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richtig, Sire, daß ich den wahren Beweggrund des Rückzuges meiner Schwester gefunden zu haben glaube,« fuhr Madame Adelaide fort.

      »Ihr täuscht Euch.«

      »Oh! Sire,« wiederholten gleichzeitig und den Kopf von oben nach unten schüttelnd Madame Victoire und Madame Sophie; »oh! Sire, wir sind unserer Sache gewiß.«

      »Potz tausend!« unterbrach sie Ludwig XV.. »nicht mehr und nicht minder als ein Vater von Molière. Ah! ah! man verbindet sich zu derselben Meinung, wie ich sehe. Ich habe eine Verschwörung in meiner Familie, wie mir scheint. Deshalb also konnte diese Vorstellung nicht stattfinden, deshalb sind die Damen nicht zu Hause, wenn man ihnen Besuch machen will, deshalb geben sie keine Antwort auf Gesuche, auf Audienzbitten.«

      »Auf welche Gesuche, auf welche Audienzbitten?« fragte Madame Adelaide.

      »Ei, Sie wissen es wohl: auf die Bittschriften von Mademoiselle Jeanne Vaubernier.« sagte Madame Sophie.

      »Nein, auf die Audienzbitten von Mademoiselle Lange,« versetzte Madame Victoire.

      Der König stand wüthend auf; sein sonst so sanftes Auge schleuderte einen für die drei Schwestern nicht sehr beruhigenden Blitz, und da sich in dem königlichen Trio keine Heldin fand, welche im Stande war, den väterlichen Zorn auszuhalten, so beugten alle drei die Stirne unter dem Sturm.

      »Auf diese Art benehmt Ihr Euch, um mir zu beweisen, daß ich mich täuschte, wenn ich sagte, die beste von den vier Schwestern sei abgereist,« rief der König.

      »Sire,« sprach Madame Adelaide, »Eure Majestät behandelt uns schlecht, schlechter als ihre Hunde.«

      »Ich glaube es wohl, meine Hunde liebkosen mich, wenn ich komme, meine Hunde sind wahre Freunde. Lebt wohl, meine Damen. Ich will Charlotte, Belle-Fille und Gredinet besuchen. Arme Thiere, ja, ich liebe sie, und ich liebe sie besonders, weil sie das Gute haben, daß sie nicht die Wahrheit bellen.«

      Der König entfernte sich wüthend, aber er hatte nicht vier Schritte im Vorzimmer gemacht, als er seine drei Töchter im Chor singen hörte:

      Dans Paris, la grand’ville,

      Garçons, femmes et filles

      Ont tous le coeur débile

      Et poussent des Hélas! Ah! ah! ah! ah!

      La maîtresse de Blaise

      Est trés-mal à son aise,

      Aise,

      Aise,

      Aise,

      Elle est sur le grabat. Ah! ah! Ah!18

      Dies war die erste Strophe eines Vaudeville gegen Madame Dubarry, das in den Straßen von Paris unter dem Titel: die schöne Bourbonnaise, gesungen wurde.

      Der König war nahe daran, umzukehren, und die Damen hätten sich vielleicht bei dieser Rückkehr schlecht befunden, aber er bewältigte sich, ging seines Wegs und rief, um nicht zu hören:

      »Der Herr Kapitän der Windspiele, holla! der Herr Kapitän der Windspiele!«

      Der Officier, den man mit diesem seltsamen Namen schmückte, lief herbei:

      »Man öffne das Cabinet der Hunde,« sprach der König.

      »O Sire!« rief der Officier, indem er sich Ludwig XV. entgegen warf, »Eure Majestät mache keinen Schritt mehr.«

      »Nun! was gibt es?« sprach der König und blieb aus der Schwelle der Thüre stehen, unter welcher pfeifend der Athem von Hunden hervorkam, die ihren Herrn rochen.

      »Sire,« sprach der Officier, »verzeihen Sie meinem Eifer, aber ich kann nicht zugeben, daß der König bei den Hunden eintritt!«

      »Oh ja! ich begreife, das Cabinet ist nicht in Ordnung  . . . nun! lassen sie Gredinet herauskommen.«

      »Sire,« stammelte der Officier, dessen Gesicht Bestürzung ausdrückte, »Gredinet hat seit zwei Tagen nichts gesoffen und nichts gefressen und man befürchtet, er sei wüthend.«

      »Oh! ich bin offenbar der unglücklichste aller Menschen, Gredinet wüthend!« rief der König, »das würde das Maß meines Kummers voll machen.«

      Der Officier der Windspiele glaubte, um die Scene zu beleben, eine Thräne vergießen zu müssen.

      Der König wandte sich auf den Fersen um, und kehrte in sein Cabinet zurück, wo ihn sein Kammerdiener erwartete.

      Als dieser das verstörte Gesicht des Königs wahrnahm, verbarg er sich in einer Fenstervertiefung.

      »Ah! ich sehe es wohl,« murmelte der König, ohne auf diesen treuen Diener Achtung zu geben, der kein Mann für den König war, und während er mit großen Schritten in seinem Cabinet auf und ab ging: »ah! ich sehe es wohl, Herr von Choiseul spottet meiner, der Dauphin betrachtet sich bereits, als wäre er halb Herr, und glaubt, er werde es ganz sein, wenn er seine Osterreicherin auf den Thron habe sitzen lassen. Louise liebt mich, aber sie ist sehr hart, da sie mir Moral predigt und fortgeht. Der Herr Graf von Provence übersetzt Lucrez. Der Herr Graf von Artois ist ein Straßenläufer. Meine Hunde werden wüthend und wollen mich beißen. Offenbar liebt mich nur diese arme Gräfin. Zum Teufel also diejenigen, welche ihr Mißvergnügen machen wollen!«

      Mit einer verzweifelten Entschlossenheit setzte er sich nun an den Tisch, auf welchem Ludwig XIV. seine Unterschrift gab, und der das Gewicht der letzten Verträge und der herrlichen Briefe des großen Königs getragen hatte.

      »Ich begreife,« sprach er sodann, »ich begreife, warum alle Welt um mich her die Ankunft der Frau Dauphine beschleunigt; man glaubt, sie dürfe sich nur hier zeigen, damit ich ihr Sklave werde, oder mich unter die Herrschaft ihrer Familie begebe. Meiner Treue! ich kann mir wohl Zeit lassen, meine liebe Söhnerin zu sehen, besonders wenn mir ihre Ankunft hier neue Plackereien verursachen sollte. Leben wir also ruhig, so lange als möglich ruhig, und um dies zu erreichen, halten wir sie auf dem Wege zurück. Sie sollte durch Rheims und Noyon reisen, ohne sich aufzuhalten, und dann sogleich nach Compiègne kommen  . . . wir wollen das erste Ceremoniell behaupten. Drei Empfangstage in Rheims und einen, nein, meiner Treue! zwei, bah! drei Festtage in Noyon. Dadurch sind immer sechs Tage, sechs gute Tage gewonnen.«

      Der König nahm die Feder und schrieb selbst an Herrn von Stainville den Befehl, drei Tage in Rheims und drei in Noyon anzuhalten.

      Dann ließ er den Courrier vom Dienst kommen und sprach zu ihm:

      »So rasch die Pferde laufen können, bis Sie diesen Befehl an seine Adresse abgegeben haben.«

      Hierauf schrieb er mit derselben Feder:

      »Liebe Gräfin,

      wir setzen heute Zamore in sein Gouvernement ein. Ich reise nach Marly ab. Diesen Abend werde ich Ihnen in Luciennes Alles sagen, was ich im gegenwärtigen Augenblick denke.

Frankreich.«

      »Lebel,« sagte der König, »tragen Sie diesen Brief zu der Gräfin, und stellen Sie sich gut mit ihr, das rathe ich Ihnen.«

      Der Kammerdiener verbeugte sich und ging ab.

       XXIX.

      Frau von Béarn

      Der erste Gegenstand aller dieser wüthenden Gemüthsbewegungen, der Stein des Anstoßes aller dieser bei Hof gewünschten oder gefürchteten Scandale, Frau von Béarn reiste, wie Chon ihrem Bruder gesagt hatte, rasch gegen Paris.

      Diese Reise war das Resultat von einer jener wunderbaren Eingebungen, welche in seinen Augenblicken der Verlegenheit dem Vicomte Jean zu Hülfe kamen.

      Als er unter den Frauen des Hofes die so sehr ersehnte und so notwendige Pathin nicht fand, warf er, da die Vorstellung von Madame Dubarry nicht ohne eine solche statthaben konnte, die Augen auf die Provinz, untersuchte die Stellungen, durchforschte die Städte und fand, was er brauchte, an den Ufern der Maas, in einem ganz gothischen, aber wohl unterhaltenen Hanse.. Was er suchte, war eine alte Prozeßkrämerin und ein alter Prozeß.

      Die alte Prozeßkrämerin war die Gräfin von Béarn.

      Der

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<p>18</p>

 In Paris, der großen Stadt, haben Knaben, Frauen, Mädchen insgesamt ein schwaches Herz, und sie stoßen Seufzer aus! Ah! ah! ah! ah! Der Geliebten von Blaise ist es gar unwohl, sie liegt krank im Bette. Ah! ah! ah!