Скачать книгу

hinter mir haben. Wenn es nun schiefgeht, Stella? Es ist höllisch schwer.«

      »Deine Eltern reißen dir den Kopf nicht ab. Wenn ich das Abi nicht schaffe, muss ich auch noch ein Jahr länger auf der Schulbank hocken.«

      »Du kannst es ja aufgeben. Lern lieber kochen. Ich mag gutes Essen. Ich bin von Mami verwöhnt.«

      Ihre Augen weiteten sich.

      »Soll das etwa ein Heiratsantrag sein?«, fragte sie atemlos.

      »Blödsinn, dieser alte Zopf. Ist doch klar, dass wir mal heiraten, oder?«

      Stella schnappte nach Luft.

      »Na, so sicher war ich mir dessen nicht«, murmelte sie. »Bei deinem Verschleiß an Mädchen?«

      »Was heißt Verschleiß? Alberne Gänse waren sie allesamt. Man muss ja seine Erfahrungen machen.«

      »Ich habe aber noch keine, Jörg«, stellte sie verlegen fest.

      »Das wäre auch noch schöner!«, sagte er, nahm ihre Hand und zog sie vom Stuhl empor.

      »Also gut, wir fahren nach Hause und verkünden unseren alten Herrschaften, dass wir heiraten wollen. Mal sehen, was sie sagen.«

      »Alte Herrschaften? Dass ich nicht lache. Die machen uns noch was vor. Den Marsch werden sie uns blasen.«

      »Lassen wir es darauf ankommen?«, fragte er und küsste sie ganz schnell auf den Mund.

      »Na, hör mal«, ächzte sie, »mitten in der Stadt?«

      »In München kann man das. Du bist das süßeste Mädchen von der ganzen Welt, Stella!«, lachte er und schwenkte sie durch die Luft.

      »Was ist eigentlich mit dir los, Jörg?«, fragte sie konsterniert.

      »Bestanden habe ich das Examen, Stellamädchen. Du solltest es zuerst wissen. Und eine Stellung habe ich auch schon in Aussicht. Freust du dich?«

      Sie schlang ihre Arme um seinen Hals.

      »Närrisch, Jörg«, jauchzte sie. »Aber wenn ich nun das Abi nicht schaffe?«

      »Dann machst du einen Kochkurs mit. Ich habe es doch schon gesagt.«

      Arm in Arm gingen sie über die Straße. Immer wieder sahen sie sich an.

      »Eigentlich wäre es schäbig von uns, wenn wir den Eltern diese Freude so lange vorenthalten würden, Jörg«, bemerkte sie leise. »Ich bin froh, dass es in München keine Zimmer mehr gibt.«

      *

      Es war elf Uhr, als es bei den Auerbachs läutete. Sie waren gerade in bester Stimmung, und Werner Auerbach hatte ein paar Flaschen seines besten Weines aus dem Keller geholt.

      »Nanu, wer ist denn das? Es wird doch nichts passiert sein?«, meinte Teresa von Roth besorgt.

      Aber Fabian war schon an der Tür, und da kamen Jörg und Stella im Walzerschritt hereingetanzt.

      »Das Examen hat er bestanden!«, jubelte Stella.

      »Und verlobt haben wir uns!«, sang Jörg.

      »Haben wir das?«, fragte sie.

      »Ohne Brimborium«, lachte er. »Wozu denn auch, ist doch alles längst klar.«

      »Jemine!«, ächzte Inge Auerbach. »War das wirklich klar?«

      »Es scheint doch so, wenn wir es auch nicht glauben wollten«, warf ihr Mann ein. »Du hast das Examen wirklich bestanden, Jörg?«

      »Summa cum laude, Paps.«

      »Das wusste nicht mal ich«, rief Stella. Dann fiel sie ihren Eltern um den Hals. »Jörg hat das Examen bestanden«, jubelte sie, »habt ihr es gehört! Und wenn ich das Abi nicht bestehe, soll ich einen Kochkurs machen. Was sagt ihr dazu?«

      »Das wäre allerdings auch eine Lösung«, meinte ihre Mutter gelassen. »Hoffentlich wirst du eine bessere Hausfrau als Schülerin.«

      »Darüber besteht nicht der geringste Zweifel«, stellte Fabian fest. »Jörg wird sie schon auf Trab bringen.«

      Werner Auerbach und Heinz Rückert tauschten einen langen Blick.

      »Na, was habe ich gesagt, Heinz?«, bemerkte der Professor.

      »Was hast du gesagt?«, fragte der andere irritiert.

      »Sie kommen beide aus einem guten Stall. Schließlich hätten sie ihre Freiheit auch auskosten können und so ganz verschwiegen in einem stillen Kämmerlein …«

      »So weit habe ich wahrhaftig noch nicht gedacht«, erklärte Dr. Rückert lächelnd. »Meinst du nicht, dass sie uns wenigstens der Form halber hätten fragen müssen?«

      »Weswegen?«, entgegnete Werner Auerbach anzüglich.

      »Wegen der Verlobung natürlich.«

      »Das Ja setzen sie als gegeben voraus. Na, wir haben doch auch nichts dagegen. Hoch offiziell werden sie es ja doch nicht machen wollen.«

      Doch darin hatte er sich gewaltig getäuscht. Stella sah sich schon mit dem Verlobungsring in die Schule spazieren. Die Erste aus ihrer Klasse, der ein solches Glück zuteil wurde! War das etwa nichts? Sollte man das verschweigen?

      »Sie ist doch noch gar nicht reif«, äußerte Rosmarie Rückert zu Inge Auerbach. »So ein Kindskopf. Ich fürchte, da werden wir noch einiges mitmachen.«

      »Und wenn ich dann die Stellung habe und das Schuljahr zu Ende ist, heiraten wir«, sagte da Jörg. »Ich habe wirklich keine Lust, allein in Berlin herumzusitzen.«

      »Muss es denn Berlin sein?«, fragte Inge Auerbach erschrocken.

      »Eine einmalige Chance, Mami«, stellte Jörg fest. »Und denkt doch mal an die Steuerersparnis und die Beihilfen. So was muss man doch ausnützen.«

      »So nötig wäre das doch auch nicht«, warf sie kleinlaut ein. »Eine Starthilfe könnten wir euch doch geben.«

      »Gut gemeint«, sagte Jörg, »aber einmal muss sich ein Mann auf eigene Füße stellen.«

      Dann neigte er sich zu Stella hinab, der die Seligkeit aus den Augen leuchtete.

      »Und wenn es bei uns mal kracht, brauchst du nicht gleich zu Mutti zu rennen und dich auszuheulen«, raunte er ihr zu.

      »Du hast dir ja viel vorgenommen«, meinte sie neckend.

      »Man weiß ja nicht«, gab er heiter zurück.

      Ricky schien mit solcher Lösung auch nicht ganz einverstanden.

      »Stella ist doch viel zu jung, um allein in einer fremden Stadt fertig zu werden«, äußerte sie skeptisch zu ihrem Mann. »Ich könnte es mir einfach nicht vorstellen.«

      »Du brauchst es ja nicht, Schätzchen«, erklärte er liebevoll.

      »Wir beide werden hier alt und grau, und die große weite Welt wird uns auch weiterhin nur besuchsweise erleben.«

      Er machte eine kleine Pause, und weil die anderen sich ganz mit dem jungen Paar beschäftigten, fuhr er in seinen Betrachtungen fort.

      »Stella tut es ganz gut, wenn sie einen ordentlichen Schubs bekommt. Wer ja sagt, muss auch die Konsequenzen ziehen.«

      »Sie müssen sich ja erst zusammenraufen«, flüsterte Ricky.

      »Das werden sie, und wenn nicht, Liebling, es ist ihr Leben. Wie man sich bettet, so liegt man.«

      »Du hast es ja mit den Sprichwörtern«, scherzte sie, aber so ganz wohl war ihr nicht zumute. Jörg hatte nicht Fabians Reife. Und Stella …

      Nun, gewiss, er war ihre erste Liebe, aber er hatte sie immer in Spannung gehalten. Es war nicht wie bei ihr und Fabian, die sich ganz füreinander entschieden hatten, als sie sich trafen.

      Inge Auerbach hegte gleich mehrere Bedenken, die sie aber erst äußerte, als sie mit ihrem Mann allein war.

Скачать книгу