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– als wolle er sagen, dass es okay war – und packte dann seine Gitarre ein. Als sie gerade die Bühne verlassen wollte, rief jemand: »Johnny Trey!«

      Es war der durchgestylte Typ von vorhin, der jetzt auf die Bühne zukam und ihrem Vater zuwinkte, als würde er ihn kennen.

      »Mossy?« Ihr Vater klang völlig geschockt.

      »Höchstpersönlich, Amigo.« Der Mann wirkte vollkommen souverän und selbstsicher – als wüsste er genau, wer er war, und käme überall zurecht, selbst in einer kleinen Gemeinde in Alabama.

      »Komm her, Mann!« Ihr Vater sprang von der Bühne und nahm den Mann in die Arme. »Wie kommst du denn hierher?«

      »Lass dich ansehen«, sagte Mr Stylish und musterte ihren Vater von Kopf bis Fuß. »Alt geworden bist du!«

      Auch ihre Mutter stieß jetzt dazu. Sie sah so verwundert aus, wie Grace sich fühlte. »Mossy?«, fragte sie ungläubig.

      »Da ist sie ja«, sagte der Mann herzlich. »Shelly, Baby.«

      Jetzt umarmte er auch Grace’ Mutter. Grace hielt sich im Hintergrund und beobachtete die Szene. Sie hatte keine Ahnung, wer der Mann war und was da gerade vor sich ging.

      »Du bist nicht einen Tag älter geworden, Süße«, sagte der Geschniegelte gerade zu ihrer Mutter.

      »Oh, vielen Dank für die Blumen«, sagte sie fröhlich.

      »Was um alles in der Welt tust du hier, Mensch?«, fragte ihr Vater.

      Jetzt nickte der Fremde in Richtung Grace. »Und wer ist dieses junge Talent?«, fragte er ihren Vater.

      »Das ist Grace«, erklärte ihr Vater.

      Mr Stylish sah perplex aus. »Was?«

      »Unsere Tochter«, erklärte ihre Mutter. »Komm her, Grace. Ich möchte dir einen alten Freund vorstellen.«

      »Diese wunderschöne Dame ist die kleine Grace?« Er streckte die Hand aus, überlegte es sich dann aber anders und nahm Grace kurz, aber herzlich in die Arme. »Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, hattest du Windeln an.«

      »Grace«, sagte ihr Vater, »das hier ist Frank Mostin. Er war mein Manager.« Er lachte. »Er hat deinen alten Vater damals entdeckt.«

      »Hi.« Grace lächelte schüchtern.

      »Du siehst umwerfend aus.« Wie ihren Vater zuvor musterte Mossy jetzt auch sie von Kopf bis Fuß, doch diesmal sah er zufrieden aus. »Und du hast brillant gespielt!« Er nickte in Richtung der Bühne. »Naturtalent, wie?«

      Grace zog eine Grimasse, zuckte gleichgültig mit den Schultern und dankte ihm. Dachte der Typ wirklich, das sei gut gewesen? Verglichen damit, wie sie eigentlich spielen wollte, war die Anbetungszeit ein Witz.

      Als ihr klar wurde, dass der Typ sie immer noch musterte, fühlte sie sich plötzlich unwohl.

      »Okay«, sagte ihr Vater. »Ich bin komplett überrumpelt. Was führt dich in diese Gegend, Mann?«

      »Ich bin einfach so froh, euch mal wiederzusehen. Ihr habt mir gefehlt, und das meine ich ernst.« Er klopfte ihrem Vater auf die Schulter. »Und ich habe aufregende Neuigkeiten. Können wir uns hier irgendwo unterhalten?«

      Grace’ Mutter lud Mossy zu ihnen nach Hause ein, und ihr Vater gab ihm eine Wegbeschreibung. Auf dem Nachhauseweg ging es diesen Sonntag mal nicht um das, was in der Gemeinde so gewesen war. Es ging allein um Mossy. Warum er wohl hier war und welche Neuigkeiten er hatte? Ihr Vater schwärmte von der Zusammenarbeit mit Mossy. Seine Begeisterung über die »guten alten Zeiten« war dabei unüberhörbar.

      Ihre Mutter verpflichtete Grace dazu, beim Kochen zu helfen, und schon bald hatten sie sich alle in der Essecke versammelt, wo die Gespräche wieder nur um die alten Zeiten kreisten. Trotzdem hörte Grace interessiert zu. Tatsächlich war es amüsant, zu hören, wie Mossy über ihren Vater in jungen Jahren sprach, denn dadurch erschien dieser fast menschlich. Allerdings würgte ihr Vater Mossy ein paar Mal ab, als dieser ein paar ziemlich wilde Geschichten erzählen wollte. Wahrscheinlich, weil seine Tochter zuhörte.

      Während Grace und ihre Mutter den Tisch abräumten, plauderten Mossy und ihr Vater munter weiter. »Ich mach das hier fertig«, sagte ihre Mutter. »Bestimmt hast du genug andere Sachen zu tun, Liebes.«

      Doch Grace wollte eigentlich lieber bleiben und die doch ziemlich interessante Unterhaltung verfolgen. Da sah sie den Laptop ihrer Mutter auf dem Küchentresen stehen und hatte plötzlich eine Idee. »Hey, hast du dir mal die Monroe-Webseite angesehen?«, fragte sie und wies auf den Computer.

      Ihre Mutter lächelte. »In der Tat, das habe ich.« Schnell griff sie sich den Laptop und öffnete ihn. »Ich habe sie sogar gerade offen. Willst du mal sehen?«

      »Klar.« Grace setzte sich an den Tresen und gab vor, sich in die Seite zu vertiefen, obwohl sie natürlich sehr genau zuhörte, wie die Unterhaltung weiterging.

      »Ja«, sagte ihr Vater gerade. »Wir sind dann durch alle möglichen Gemeinden getingelt. Da hab ich dann meine Geschichte erzählt und …«

      »Moment mal«, unterbrach ihn Mossy. »Willst du mir damit sagen, dass du davon leben konntest, Gemeinden abzuklappern und deine Geschichte zu erzählen?«

      »Das habe ich jahrelang so gemacht«, erklärte ihr Vater. »Erst haben Grace und ich Musik gemacht, dann habe ich erzählt. Wir sind erst vor ein paar Jahren hierher gezogen.«

      »Was du da heute gemacht hast, ist also jetzt dein Job?«

      »Genau. Musikpastor. Wir bereiten auch ein Album vor. Ich habe ein paar Songs geschrieben, also … mal sehen.«

      »Christliche Songs?« Mossy klang skeptisch.

      »Anbetungslieder, ja … Aber mal ernsthaft – du bist doch nicht den ganzen Weg hierhergekommen, um meine Geschichte zu hören.«

      »Nein, aber es ist schön, das zu hören. Passt zu dem, weshalb ich hier bin. Also, dass du immer noch Musik machst und schreibst und so. Erinnerst du dich an Larry Reynolds?«

      »Klar.«

      »Weiß nicht, ob du das mitbekommen hast, aber seit ein paar Monaten ist er der Chef von Sapphire Music.«

      Grace sah interessiert vom Laptop auf. Sapphire war Renaes Plattenfirma.

      »Das ist toll.« Ihr Vater nickte.

      »Ja. Also habe ich meinem alten Freund mal einen Besuch abgestattet, um zu gratulieren und so. Und weißt du, was er als Erstes zu mir sagt? Er fängt an, über die American-Idol-Show in Schweden zu reden.«

      Grace bemerkte, dass ihr Vater nicht ganz folgen konnte – kein Wunder, wenn man hinter dem Mond lebte.

      »Du weißt gar nichts davon?« Mossy sah überrascht aus.

      Ihr Vater zuckte nur mit den Schultern.

      »Du bist echt völlig draußen, oder?« Mossy lachte. »Irgendein Jugendlicher hat Misunderstood bei der schwedischen Version von American Idol gesungen und damit gewonnen. Danach wurde es zu einem viralen Video.«

      »Welches Video?« Ihr Vater runzelte die Stirn.

      »Deins! Dieses Live-Video da. Mehr als hunderttausend Klicks.«

      »Wow!« Ihr Vater schien beeindruckt.

      »Ja, es kommt alles mal wieder, schätze ich. Jedenfalls sind Larry und ich dann noch einen trinken gegangen, und ehe ich mich versehe, habe ich ein Büro im Gebäude von Sapphire.«

      »Das ist toll, Mann!« Ihr Vater klopfte Mossy auf den Rücken. »Gratuliere!«

      »Ja, schon toll, wenn Freunde einander helfen. Aber das Beste kommt noch. Bist du bereit?« Mossys Augen funkelten vor Begeisterung. »Er und ich haben uns da was überlegt. Sapphire Music will dir ein Angebot machen.«

      Grace war so perplex, dass sie

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