Скачать книгу

Jungen – und für de Konserven.«

      Cäcilie sah sie erstaunt an.

      »Na ja!« fuhr Emma fort. »Wenn es denn heißt: Das is der Junge von der Konservenfabrik Berndt & Tie., was meinen Sie, wie soʼn lebendiges Plakat zieht!«

      Cäcilien leuchtete das ein.

      »Und was Sie da alles für Bekanntschaften machen!« reizte Emma die Probiermamsell.

      Die protestierte und rief entsetzt:

      »Gnädʼge Frau!«

      »Sagen Se das nich!« widersprach Emma.

      »Ich . . . bin . . »» rief die Probierdame atemlos.

      »Ich weiß!« beruhigte sie Emma. »Sie sind! Aber das macht nichts. – Ich bin ja bei Ihnen. Und in soʼm Fall, wo Ihnen jemand zu nahe tritt, da nehmʼ ich ʼn mir schon beiseite und bringʼ ihm bei, daß Se man nur ʼne Atrappe sind.«

      »Das ist ja toll!« rief die Probierdame.

      »Jewiß!« sagte Emma. – »Aber das macht nichts. Wissen Se, ich habʼ so ʼne Ahnung. . . .  Jlauben Sie übrigens an Ahnungen?«

      »Ja!« sagte die Probierdame.

      »Na sehʼn Se!« rief Emma. – »Denn müssen Seʼs einfach probieren. Ich sage Ihnen, das wird Ihr Glück!«

      »Ja, wie kommen Sie denn darauf?« fragte die Probierdame interessiert.

      »Pscht!« wehrte Emma geheimnisvoll ab. —

      »Nicht reden! sonst wirdʼs nichts! Also, Fräulein, wollʼn Se?«

      »Mein Gott, das ist doch unmöglich!«

      »I Gott bewahre! Bei unserer Jnädigen is nichts unmöglich – von wo sind Sie?«

      »Von Gerson.«

      »Sehn Se ʼmal an! Na, mit dem Mann wird sich doch reden lassen. Oder glauben Se, der macht Bankrott, wenn Sie zwei Monate lang bei Berndts Amme spielen?«

      »Ich werde das schon erledigen,« sagte Cäcilie, »schlimmsten Falls zahlt man drauf.«

      »Da hören Seʼs, Fräulein! – Bei uns is es so fein, da wird immer draufjezahlt.«

      »Und Ihre Ansprüche?« fragte Cäcilie.

      »Gott, ich weiß ja gar nicht – ich war ja noch nie – was hätte man denn da zu tun?«

      »Nichts!« erwiderte Emma.

      »Ich weiß ja auch gar nicht mit so was Bescheid.«

      »Sie haben nichts weiter zu tun, als hübsch auszusehen und alle Augen auf sich zu lenken.«

      »Auf den Jungen!« rief Cäcilie.

      »Vasteht sich! Das is natürlich der Zweck der Übung. Der Junge! – Na, und dann die Konserven!«

      »Und Sie meinen wirklich, daß ich auf diese Weise . . .?«

      »Pscht!« rief Emma und legte den Finger auf den Mund.

      »Und wann wäre das?«

      »Ich denke, daß es vorläufig genügt, wenn Sie meinen Sohn auf den Spaziergängen begleiten,« sagte Cäcilie. »Ob Sie nachher dann ganz zu uns kommen, nicht wahr, das müßte man dann erst sehen.«

      »Jewiß!« stimmte Emma bei. »Das heißt, morgens von zehn bis zwölf und nachmittags von . . . ach so, zu den Tees, da müßte sich das Fräulein denn wohl auch schon bemühen. Sie macht doch ʼne janz andre Figur als ich.«

      »Selbstredend!« erwiderte Cäcilie. »Was haben Sie in Ihrer jetzigen Stellung?«

      »Neunzig Mark.«

      »Schön. Ich will mit meinem Mann sprechen.

      Ich denke. wir geben Ihnen das Doppelte.«

      »Das heißt hundertfünfundzwanzig Mark,« sagte Emma

      Die Probierdame machte ein verständnisloses Gesicht und Cäcilie bestätigte:

      »So etwa!«

      »Sehn Se!« rief Emma. »Ich kennʼ mich aus!«

      »Sie heißen?« fragte Cäcilie.

      »Fiffi Lehmann.«

      »Wie reizend!« rief Cäcilie. »Fiffi! – Sie wohnen bei Ihren Eltern?«

      »I Gott bewahre!« erwiderte Emma. – »Wie wird se denn, wenn se Fiffi heißt.«

      »Bei Bekannten!« sagte Fräulein Lehmann.

      »Bei Bekannten wohnt sichʼs ja auch ganz nett,« meinte Emma, nahm eins der Spreewälder Kostüme heraus und sagte: »Ja, Fräulein Fiffi, dann werdʼn Se wohl ʼmal in so ʼne Garnitur steigen müssen.« Fiffi zog Rock und Bluse aus, und Emma half ihr in eins der Kleider.

      »Nu, was sagen Se?« fragte Emma.

      »Prächtig! prächtig!« rief Cäcilie. – »So ʼne Amme soll uns noch ʼmal jemand nachmachen!«

      Fiffi sah in den Spiegel und gefiel sich.

      »Kann ich denn dazu die Lackschuhe und die seidenen Strümpfe tragen?«

      »Erst recht! erst recht!« rief Emma. »Nu machen Se man gar keine Faxen weiter und kommen Se! Sehn Se bloß, wie die Sonne scheint! Jetzt fahrʼn wir jleich mit dem Jungen in de Siegesallee!«

      »Und Gerson?« fragte Fiffi unschlüssig.

      »Das erledigt die Jnädige – Also denn!« Sie nahm Fräulein Lehmann unter den Arm und ging mit ihr hinaus. – »Na, der Junge wird Augen machen!« sagte sie.

      »Und Sie meinen wirklich . . .?«

      »Pscht!« rief Emma und hielt ihr den Mund zu.

      Eine Viertelstunde später fuhr Fiffi den jungen Günther durch die Siegesallee.

      Emma ging triumphierend daneben.

      Fiffi fiel jedem, der vorüber kam, auf. Die Leute blieben stehen und sahen ihr nach. Mehr als einmal hätte Emma nur ein paar Schritte zurückzubleiben brauchen – und Günther hätte seine erste Straßenbekanntschaft gemacht. —

      Fiffi machte auch auf Leo einen ausgezeichneten Eindruck. Zwar schien ihm als Kaufmann Zweck und Notwendigkeit dieser Neuerwerbung nicht einwandsfrei erwiesen. Doch irgend etwas in ihm sträubte sich dagegen, diesen Zuwachs seines Hauspersonals zahlenmäßig zu werten.

      Es war dasselbe Gefühl, das ihn bei der Lösung der Etikettenfrage leitete. Denn Fiffi ließ sich schwer in das Hauspersonal einreihen. Sie behauptete, höhere Töchterschulbildung zu besitzen und zur Erweiterung ihrer französischen Kenntnisse längere Zeit in Paris gewesen zu sein.

      Beiden Berndts fehlte die Fähigkeit zur Nachprüfung. Französische Seifen und Parfüms und ein Dorinlappen, mit dem sie sich alle halbe Stunde leidenschaftlich die Nägel polierte, waren keine stichhaltigen Beweise. Und daß sie zu Cäcilie nie anders als Madame, statt danke merci und zu Günther, wenn sie gutgelaunt war, Cheri sagte – nun ja, allʼ das sprach für die Richtigkeit ihrer Angaben, schließlich aber waren das Dinge, die man sich auch ohne Spezialstudium in Paris aneignen konnte.

      Jedenfalls: Dienstpersonal im üblichen Sinne war Fiffi nicht. Man konnte sie nicht an die Leutetafel setzen; und sie in ihrem Spreewälderkostüm mit dem Charakter einer Gouvernante oder Hausdame zu den herrschaftlichen Mahlzeiten heranzuziehen, war gleichfalls unmöglich.

      Auch Franz, der sonst stets Rat wußte, fand keine andere Lösung als: selbständige Haushaltung. – Fiffi bekam im Seitenflügel der Villa ihre eigenen Räume, aß auf ihrem Zimmer, und ihre Lebensführung glich der eines kostbaren Vollbluts. Sie wurde von der Dienerschaft abgewartet und verwöhnt. Früh am Morgen wurde sie von der Zofe frisiert und machte Toilette. Dann wurde sie von Emma abgeholt, vor Günthers Wagen gespannt und zwei Stunden im Freien bewegt. Nachmittags, wenn Besuch kam, fanden Besichtigungen statt, die sie von Gerson her gewöhnt war. Und dann erschien bei gutem Wetter Emma noch einmal, um sie zu einem zweiten Spaziergang zu holen. Von sieben ab aber war sie sich selbst überlassen und war freie Herrin ihrer Zeit.

      So vergingen Wochen

Скачать книгу