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aufhob; »und nun, Madame, habe ich mir, wie ich hoffe, Ihre Freundschaft erworben?«

      »Die Ihrige ist mir so kostbar, daß ich in der That unter der Herrschaft eines Traumes zu stehen glaube,« antwortete die alte Dame, während sie ihre Verbeugung begann.

      »Wir wollen die Sache noch einmal durchgehen,« sprach Jean, der dem Innern der Gräfin die ganze Bestimmtheit geben wollte, welche der Geist braucht, um die materiellen Dinge zum Ziele zu führen. »Hören Sie, zuerst hunderttausend Livres als Entschädigung für Prozeßkosten, Reisen, Advokatengebühren u.s.w. u.s.w. u.s.w.«

      »Ja, mein Herr«

      »Eine Lieutenantsstelle für den jungen Grafen.«

      »Oh! das wird für ihn die Eröffnung einer herrlichen Laufbahn sein.«

      »Und etwas für meinen Neffen, nicht wahr?«

      »Etwas?«

      »Man wird dieses Etwas finden; ich habe es bereits gesagt; das ist meine Sache.«

      »Und wann werde ich die Ehre haben, Sie wiederzusehen, Frau Gräfin?« fragte die alte Dame.

      »Morgen früh, meine Carrosse erwartet Sie vor Ihrer Thüre, Madame, um Sie nach Luciennes zu führen, wo der König sein wird. Morgen um zehn Uhr habe ich mein Versprechen erfüllt. Seine Majestät ist benachrichtigt, und Sie haben nicht zu warten.

      »Erlauben Sie, daß ich Sie begleite,« sagte Jean, indem er der Gräfin seinen Arm bot.

      »Ich werde es nicht dulden, mein Herr,« entgegnete die alte Dame; »ich bitte, bleiben Sie.«

      Jean beharrte auf seinem Anerbieten.

      »Wenigstens bis oben an die Treppe.«

      »Da Sie es durchaus wollen  . . .«

      Und sie nahm den Arm des Vicomte.

      »Zamore!« rief die Gräfin.

      Zamore lief herbei.

      »Man leuchte Madame bis auf die Freitreppe und lasse den Wagen meines Bruders vorfahren.«

      Zamore schoß fort wie ein Pfeil.

      »In der That, Sie überhäufen mich mit Güte,« sagte Frau von Béarn.

      Und die zwei Frauen tauschten eine neue Verbeugung aus.

      Oben an der Treppe verließ der Vicomte Jean den Arm von Frau von Béarn, und kehrte zu seiner Schwester zurück, während die alte Dame majestätisch die große Treppe hinabstieg.

      Zamore marschirte voraus; ihm folgten zwei Bedienten mit Fackeln, dann kam Frau von Béarn, deren etwas kurze Schleppe ein dritter Lackei trug.

      Der Bruder und die Schwester schauten durch ein Fenster, um dieser kostbaren, mit so viel Mühe gesuchten, und mit so großen Schwierigkeit gefundenen Pathin bis zu ihrem Wagen zu folgen.

      In dem Augenblick, wo Frau von Béarn unten an die Freitreppe kam, fuhr ein Wagen in den Hof und eine junge Frau sprang leicht heraus.

      »Ah! Frau Chon,« rief Zamore, indem er seine dicken Lippen übermäßig öffnete; »guten Abend, Frau Chon.«

      Frau von Béarn blieb einen Fuß in der Luft stehen; sie hatte in der Ankommenden ihren Besuch, die falsche Tochter von Meister Flageot, erkannt.

      Dubarry öffnete hastig sein Fenster und machte von hier aus seiner Schwester, welche ihn nicht sah, furchtbare Zeichen.

      »Ist dieser kleine Dummkopf von einem Gilbert hier?« fragte Chon die Bedienten, ohne die Gräfin zu sehen.

      »Nein, Madame,« antwortete einer von ihnen.

      Nun erst schlug sie die Augen auf und erblickte die Signale von Jean.

      Sie folgte der Richtung seiner gegen Frau von Béarn ausgestreckten Hand.

      Chon erkannte diese, stieß einen Schrei aus, drückte ihre Kopfbedeckung nieder, und verschwand im Vorhause.

      Die Alte stieg, ohne daß es schien, als hätte sie etwas bemerkt, in den Wagen und gab dem Kutscher ihre Adresse.

       XXXII.

      Der König langweilt sich

      Der König, welcher gemäß seiner Ankündigung nach Marly abgegangen war, gab gegen drei Uhr Nachmittags Befehl, ihn nach Luciennes zu führen.

      Er mußte voraussetzen, Madame Dubarry würde nach Empfang seines kleinen Billets schleunigst Versailles ebenfalls verlassen, um ihn in dem reizenden Hause zu erwarten, das sie sich hatte bauen lassen, und das der König bereits mehrere Male besucht, ohne jedoch eine Nacht daselbst zuzubringen, unter dem Vorwande, Luciennes sei kein königliches Schloß.

      Er war in hohem Maße erstaunt, als er bei seiner Ankunft Zamore sehr wenig stolz und sehr wenig Gouverneur fand, sondern im Gegentheil sah, wie er dem Papagei, der ihn zu beißen suchte, die Federn ausrupfte.

      Die zwei Günstlinge rivalisirten wie, Herr von Choiseul und Madame Dubarry.

      Der König begab sich in den kleinen Salon und schickte sein Gefolge weg.

      Er hatte nicht die Gewohnheit, die Diener zu befragen, obgleich er der neugierigste Edelmann seines Königreiches war; aber Zamore war etwas, das einen Rang zwischen dem kleinen Affen und dem kleinen Papagei einnahm.

      Der König befragte also Zamore:

      »Ist die Frau Gräfin im Garten?«

      »Nein, Meister,« sagte Zamore.

      Dieses Wort ersetzte den Titel Majestät, dessen Madame Dubarry in einer ihrer Launen den König in Luciennes beraubt hatte.

      »Dann ist sie bei den Karpfen?«

      Man hatte mit großen Kosten einen See auf dem Berge gegraben, man hatte ihn mit dem Wasser des Aquäducts gespeist und die schönsten Karpfen von Versailles dahin verpflanzt.

      »Nein, Meister,« antwortete Zamore abermals.

      »Wo ist sie denn?«

      »In Paris, Meister.«

      »Wie, in Paris!  . . . Die Gräfin ist nicht nach Luciennes gefahren?  . . .«

      »Nein, Meister, aber sie hat Zamore geschickt.«

      »Warum dies?«

      »Um hier den König zu erwarten.«

      »Ah! ah!« rief Ludwig XV., »man überträgt Dir die Sorge, mich zu empfangen? Es ist etwas Reizendes um die Gesellschaft von Zamore! ich danke, Gräfin, ich danke!«

      Und der König erhob sich etwas ärgerlich.

      »O nein,« sprach der Neger, »der König wird nicht die Gesellschaft von Zamore haben.«

      »Und warum?«

      »Weil Zamore geht.«

      »Wohin gehst Du?«

      »Nach Paris.«

      »Ah! ich werde also allein bleiben? Immer besser. Aber was machst Du in Paris?«

      »Ich kehre zur Meisterin Barry zurück und melde ihr, der König sey in Luciennes.«

      »Ah! ah! die Gräfin hat Dich beauftragt, mir das zu sagen?«

      »Ja, Meister.«

      »Und sie hat nicht gesagt, was ich mittlerweile thun würde?«

      »Sie hat gesagt, Du würdest schlafen.«

      »Sie wird wohl nicht lange ausbleiben,« dachte der König; »ohne Zweifel bereitet sie mir eine neue Ueberraschung.«

      Dann sprach er laut:

      »Geh also geschwinde und bringe die Gräfin zurück. Doch wie machst Du den Weg?«

      »Auf dem großen Schimmel, mit der rothen Schabracke.«

      »Und wie viel Zeit braucht der große Schimmel, um Paris zu erreichen?«

      »Ich weiß nicht,« sagte der Neger, »doch er geht geschwinde, geschwinde. Zamore liebt es,

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