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konnte er ihr nicht sagen, daß er kein Konto hatte. »Es eilt nicht«, meinte er großspurig. »Ich werde dir meine Kontonummer später geben. Gehen wir heute aus, Darling? Ich habe dich sehr vermißt.

      Sie verabredeten, daß er sie gegen sieben Uhr abholen sollte. »Was ist nur los mit dir, Annette?« fragte er besorgt. »Du solltest dich doch jetzt freuen. Von dem Amulett erzählt man sich wahre Wunderdinge. Ich hoffe sehr, daß es auch uns Glück bringt.«

      Uns! Wie selbstverständlich er das sagte, und Annette kam sich beinahe schäbig vor, weil sie ihm nicht die Wahrheit sagte. Die Wahrheit nämlich, daß ihr gar nichts an ihm lag. Überhaupt nichts. Dessen war sie sich völlig sicher.

      Felicias Gesicht war verschlossen, als sie im Eßzimmer zusammentrafen.

      »Mir gefällt dieser Webster nicht«, äußerte sie freimütig. »Ich verstehe nicht, daß du dich mit solchen Männern abgibst. Annette.«

      »Was gefällt dir an ihm nicht?« fragte sie nachdenklich.

      Felicia zuckte die Schultern. »Ich kann es nicht erklären. Es ist so ein Gefühl. Aber du mußt ja wissen, was du tust.«

      Damit versanken sie wieder in Schweigen, und Annette hatte nun erst recht nicht den Mut, mit ihrer Schwester zu sprechen. Sie überlegte, wie sie es Dr. Salchow möglichst schonend beibrachte, daß sie eine halbe Million brauchte. Es war Irrsinn, was sie sich da eingebrockt hatte, und bodenloser Leichtsinn dazu.

      »Kommst du voran?« fragte Bob Webster zur gleichen Zeit seinen Freund Percy drängend. »Diese Geschichte muß über die Bühne gehen, bevor Annette womöglich noch mißtrauisch wird. Sie war heute schon ein bißchen komisch. Wenn sie nun auch auf den Gedanken kommt, sich bei Thibaut zu erkundigen?«

      »Das hättest du dir vorher überlegen sollen«, knurrte Percy gereizt. »Ich habe eine Mordsarbeit mit dem Ding. Einen künstlichen Opal und Glassteine auf echt zu trimmen, ist nicht so einfach. Und dann diese Inschrift. Wieviel versteht deine Flamme eigentlich von echtem Schmuck?«

      »Ich glaube nicht, daß sie sich viele Gedanken macht, wenn es nur kostbar aussieht. Percy, es muß alles viel schneller gehen. Wenn wir das Geld in der Tasche haben, verschwinden wir.«

      Nichts war dem anderen lieber, aber er hegte nun auch gewisse Befürchtungen. So perfekt schien Bobs Plan offenbar nicht zu sein. Er war wütend, daß er sich darauf eingelassen hatte.

      »Das Buch will sie auch wieder zurückhaben. Brauchst du es noch?« fragte Bob.

      »Ich habe Kaffee darüber geschüttet«, gestand Percy brummig.

      »Du Dummkopf«, fuhr ihn Bob an. »Jetzt muß ich auch noch schauen, daß ich ein anderes bekomme. Du wirst alt, mein Lieber. Nimm deinen Verstand zusammen. Denk dran, was du dafür bekommst.« Eine Drohung schwang in seinen Worten mit, und Percy überlegte unwillkürlich, ob er Bob trauen konnte.

      *

      Almut von Thalau hatte das Hotel verlassen, um ein paar Bilderbücher für Jasmin zu besorgen. Es war schwierig, das lebhafte Kind bei so schlechtem Wetter, wie es heute herrschte, zu beschäftigen. Magnus war zur Orchesterprobe und kam erst am späten Nachmittag zurück.

      Nur noch acht Tage, dachte sie erleichtert, dann können wir umziehen. Jasmin wird einen Garten haben, in dem sie spielen kann.

      Die Buchhandlung war nicht weit vom Hotel entfernt. Sie war schon einmal mit Magnus dort gewesen.

      Mit leiser Stimme äußerte sie ihre Wünsche. Sie mußte sich auf die Verkäuferin verlassen, denn trotz der starken Augengläser konnte sie die Titel der Bücher, die ihr vorgelegt wurden, nicht erkennen, und auch die Bilder sah sie nur verschwommen.

      Plötzlich drang eine Stimme an ihr Ohr, die sie förmlich erstarren ließ. Sie suchte Halt an einem Regal. Ein paar Bücher fielen zu Boden. Ganz dicht stand der Mann hinter ihr, und sie war von Angst und Abwehr erfüllt.

      »Da habe ich aber Glück gehabt«, hörte sie ihn jetzt noch sagen. Das einschmeichelnde Lachen, das seinen Worten folgte, schien wohl der freundlichen Verkäuferin zu gelten.

      Ein Arm streifte Almut. »Pardon, Madame«, sagte die Stimme, und dann, sehen konnte sie ja kaum etwas, vernahm sie einen kurzen, heftigen Atemzug.

      »Ihr Wechselgeld, mein Herr«, rief die Verkäuferin, doch der Käufer reagierte offenbar nicht.

      »Das war aber ein komischer Mann«, bemerkte die Verkäuferin, »warum hatte er es denn plötzlich so eilig?«

      Almut ahnte es. Auch er mußte sie erkannt haben, trotz der Brille und der fünf Jahre, die zwischen damals und heute lagen. Sie war keines klaren Gedankens mehr fähig. Er war hier, in dieser Stadt! Nur mühsam konnte sie sich noch aufrechthalten.

      Wahllos griff sie nach ein paar Büchern. »Diese bitte«, sagte sie gepreßt. Das Kopfschütteln der Verkäuferin konnte sie nicht sehen. Sie zahlte mit einem großen Geldschein, nahm gedankenlos das Wechselgeld und hastete aus dem Laden, jede Vorsicht außer acht lassend. Sie hatte Glück. Sie stieß mit niemandem zusammen und erreichte auch das Hotel ohne Zwischenfall.

      Jasmin war gerade von ihrem Mittagsschlaf erwacht, als sie das Appartement betrat.

      »Du darfst aber nicht weggehen, Mami, wenn Onkel Magnus nicht da ist«, sagte sie vorwurfsvoll. »Und allein sollst du auch nicht weggehen, das weißt du doch.«

      Sie preßte das Kind an sich. »Ich werde nicht weggehen, mein Liebling«, stammelte sie. »Nie mehr werde ich dich auch nur eine Minute alleinlassen. Schau, ich habe dir nur ein paar Bücher geholt.«

      Jasmin war abgelenkt und wikkelte das Päckchen aus. »Aber es ist ja nur ein Bilderbuch, Mami«, meinte sie enttäuscht. »Die anderen sind nur Schrift.«

      »Dann haben sie mir sicher die falschen eingepackt«, murmelte Almut verwirrt. »Onkel Magnus wird sie umtauschen.«

      »Der Professor könnte dir wenigstens eine Brille geben, mit der du richtig gucken kannst«, meinte das Kind.

      Die Stimme des Mannes, mit dem alles Unheil für sie begonnen hatte, klang noch in ihren Ohren nach.

      »Warum sprichst du nicht mit mir, Mami?« fragte Jasmin. »Ich bin doch gar nicht böse, weil sie die falschen Bücher eingepackt haben.«

      Sie hielt ihr Kind in den Armen und drückte ihre Lippen in das weiche Haar. Unentwegt dachte sie dabei, warum ist er hier in der Stadt?

      *

      Annette war am frühen Nachmittag zu Dr. Salchow gefahren. Die Unterredung zog sich lange hin, und als sie endlich wieder auf der Straße stand, ließen sie die eindringlichen Worte des alten Anwalts, der ein Freund ihres Vaters gewesen war, noch immer nicht los.

      Sie war ja schon selbst zu der Erkenntnis gekommen, daß sie bodenlos leichtsinnig gehandelt hatte, aber es aus dem Munde eines anderen mit noch härteren Worten zu vernehmen, war demütigend.

      Sie hätte vorher mit Felicia darüber sprechen sollen, hatte er gesagt. Sie könnte das Geld nicht mit vollen Händen ausgeben, während sich ihre Schwester immer mit ihrem Monatswechsel begnügte, der doch wahrhaft ja auch ausreichend wäre. Diesmal müsse er leider darauf bestehen, sich das Wertobjekt zuerst anzuschauen, bevor er diese Riesensumme freigäbe.

      Das mußte sie nun Bob erklären. Hoffentlich nahm er nicht an, daß sie es nun darauf anlegte, das Amulett als Geschenk von ihm zu bekommen?

      Es heißt Farbe bekennen, Annette, sagte sie sich. Dr. Salchow hatte ihr vorgerechnet, wieviel Geld sie in diesem Jahr schon ausgegeben hatte.

      Von Geschäften verstand Annette nichts. Geld hatte für sie nie eine Rolle gespielt. Wie schwer andere Menschen ihr Brot verdienen mußten, hatte sie auch nie interessiert. Dr. Salchow hatte es ihr heute klargemacht, und sie dachte endlich einmal nach.

      Sie war niedergeschlagen und haderte mit sich. Als sie in die stille Villenstraße einbog, fuhr sie ganz langsam, um noch Zeit zu gewinnen. Vielleicht geht es mir eines Tages so wie den Meinhards, dachte sie beklommen, während sie zu dem feudalen

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