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Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Nun, mein lieber Herr Flageot, ich bin es.«
»Ah! ja wohl’’ erwiederte Herr Flageot, »das sehe ich, Frau Gräfin.«
Dann schloß der Advokat schamhaft seinen Schlafrock und führte die Gräfin zu einem Lehnstuhle in dem hellsten Winkel des Cabinets, wobei er indessen kluger Weise Papiere von seinem Schreibtisch entfernte, denn er kannte ihre Neugierde.
»Erlauben sie nur nun gütigst, Madame, daß ich meine Freude über eine so angenehme Ueberraschung ausdrücke,« sagte artiger Weise Meister Flageot.
Im Hintergrunde ihres Lehnstuhles sitzend, hob Frau von Béarn in diesem Augenblick die Füße auf, um zwischen der Erde und ihren Schuhen von brochirtem Atlaß den nöthigen Zwischenraum für ein ledernes Kissen zu lassen, das Marguerite vor sie legte. Bei den Worten des Advokaten richtete sie sich aber rasch auf, drücke ihre Nase mit der Brille zusammen, die sie aus ihrem Etui gezogen hatte, um Herrn Flageot besser zu sehen, und rief:
»Wie, Ueberraschung?«
»Allerdings, ich glaubte, Sie wären auf Ihren Gütern, Madame,« antwortete der Advokat, der sich hier einer liebenswürdigen Schmeichelei bediente, um die drei Morgen Gemüsegarten von Frau von Béarn zu bezeichnen.
»Ich war dort, wie Sie sehen; aber auf Ihr erstes Signal verließ ich meine Güter.«
»Auf mein erstes Signal?« erwiederte der Advokat erstaunt.
»Auf Ihr erstes Signal, auf ihre erste Nachricht, auf Ihren ersten Rath, wie Sie wollen.«
Die Augen von Herrn Flageot wurden groß wie die Brillengläser der Gräfin.
»Ich hoffe, daß ich Eile angewendet habe, und daß Sie mit mir zufrieden sein werden,« fuhr die Gräfin fort.
»Entzückt, Madame, wie immer; doch erlauben Sie mir, Ihnen zu bemerken, daß ich auf keine Weise sehe, was ich hierin zu thun habe.«
»Wie!« rief die Gräfin, »was Sie zu thun haben? Alles, oder vielmehr Sie haben Alles gethan.«
»Ich?«
»Gewiß, Sie . . . Nun! es gibt also Neuigkeiten hier?«
O! ja, Madame, man sagt, der König sinne auf einen Staatsstreich gegen das Parlament. Doch darf ich Ihnen vielleicht etwas anbieten?«
»Es handelt sich wohl um den König, es handelt sich wohl um einen Staatsstreich?«
»Um was handelt es sich denn, Madame?«
»Es handelt sich um meinen Prozeß. In Beziehung auf meinen Prozeß fragte ich Sie, ob es nichts Neues hier gebe.«
»Oh! was das betrifft,« versetzte Herr Flageot, traurig den Kopf schüttelnd, »nichts, Madame, durchaus nichts.«
»Das heißt nichts . . .«
»Nein, nichts.«
»Nichts, seitdem ich Ihre Tochter gesprochen habe.« Da dies aber vorgestern der Fall gewesen ist, so begreife ich, daß sich nichts Großes seit diesem Augenblick ereignet haben kann.«
»Meine Tochter, Madame?«
»Ja.«
»Sie haben gesagt, meine Tochter?«
»Allerdings Ihre Tochter, diejenige, welche Sie zu mir schickten.«
»Verzeihen Sie, Madame, ich kann Ihnen unmöglich meine Tochter geschickt haben.«
»Unmöglich!«
»Aus einem äußerst einfachen Grunde, ich habe nämlich keine.«
»Sind Sie dessen gewiß?« rief die Gräfin.
»Madame, ich habe die Ehre, Junggeselle zu sein,« antwortete Herr Flageot.
»Gehen Sie doch!« versetzte die Gräfin.
Herr Flageot wurde unruhig; er rief Marguerite, daß sie die der Gräfin angebotenen Erfrischungen bringe, und besonders, daß sie diese bewache.
»Arme Frau,« dachte er, »ihr Kopf ist in Verwirrung gerathen.«
»Wie,« sagte die Gräfin, »Sie haben keine Tochter?«
»Nein, Madame.«
»Eine in Straßburg verheirathete Tochter?«
»Nein, Madame, nein, tausendmal nein.«
»Und Sie haben diese Tochter nicht beauftragt,« fuhr die Gräfin ihren Gedanken verfolgend fort, »Sie haben diese Tochter nicht beauftragt, mir auf der Durchreise mitzutheilen, mein Prozeß sei in die Liste eingetragen.«
»Nein.«
Die Gräfin geberdete sich auf das Heftigste in ihrem Lehnstuhl, und schlug mit beiden Händen auf ihre Kniee.
»Trinken Sie ein wenig, Frau Gräfin,« sagte Herr Flageot, »es wird Ihnen wohl thun.«
Zu gleicher Zeit machte er Marguerite ein Zeichen, und diese näherte« sich Frau von Béarn mit zwei Gläsern Bier auf einer Platte; doch die alte Dame hatte keinen Durst und stieß Platte und Gläser so ungestüm zurück, daß sich Mademoiselle Marguerite, welche einiger Vorrechte im Hause theilhaftig zu sein schien, dadurch verletzt fühlte.
»Sprechen Sie, sprechen Sie,« sagte die Gräfin, indem sie Herrn Flageot unter ihrer Brille hervor anschaute, »erklären wir uns ein wenig, wenn’s beliebt.«
»Mit Vergnügen,« antwortete der Advokat; »bleiben Sie, Marguerite, Madame hat vielleicht sogleich die Güte zu trinken; erklären wir uns.«
»Ja, erklären wir uns, wenn es Ihnen gefällig ist, denn Sie sind heute unbegreiflich, mein lieber Herr Flageot; bei meinem Ehrenwort, man sollte glauben, es wäre seit der Hitze in Ihrem Kopfe nicht richtig.«
»Aergern Sie sich nicht, Madame,« sprach der Advokat, und ließ seinen Lehnstuhl auf den zwei Hinterfüßen manoeuvriren, »ärgern Sie sich nicht, und lassen Sie uns plaudern.«
»Ja, plaudern wir. Sie sagen, Sie haben keine Tochter, Herr Flageot?«
»Nein, Madame, und ich bedaure es aufrichtig, weil Ihnen dies, wie es scheint, angenehm wäre, obgleich . . .«
»Obgleich . . .« wiederholte die Gräfin.
»Obgleich ich meines Theils einen Knaben vorziehen würde, die Knaben gedeihen besser, oder nehmen vielmehr weniger eine schlimme Richtung in diesen Zeitläufen.«
Frau von Béarn faltete ihre beiden Hände mit einer tiefen Unruhe.
»Wie,« sagte sie, »Sie haben mich nicht durch irgend eine Schwester, eine Nichte, eine Base nach Paris beschieden?«
»Ich habe nicht daran gedacht, Madame, da ich wohl weiß, wie kostspielig der Aufenthalt in Paris ist.«
»Aber mein Prozeß?«
»Ich behalte mir vor, Sie zu benachrichtigen, wenn er zur Verhandlung kommt, Madame.«
»Wie, wenn er zur Verhandlung kommt?«
»Ja.«
»Es ist dies also nicht bereits der Fall?«
»Nicht, daß ich wüßte, Madame.«
»Mein Prozeß ist nicht dem Gericht vorgelegt?«
»Nein.«
»Es ist nicht die Rede von einer baldigen Apellation?«
»Nein, Madame, mein Gott, nein.«
»Dann hat man mich hintergangen, man hat unwürdig seinen Spott mit mir getrieben,« rief die alte Dame aufstehend.
Herr Flageot hißte seine Perücke oben auf seine Stirne und murmelte:
»Ich befürchte beinahe, Madame.«
»Meister Flageot!« rief die Gräfin.
Der Advokat sprang von seinem Stuhle auf und machte Marguerite, welche sich bereit hielt, ihrem Herrn beizustehen, ein Zeichen.
»Meister Flageot,« fuhr die Gräfin fort, »ich werde diese Demüthigung nicht dulden, und mich