlichte Weib immer auch als Heldin darstellen. Sie muss Türken massakrieren und Köpfe abschneiden und auf das Schlachtfeld gehen wie unsere Frauen auf den Marktplatz. Bei den Bulgaren vermag manches junge Mädchen dem Drange zum Haidukentume nicht zu widerstehen. Sie legen dann Männerkleider an, ergreifen die Waffen und teilen, manchmal gekannt, manchmal auch nicht gekannt, mit ihren männlichen Genossen getreulich Kampf und Ungemach, und manche von ihnen, wie die heldenmütige Syrma aus dem bulgarischen Dorfe Tresanatz, schwang sich durch hervorleuchtende Tapferkeit sogar zur Harambaschenwürde empor.[220] Als letzte Ausläufer dieser dem Manne es gleichthuenden kriegerischen Thätigkeit der Weiber mögen jene zwar sporadischen, aber immerhin zahlreich genug auftretenden Beispiele von Frauen und Mädchen sein, welche aus Begeisterung fürs Vaterland die Waffen ergriffen. Spanien, Italien und Frankreich — man darf nur an Jeanne d’Arc erinnern — haben mehrere solcher Heldinnen aufzuweisen. Weibliche Soldaten der Fortuna fehlen auch bei den Deutschen nicht ganz und auch hier hat die Zeit der Befreiungskriege die meisten und bekanntesten der grösstenteils unter Verheimlichung ihres Geschlechtes kämpfenden „Frauen in Reih und Glied“ hervorgebracht.[221]

      Wenn wir in der Tierwelt Umschau halten, so zeigt sich gar bald, dass in dieser den weiblichen Individuen es keineswegs an Mut gebricht, und zwar nicht etwa bloss da, wo die Sorge um die Brut in Frage kommt. Im Angriff wie in der Verteidigung steht das weibliche Tier dem Männchen an Kampfeslust nur wenig nach. Das Weib des Wilden bewegt sich vielfach noch auf dieser, von der Natur gegebenen Stufe. Wie die Liebe ist auch der durchschnittliche Mut- und Tapferkeitsmangel des Weibes nichts Ursprüngliches, sondern erst ein künstliches Erzeugnis, eine Folge der Gesittung, welche, wie in so vielen anderen Dingen, schliesslich als unweiblich brandmarkte und durch Vererbung unterdrückte, was meist natürlich war, in der Heranbildung anderer, sekundärer Eigenschaften Ersatz suchend und findend. Überbleibsel „barbarischer“ Sitten, wie wir jetzt sagen, haben sich aber, wie das Vorstehende lehrt, selbst noch zu höher stehenden Völkern und in uns nahe gerückte Epochen hinübergeflüchtet, und zahlreiche Sagen weisen in den verschiedensten Gegenden auf eine ähnliche Vergangenheit zurück. Weil die scheinbare Umkehrung der Gesetze, welche die Geschlechtsverschiedenheit der menschlichen Kulturentwicklung vorschreibt, immer lebhaft die Phantasie beschäftigt hat, so haben schon die Alten einen Staat kriegerischer Weiber erdichtet, dessen Heimat freilich nach Massgabe der Zunahme geographischer Kenntnisse immer weiter zurückweicht, in welchem aber, wie sich zeigen wird, wenn auch durch die Sage verhüllt und entstellt, das Spiegelbild eines längst entschwundenen Gesellschaftszustandes sich erkennen lässt. Bedenkt man nun, wie selbst Europäerinnen, die sich männlichem Sport hingeben, dadurch an weiblicher Anmut verlieren, um einigermassen Viragines zu werden, bedenkt man, wie sehr und wie oft dies der Annäherung hinderlich wird, so begreift sich, dass das vom Manne körperlich noch wenig differenzierte Weib der Urzeit, kräftig, mutig und grausam wie er, seinem geistig entwickelten männlichen Genossen in keiner Weise begehrenswerter erschien, als es die Natur zur Erfüllung ihrer Zwecke, hier wie im Kreise aller Lebewesen, gebot. Damit erklärt sich aber auch, wie ich glaube, die Liebelosigkeit der Urzeit.

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