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Verschwindende Diamanten und andere Detektivgeschichten. Mathias McDonnell Bodkin
Читать онлайн.Название Verschwindende Diamanten und andere Detektivgeschichten
Год выпуска 0
isbn 9788027212163
Автор произведения Mathias McDonnell Bodkin
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Beck las nicht weiter; eine Verwünschung auf den Lippen stürzte er aus dem Zimmer und die Treppe hinauf. John Woodriff folgte ihm auf den Fersen. Er klopfte an Anna Coolins Tür. Dann drückte er auf die Klinke. Das Zimmer war verschlossen. Ohne Zögern rannte er mit der Schulter gegen die Tür, daß sie krachend zerborst. Drinnen war es ganz still. Hinter den hellen Kattunvorhängen lag Anna Coolin auf der weißen Decke, hold und schön, wie eine reine Lilie – sie war tot. Die reiche Fülle ihres hellblonden Haares lag wie ein Heiligenschein lose auf ihrem Kissen ausgebreitet, ein zärtliches Lächeln spielte um ihre bleichen Lippen. Sie sah aus wie ein von Meisterhand gemeißeltes Bild der schlafenden Unschuld.
Die beiden Männer, die auf sie niederschauten, überkam fast ein Gefühl des Mitleids – so groß ist die Zaubergewalt, die die Schönheit auszuüben vermag.
»Wir kommen zu spät,« sagte Beck endlich mit leiser Stimme. »Es ist wunderbar, daß eine Teufelin so sehr einem Engel gleichen kann.«
»Gott sei Dank, daß es nicht meine arme Milly ist, die dort liegt,« erwiderte Woodriff tief erschüttert. »Dies verruchte Mädchen hat selbst für sich die Todesart gewählt, die sie ihr zugedacht hatte. Sie hat sich der irdischen Gerechtigkeit entzogen, aber der Mann, von dem sie zu dem Verbrechen verführt wurde – –«
»Der soll nicht leer ausgehen. Ich bringe ihn an den Galgen,« fiel ihm Beck mit großer Zuversicht ins Wort.
Und so geschah es auch.
Ein Wettlauf
»Könnten Sie wohl einen Abstecher nach Irland machen, Herr Beck?«
»Warum nicht?«
»Vielleicht schon heute abend mit dem Postschiff?«
»Gewiß. Was soll ich denn aber tun, wenn ich drüben bin?«
»Es ist eine peinliche Angelegenheit,« sagte der gutherzige Herr Warmington, »Lassen Sie mich Ihnen alle Einzelheiten kurz erzählen, dann werden Sie selbst am besten beurteilen können, was für Schritte zu tun sind.«
Warmington war einer der reichsten und angesehensten Rechtsanwälte in London; ein großer, kräftiger Mann, für gewöhnlich die gute Stunde selbst und der beste Kamerad. Aber heute lag eine düstere Wolke auf seiner so heitern Stirn und man sah ihm die Unbehaglichkeit und Verlegenheit am Gesicht an, während er, auf den Kaminsims gelehnt, wo an dem schwülen Herbstabend noch kein Feuer brannte, nachdenklich mit seiner schweren goldenen Uhrkette spielte.
»Eine peinliche Angelegenheit, Herr Beck,« wiederholte er und tat einen Zug aus dem mit gutem altem Portwein gefüllten Glase, das neben ihm auf dem Kamin stand. »Sie kennen doch meinen Schwager, den Baron Burton?«
Beck nickte mit ernster Miene. Er hatte von Baron Burton wenig Vorteilhaftes gehört. »Ja, ja, er hat seiner Familie leider viel Sorge gemacht. Meine Frau erinnert sich noch von ihrer Kinderzeit her an manchen stürmischen Auftritt, der vorfiel, ehe er ins Ausland ging. Nach unsrer Heirat habe ich für ihn getan, was in meinen Kräften stand; es hat leider nur wenig genützt. Er war damals schon ein angehender Fünfziger, aber zügellos wie ein junges Füllen, wenn auch nicht geradezu schlecht. Doch wie's so geht – vor acht Jahren fiel ihm ganz unvermutet ein Glück in den Schoß: er heiratete eine junge, schöne Erbin, die sich sterblich in den schon ältlichen Tunichtgut verliebt hatte. Solange sie lebte, blieb er auf geraden Wegen, und als sie vor etwa einem Jahr starb, war er trostlos. Wie unbedingt sie ihm vertraut hatte, bewies sie durch ihr Testament, das ihn zum alleinigen Erben ihres Vermögens einsetzte. Sie hinterließ ihm nicht nur alles Geld, sondern auch den Grundbesitz, weil sie ›fest überzeugt war, daß er für ihr teueres Kind, Florence, aufs liebevollste sorgen werde‹, wie sie schreibt.
»Zuerst hatte er auch den besten Willen, seine Pflicht zu tun, das muß man ihm lassen. Kaum zwei Wochen nach dem Tod seiner Frau kam er zu mir und bat mich, ihm eine Urkunde aufzusetzen, deren Bestimmungen sich nicht wieder umstoßen ließen; er wollte sein ganzes Besitztum in Wiltshire, das aus einer Jahresrente von fünftausend Pfund und einem schönen Haus mit Garten besteht, seiner kleinen Tochter verschreiben, während er für sich nur ein mäßiges Einkommen aus dem beweglichen Vermögen seiner Frau zurückbehielt. ›Ich kann mich nicht auf mich selbst verlassen, Warmington‹ sagte er, ›das ist das Kurze und Lange von der Geschichte. Wenn ich Geld habe, streue ich es gleich mit vollen Händen aus.‹ Natürlich trug ich Sorge, daß das Dokument von so bindender Kraft war, als das Gesetz es irgend zuläßt, und Burton unterschrieb es ohne ein Wort der Widerrede. Er schien sein kleines Mädchen wirklich sehr lieb zu haben; es mußte ihn überallhin begleiten, selbst ins Theater nahm er es mit. Meiner Frau – sie ist ihre Tante – ging die Kleine immer im Kopf herum, und da sie meinte, es würde ihr gut tun, eine Weile mit Kindern ihres Alters zusammen zu sein, lud sie sie letztes Jahr zum Weihnachtsfest ein; sie sollte die Bescherung und alle Freuden der Feiertage mit unsern Kindern teilen.
»Ihr Vater kam mit ihr von dem Landsitz in Wiltshire nach der Stadt herein und ließ sie bei uns; er selbst wollte jedoch nicht bleiben. Vielleicht war die Einsamkeit schuld, daß der alte Bummlergeist wieder in ihm erwachte. Er nahm seine früheren Gewohnheiten wieder von neuem auf, trieb sich in Winkeltheatern und Tingeltangeln herum, wo er öfters hinter als vor den Kulissen zu finden war. In einer Unglücksstunde machte er bei solcher Gelegenheit die Bekanntschaft von Fräulein Trixie Mordant, einer lebenslustigen und zugleich schlauen jungen Dame, die als Stern auf der Varietätenbühne glänzte. Sie werden Fräulein Trixie in rosa Trikot gewiß schon auf allen Plakatsäulen gesehen haben, Herr Beck.
»Wenn ein Mann, der nahe an Sechzig ist, sich noch einmal verliebt, so läßt er sich um den Finger wickeln. Das schlaue Geschöpf hatte ihn bald so weit, daß er ihr einen Heiratsantrag machte, und verlangte dann einen Ehevertrag, der ihr eine schöne Rente sicherte. Sie hatte ein Auge auf sein Besitztum in Wiltshire geworfen, aber er glaubte, daß er darüber nicht mehr verfügen könne, und ich hütete mich wohl, ihn darüber aufzuklären. Er war ganz außer sich, daß er so töricht gewesen war, das Gut seiner Tochter zu verschreiben. Dadurch war ihm die Möglichkeit geraubt, Fräulein Trixie, der Herrlichsten ihres Geschlechts, einen Beweis seiner Verehrung zu geben. Aber Fräulein Trixie zog ihrerseits Erkundigungen bei den Advokaten Sharkey & Snippit ein, den geriebensten Leuten in der ganzen City. Da kam denn natürlich alles zu Tage, und es dauerte nicht lange, so hatten sie meinen trefflichen Schwager über seine gesetzlichen Befugnisse genau unterrichtet. Wie ich erfahren habe, sind sie augenblicklich damit beschäftigt, den Ehevertrag aufzusetzen und das ganze Besitztum Fräulein Trixie Mordant zu verschreiben ›aus Anlaß ihrer Heirat mit dem Baron Pierce Burton.‹«
»Aber das kann das Gesetz doch unmöglich gestatten, nachdem er es einmal urkundlich an seine Tochter abgetreten hat,« sagte Beck.
Der Rechtsanwalt lächelte mit überlegener Miene. »Es paßt schlecht zu meiner Stellung,« sagte er, »wenn ich mich absprechend über unser Gesetz äußere; aber daß es recht sonderbare Bestimmungen enthält, läßt sich nicht leugnen. Sehen Sie, die Urkunde zu Gunsten der kleinen Flora ist nur eine ›freiwillige Zuwendung‹, wie man das nennt. Auf freiwillige Zuwendungen legt aber das Gesetz wenig Wert; ihm gilt natürliche Liebe und Zärtlichkeit nichts im Vergleich mit einem Ehevertrag, und würde er auch mit Trixie Mordant geschlossen. Wenn das Besitztum in Wiltshire dieser jungen Dame aus Anlaß ihrer Heirat mit dessen Eigentümer zugeschrieben wird, so ist nach einem alten Erlaß aus der Zeit der Königin Elisabeth die ›freiwillige Zuwendung‹ an die arme kleine Flora nicht das Pergament wert, worauf sie geschrieben steht.«
»Das