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Webster überstürzt.

      »Verreisen? Jetzt?« fragte Percy mißtrauisch. »Da stimmt doch etwas nicht.«

      »Wie mißtrauisch du gleich bist«, meinte Bob beleidigt. »Dabei habe ich so viel Vertrauen zu dir, daß ich es dir überlasse, das Geschäft mit Annette abzuwickeln.«

      »Ich?« fragte Percy gedehnt.

      »Warum verdrückst du dich«, bohrte Percy. »Wann sehe ich dich wieder?«

      »Ich gebe dir Bescheid, sobald ich meine Angelegenheiten erledigt habe. Staffier dich anständig aus, damit unser goldenes Huhn nicht argwöhnisch wird. Hier ist ihre Adresse. Wie du dich zu benehmen hast, brauche ich dir ja wohl nicht zu sagen. Und streng dich an, daß die Sache bald über die Bühne geht. So long, Percy! Wir sehen uns bald wieder.«

      Percy Renkins war allein. Prüfend betrachtete er sein Werk, das schon weit gediehen war. »Wenn du mich übers Ohr hauen willst, Bob, wirst du dich täuschen«, brummte er vor sich hin. »Auf den Kopf gefallen ist Percy Renkins auch nicht.«

      *

      Am anderen Tag war bei der Post ein dicker Umschlag für Annette, der keinen Absender trug. Felicia, die die Post in Empfang genommen hatte, wog ihn in der Hand. Doch da kam Annette schon in die Diele, und sie reichte ihr alles, was sie in der Hand hielt.

      »Alles für mich?« fragte die Ältere.

      »Wer soll mir denn schon schreiben«, meinte Felicia gleichgültig, um sich dann wieder in ihr Zimmer zu begeben.

      Den dicken Umschlag öffnete Annette zuerst. Er enthielt das kleine Büchlein und eine schmale Karte, auf der in flüchtiger Schrift nur ein paar Worte standen. »Auf bald, Darling. Bob!«

      Sie betrachtete das kleine Buch und wurde stutzig. Es war neu, während jenes, das sie ihm gegeben hatte, schon oft gelesen war. Was sollte sie davon halten?

      Uninteressiert las sie die anderen Briefe, um sich dann wieder der Lektüre des Buches zu widmen. Je länger sie darin las, desto stärker wurde der Wunsch in ihr, das Amulett zu besitzen, und ihr Argwohn schwand. Sie war so vertieft, daß sie gar nicht merkte, wie die Zeit verrann. Der Gong ertönte zum Mittagsmahl. Appetit hatte sie nicht, aber sie begab sich doch ins Eßzimmer, wo Felicia schon am Tisch saß.

      »Hier hast du übrigens dein Buch zurück«, meinte Annette leicht verlegen. »Entschuldige, daß es so lange gedauert hat.«

      Felicia wußte fast sofort, daß es vorhin mit der Post gekommen war. Sie nahm es in die Hand.

      »Es ist gar nicht mein Buch«, stellte sie erstaunt fest.

      »Aber es ist doch das gleiche«, erwiderte Annette hastig.

      »Es sollte kein Vorwurf sein, nur eine Feststellung«, meinte Felicia. »Wem hattest du es denn geliehen?«

      Annette zögerte. »Bob Webster«, erwiderte sie dann. »Ich wollte wissen, ob es dieses Amulett wirklich gibt. Er hat so viele Beziehungen.«

      »Hat er die wirklich?« fragte Felicia zweifelnd, um dann das Thema zu wechseln. »Ich dachte nicht, daß du dich dafür interessieren könntest. Nun, gibt es das Amulett?«

      »Ja, es existiert, und ich werde es besitzen«, erklärte Annette heftig.

      Felicia fuhr auf. »Guter Gott, brauchst du dafür etwa die halbe Million? Es heißt doch, es wäre nicht verkäuflich.«

      »Für viel Geld kann man alles kaufen«, behauptete Annette.

      Felicia schüttelte den Kopf. »Da bin ich nicht sicher«, widersprach sie.

      »Gönnst du es mir nicht?« brauste die Schwester auf. »Du möchtest es wohl gern selbst besitzen?«

      »Ja, das würde ich gern«, gab Felicia zu, »aber nicht um diesen Preis. Wenn man von diesen Geschichten fasziniert wird, muß man auch an sie glauben, meine ich. Noch nie hat jemand dieses Amulett gekauft. Es bringt kein Glück, Annette«, fügte sie eindringlich hinzu.

      »Nun, so wörtlich sollte man diese Geschichten wohl auch nicht nehmen. Ich bezwecke ja nichts damit. Ich will es nur haben. Jeder Mensch hat eben seine Eigenheiten. Du willst mit einer völlig fremden Dame verreisen, und ich will das Amulett haben.«

      Felicia erhob sich und legte ihre Serviette auf den Tisch zurück. »Wie du meinst«, sagte sie kühl und ging.

      »Felicia!« rief Annette ihr nach.

      »Willst du mir nicht sagen, wer diese Frau ist?«

      »Später vielleicht. Ich möchte nicht, daß du dich darüber lustig machst. Sie bedeutet mir viel. Von ihr hatte ich übrigens auch das Buch. Ich wüßte nur zu gern, warum dieser Bob Webster ein neues gekauft hat«, schloß sie gedankenvoll.

      Dieser Gedanke spukte auch in Annettes Kopf herum, der Appetit war restlos vergangen. Plötzlich fühlte sie sich einsam. So einsam, daß sie Holger Bergström anrief und ihn fragte, ob sie nicht den Abend gemeinsam verbringen könnten.

      »Es tut mir wirklich sehr leid, Annette«, kam die Erwiderung, »aber heute geht es nicht.«

      »Holger«, stieß sie hervor, »würdest du mich jetzt auch noch heiraten wollen?«

      Die Leitung schien tot, so still war es. »Ich weiß nicht«, antwortete er dann zögernd, »ich bin jetzt in Eile. Treffen wir uns nächste Woche.«

      Deprimiert ließ sie die Hand sinken. »Mädchen, die allzu viele Verehrer haben, stehen eines Tages oft ganz allein da«, hatte Frau von Walther einmal gesagt. Damals hatte es Annette nicht auf sich bezogen, jetzt aber dachte sie darüber nach.

      Sie betrachtete sich im Spiegel. »Geh in dich, Annette«, sagte sie laut, aber wohler wurde ihr nicht.

      *

      Was soll das nun wieder bedeuten, fragte sich Holger Bergström, während er sich beeilte, um zu dem verabredeten Treffpunkt mit Felcia zu kommen. Wußte Annette etwa, daß er mit Felicia verabredet war und wollte es verhindern? Vertrug sie es nicht, abgeschrieben zu werden? Dabei versprach er sich nichts von diesem Rendezvous. Er wollte dieses seltsame kleine Mädchen nur einmal näher kennenlernen. Ja, ein kleines Mädchen mit einem warmen Herzen war Felicia. Er bedauerte es, daß er dies jetzt erst erkannte. Sie hätte bei weitem mehr Beachtung verdient.

      Lange hatte er sich gestern mit Frau Faller unterhalten, für die es wie ein Wunder war, daß das junge Mädchen ihr so viel Zuneigung entgegenbrachte.

      »Sie ist wie eine seltene Blume, die im Verborgenen blüht, und deren Schönheit nur wenige erkennen‹, hatte sie gesagt. »Sie verschließt sich, wenn eine rauhe Hand sie berührt, und man muß sie sorgsam behüten.«

      Er erkannte Felicias Wagen.

      »Hallo, Felicia!« rief er durch das Fenster, das nur einen Spalt breit offen stand. Sie sah ihn an. Ein eigenartiges Gefühl durchrieselte ihn unter diesem Blick.

      »Entschuldigen Sie, daß ich mich verspätet habe«, bat er, während sie ausstieg. »Annette rief mich noch an. Weiß sie, daß wir uns treffen?«

      Ihr Gesicht überschattete sich sofort. »Nein, ich bin auch nicht daran interessiert, daß sie es erfährt«, erwiderte sie aggressiv. »Vielleicht hätte ich besser gar nicht kommen sollen.«

      Es tat ihr weh, daß er sogleich von Annette sprach, wohl darum, um sie daran zu erinnern, daß es sie gab, und daß sie nicht aus seinem Leben wegzudenken war. Sie wappnete sich mit Abwehr.

      Er lächelte verlegen. »Sie werden doch nicht böse sein?«

      »Warum sollte ich? Wenn Sie lieber mit Annette ausgehen wollen, bitte, ich habe nichts dagegen.«

      Frau Fallers Vergleich mit der Blume fiel ihm ein. Behutsam ergriff er ihre Hand, aber sie entzog sie ihm sofort wieder.

      »Sie wollten mich interviewen«, meinte sie.

      »Oh, das ist nicht richtig ausgedrückt. Ich möchte mich nur gern mit Ihnen unterhalten, und dann wollte ich Ihnen einen Vorschlag

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