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armen Kindes fiel falsch auf und sie konnte sich nicht mehr erheben. Sie hat sich, glaube ich, den Knöchel verstaucht.«

      »Oh, mein Gott!« rief Athos, »und Frau von Saint-Remy, ihre Mutter, ist sie davon benachrichtigt?«

      »Nein, Herr. Frau von Saint-Remy ist in Blois bei der Frau Herzogin von Orleans. Ich fürchte, die erste Hilfe könnte schlecht angewendet werden, und eilte hierher, um Euch um Rath zu fragen.«

      »Schickt geschwinde nach Blois, Raoul, oder vielmehr nehmt Euer Pferd und reitet schleunigst selbst dahin.«

      Raoul verbeugte sich.

      »Aber wo ist Louise?« fuhr der Graf fort.

      »Ich habe sie bis hierher gebracht und bei der Frau von Charlot abgesetzt, welche sie mittlerweile den Fuß in Eiswasser stecken ließ.«

      Nach dieser Erklärung, welche eine Gelegenheit zum Aufbruche bot, nahmen die Gäste von Athos Abschied von diesem; der alte Herzog von Barbé allein, der in Folge einer zwanzigjährigen Freundschaft mit dem Hause de la Vallière vertraulich zu Werke ging, suchte dies kleine Louise auf, welche weinte, aber, als sie Raoul erblickte, ihre schönen Augen abtrocknete und wieder lächelte.

      Der Herzog machte nun den Vorschlag sie in seinem Wagen nach Blois zu führen.

      »Ihr habt Recht, gnädiger Herr,« sagte Athos »sie wird früher bei ihrer Mutter sein; Ihr, Raoul, werdet wohl unbesonnen gehandelt haben und seid an diesem Unfall schuld.«

      »Oh! nein, nein, Herr, ich schwöre es Euch!« rief das Mädchen, während der junge Mann bei dem Gedanken, vielleicht die Ursache dieses Unfalls zu sein, erbleichte.

      »Oh Herr, ich versichere Euch,« murmelte Raoul. »Ihr geht nichtsdestoweniger nach Blois,« fuhr der Graf wohlwollend fort, und entschuldigt Euch und mich bei Frau von Saint-Remy; dann kehrt Ihr zurück.«

      Die Farben erschienen wieder aus den Wangen des Jünglings; nachdem er mit den Augen den Grafen gefragt hatte, nahm er in seine bereits kräftigen Arme das kleine Mädchen, dessen hübscher, vom Schmerze bewegter und zugleich lächelnder Kopf auf seinen Schultern ruhte, und trug es sachte in den Wagen; dann sprang er mit der Leichtigkeit und Eleganz eines vollendeten Stallmeisters zu Pferde, begrüßte Athos und d’Artagnan und entfernte sich rasch, neben dem Schlage des Wagens reitend, in dessen Inneres seine Blicke beständig geheftet blieben.

       XVI

      Das Schloß Bragelonne

      D’Artagnan war während dieser ganzen Scene gleichsam Augen und Mund aufgesperrt geblieben; er fand die Dinge so wenig seiner Vorhersehung entsprechend, daß er sich von seinem Erstaunen gar nicht erholen konnte.

      Athos reichte ihm den Arm und führte ihn in den Garten.

      »Während man uns Abendbrod bereitet,« sagte er lächelnd, »wird es Euch nicht unangenehm sein, nicht wahr, mein lieber Freund, ein wenig Licht über dieses ganze Geheimniß zu bekommen, das Euch in Träume versenkt?«

      »Allerdings, Herr Graf,« erwiderte d’Artagnan, welcher fühlte, wie Athos allmälig die ungeheure Ueberlegenheit der Aristokratie wieder über ihn gewann, die er immer gehabt hatte.

      Athos schaute ihn mit seinem sanften Lächeln an.

      »Vor Allem, mein lieber d’Artagnan,« sprach er, »gibt es hier keinen Herrn Grafen. Wenn ich Euch Chevalier nannte, so geschah es, weil ich Euch meinen Gästen vorstellte und damit sie wüßten, wer Ihr wäret, aber für Euch bin ich hoffentlich stets Athos, Euer Gefährte, Euer Freund. Oder zieht Ihr vielleicht das Ceremoniel vor, weil Ihr mich minder liebt.«

      »Oh! Gott behüte mich!« rief der Gascogner mit einem von den loyalen Jugend-Ausbrüchen wie man sie so selten im reiferen Alter wieder findet.

      »Dann wollen wir zu unseren Gewohnheiten zurückkehren und, um damit anzufangen, offenherzig sein. Alles setzt Euch hier in Erstaunen?«

      »In ein tiefes Erstaunen.«

      »Aber worüber Ihr Euch am meisten wundert,« sagte Athos lächelnd, »das bin ich, gesteht es nur.«

      »Ich gestehe es.«

      »Ich bin noch jung, nicht wahr, trotz meiner neunundvierzig Jahre? Ich bin noch zu erkennen.«

      »Ganz im Gegentheil,« erwiderte d’Artagnan, bereit die Aufforderung von Athos, offenherzig zu sein, -zu über- treiben, »Ihr seid es nicht mehr.«

      »Ah! ich begreife,« sprach Athos leicht erröthend, »Alles hat sein Ende, d’Artagnan, die Narrheit, wie jede andere Sache.«

      Sodann ist eine Veränderung in Euren Vermögensumständen vorgegangen. Ihr seid herrlich quartirt, dieses Haus gehört Euch, wie ich voraussehe.«

      »Ja, das ist das kleine Gut, Ihr wißt, mein Freund, von dem ich, als ich den Dienst verließ, Euch sagte, ich hätte es geerbt.«

      »Ihr habt einen Park, Pferde-. Equipagen.«

      Athos lächelte und erwidertet:

      »Der Park hat zwanzig Morgen, wozu der Küchengarten und die Gesindewohnungen gehören. Die Zahl meiner Pferde beläuft sich auf zwei, wobei ich, wohl verstanden, den Stumpfohr meines Bedienten nicht rechne. Meine Equipagen beschränken sich auf vier Leithunde, zwei Windhunde und einen Hühnerhund. Und dieser ganze Meute-Luxus ist nicht einmal für mich,« fügte Athos lächelnd bei.

      »Ich begreife,« versetzte d’Artagnan, »er ist für den jungen Menschen, für Raoul.«

      Und d’Artagnan schaute Athos unwillkürlich lächelnd an.

      »Ihr habt es errathen, mein Freund,« sprach Athos.

      »Und der junge Mensch ist Euer Tischgenosse, Euer Taufpathe, vielleicht Euer Vetter! Ah! wie habt Ihr Euch doch verändert, mein lieber Athos.«

      »Dieser junge Mensch,« erwiderte Athos ruhig, »dieser junge Mensch ist eine Waise, d’Artagnan, die seine Mutter bei einem armen Landpfarrer zurückgelassen hatte; ich habe sie ausgezogen.«

      »Der Knabe muß sehr anhänglich an Euch sein?«

      »Ich glaube, er liebt mich, als wäre ich sein Vater.«

      »Er ist sehr dankbar?«

      »Oh! was die Dankbarkeit betrifft,« versetzte Athos, »sie ist gegenseitig, ich bin ihm eben so viel schuldig, als er mir, und, ich sage es ihm nicht, aber Euch, ich bin ihm noch verpflichtet.«

      »Wie dies?« fragte der Musketier erstaunt.

      »Ei, mein Gott, ja! Er hat in mir die Veränderung hervorgebracht, die Ihr wahrnehmt, ich verdorrte, wie ein armer, vereinzelter Baum, welcher durch kein Band mehr mit der Erde zusammenhängt; nur eine tiefe Neigung konnte mich wieder im Leben Wurzel schlagen lassen. Eine Geliebte? ich war zu alt. Freunde? ich hatte Euch nicht mehr bei mir. Dieser Knabe ließ mich nun Alles wiederfinden, was ich verloren hattet ich hatte nicht mehr den Muth, für mich zu leben, ich lebte für ihn. Die Lectionen sind viel für ein Kind; das Beispiel ist noch mehr werth. Ich gab ihm das Beispiel, d’Artagnan. Die Fehler, welche ich hatte, legte ich ab, die Tugenden, die ich nicht hatte, gab ich mir den Anschein zu besitzen. Ich glaube nicht, daß ich mich täusche, d’Artagnan, Raoul ist bestimmt, ein so vollkommener Edelmann zu sein, als es unserem verarmten Zeitalter einen zu liefern vergönnt ist.«

      D’Artagnan scharrte Athos mit wachsender Bewunderung an; sie spazierten unter einer schattigen, kühlen Allee, durch welche schräg einige Strahlen der untergehenden Sonne schossen. Einer von diesen goldenen Strahlen beleuchtet das Antlitz von Athos, und seine Augen schienen das ruhige Feuer des Abends, welches sie empfingen, wieder von sich zu geben.«

      Der Gedanke an Mylady regte sich in dem Geiste von d’Artagnan.

      »Und Ihr seid glücklich?« sagte er zu seinem Freunde.

      Das scharfe Auge von Athos drang bis in die Tiefe des Herzens von d’Artagnan und schien darin seine Gedanken zu lesen.

      »So glücklich, als es einem Geschöpfe Gottes auf Erden zu sein gestattet ist. Aber vollendet Euren Gedanken, d’Artagnan, Ihr habt ihn mir nicht ganz gesagt.«

      »Ihr

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