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die Unterthanen Seiner Majestät, als für seine Minister. Es sei indessen ein Unterschied zwischen den Leuten zu machen, welche Eile haben, und er gebe stets seinen besten Rest denjenigen, welche diesen Unterschied verdienen.

      Neue Verbeugungen von Frau von Béarn, dann verlegenes Stillschweigen, denn hier mußten die Komplimente aufhören und die Gesuche anfangen.

      Herr von Maupeou wartete, indem er sich das Kinn streichelte.

      »Monseigneur,« sagte die Gräfin, »ich nahm mir die Freiheit, vor Eurer Excellenz zu erscheinen, um derselben unterthänigst eine sehr wichtige Angelegenheit auseinanderzusetzen, von der mein ganzes Vermögen abhängt.«

      Herr von Maupeou machte mit dem Kopfe ein leichtes Zeichen, welches sagen wollte: Sprechen Sie.

      »In der That, Monseigneur,« fuhr sie fort, »Sie mögen erfahren, daß mein ganzes Vermögen, oder vielmehr das meines Sohnes bei dem Prozesse betheiligt ist, den wir in diesem Augenblick gegen die Familie Saluces führen.«

      Der Vicekanzler streichelte fortwährend sein Kinn.

      »Aber Ihre Rechtlichkeit ist mir so wohl bekannt, Monseigneur, daß ich, obgleich vertraut mit dem Interesse, ich sage sogar mit der Freundschaft Eurer Excellenz für meine Gegenpartie, nicht einen Augenblick zögerte, Eure Excellenz zu bitten, mir Gehör zu schenken.«

      Herr von Maupeou konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als er seine Rechtlichkeit loben hörte, das glich zu sehr den apostolischen Vorzügen von Dubois, dem man fünfzig Jahre früher auch über seine Tugenden Komplimente machte.

      »Frau Gräfin,« sprach er, »Sie haben Recht, wenn Sie sagen, ich sei ein Freund der Saluces, Sie haben aber auch Recht, wenn Sie glauben, daß ich bei Uebernahme der Siegel jede Freundschaft abgelegt habe. Ich werde Ihnen also abgesehen von jeder Privattheilnahme antworten, wie es sich für den obersten Chef der Justiz geziemt.«

      »Oh! Monseigneur, seien Sie gesegnet,« rief die alte Gräfin.

      »Ich prüfe daher Ihre Angelegenheit als ein einfacher Rechtsgelehrter,« fuhr der Kanzler fort.

      »Und ich danke Eurer Excellenz, welche in solchen Materien so gewandt ist.«

      »Ihr Prozeß kommt, glaube ich, bald zur Verhandlung.«

      »Er ist für die nächste Woche anberaumt, Monseigneur.«

      »Was wünschen Sie nun?«

      »Daß Eure Excellenz von den Acten Kenntniß nehme.«

      »Es ist geschehen.«

      »Nun?« fragte zitternd die alte Gräfin, »was denken Sie davon, Monseigneur?«

      »Von Ihrem Prozeß?«

      »Ja.«

      »Ich sage, daß kein Zweifel möglich ist.«

      »Wie? über das Gewinnen?«

      »Nein, über das Verlieren.«

      »Monseigneur sagt, ich werde meinen Prozeß verlieren?«

      »Unzweifelhaft. Ich will Ihnen also einen Rath geben.«

      »Welchen?« fragte die Gräfin mit einer letzten Hoffnung.

      »Haben Sie eine Zahlung zu leisten, wenn der Prozeß entschieden, der Ausspruch gethan ist  . . .«

      »Nun!«

      »Nun! so halten Sie Ihre Gelder bereit.«

      »Aber, Monseigneur, wir sind dann zu Grunde gerichtet.«

      »Frau Gräfin, Sie begreifen, daß die Gerechtigkeit nicht auf solche Betrachtungen eingehen kann.«

      »Monseigneur, neben der Gerechtigkeit steht das Mitleid.«

      »Gerade aus diesem Grunde, Frau Gräfin, hat man die Gerechtigkeit blind gemacht.«

      »Aber Eure Excellenz wird mir doch einen Rath nicht verweigern?«

      »Fragen Sie immerhin. Was für einen wollen Sie haben?«

      »Ist es nicht möglich, einen Vergleich zu treffen, einen milderen Spruch zu erlangen?«

      »Sie kennen keinen von Ihren Richtern?« sagte der Herr Vicekanzler.

      »Keinen, Monseigneur.«

      »Das ist ärgerlich! die Herren von Saluces stehen mit drei Vierteln des Parlaments in Verbindung.«

      Die Gräfin bebte.

      »Merken Sie wohl,« fuhr der Vicekanzler fort, «daß dies nichts thut, was den Grund der Sache betrifft, denn ein Richter läßt sich nicht durch Privateinflüsse bestimmen.«

      Dies war eben so wahr, als die Rechtlichkeit des Kanzlers und die berühmten apostolischen Tugenden von Dubois. Die Gräfin sank beinahe in Ohnmacht.

      »Aber,« fuhr der Kanzler fort, »neben Aufrechthaltung der Redlichkeit, denkt der Richter mehr an seinen Freund, als an den Gleichgültigen; das ist nur zu gerecht, wenn es gerecht ist, und da es gerecht sein wird, daß Sie Ihren Prozeß verlieren, Madame, so kann man Ihnen wohl die Folgen so unangenehm als nur möglich machen.«

      »Aber, was Eure Excellenz zu sagen mir die Ehre erweist, ist furchtbar.«

      »Ich, was mich betrifft, Madame, werde mich gern halten, wie Sie wohl denken können,« fuhr Herr von Maupeou fort; »ich habe den Richtern nichts zu empfehlen, und da ich selbst nicht urtheile, so kann ich sprechen.«

      »Ach! Monseigneur, ich vermuthete wohl Eines.«

      Der Vicepräsident heftete seine kleinen grauen Augen auf die Gräfin.

      »Daß die Herren von Saluces, da sie in Paris wohnen, mit allen meinen Richtern in Verbindung stehen, daß die Herren von Saluces allmächtig sein würden.«

      »Vor Allem, weil sie das Recht haben.«

      »Wie grausam ist es, Monseigneur, solche Worte aus dem Munde eines Mannes kommen zu hören, der unfehlbar ist, wie Eure Excellenz.«

      »Es ist wahr, ich sage Ihnen Alles dies, und dennoch,« versetzte Herr von Maupeou mit einer geheuchelten Gutmütigkeit, »und dennoch möchte ich Ihnen gern nützlich sein  . . . bei meiner Ehre.«

      Die Gräfin bebte; es kam ihr vor, als sähe sie etwas Dunkles, wenn nicht in den Worten, doch wenigstens in dem Gedanken des Vizepräsidenten, und wenn sich diese Dunkelheit zerstreute, würde sie dahinter etwas Günstiges entdecken.

      »Uebrigens,« fuhr Herr von Maupeou fort, »übrigens ist der Name, den Sie führen, einer der schönsten von Frankreich und dient bei mir als eine sehr wirksame Empfehlung.«

      »Wird es aber nicht verhindern, daß ich meinen Prozeß verliere, Monseigneur.«

      »Bei Gott! ich vermag nichts.«

      »Oh! Monseigneur, Monseigneur, wie gehen die Dinge!« sagte die Gräfin, den Kopf schüttelnd.

      »Sie scheinen anzudeuten, Madame, in unserer guten alten Zeit seien sie besser gegangen,« versetzte lächelnd Herr von Maupeou.

      »Ach! ja, Monseigneur, so kommt es mir wenigstens vor, und ich erinnere mich mit Entzücken jener Zeit, wo Sie, ein einfacher Advokat des Königs beim Parlament, jene schöne Reden hielten, denen ich, damals eine junge Frau, voll Begeisterung Beifall klatschte. Welches Feuer! welche Beredtsamkeit! welche Tugend! Oh! Herr Kanzler, in jener Zeit gab es weder Kabalen, noch Begünstigungen, in jener Zeit hätte ich meinen Prozeß gewonnen.«

      »Wir hatten wohl Frau von Phalaris, welche in den Augenblicken, wo der Regent schlief, zu regieren, suchte, und die Souris, die sich überall eindrängte, um wo möglich einen kleinen Gewinn für sich herauszuschlagen.«

      »Oh! Monseigneur, Frau von Phalaris war eine so große Dame, und die Souris ein so gutes Mädchen.«

      »Daß man ihnen nichts verweigern konnte.«

      »Oder daß sie nichts zu verweigern wußten.«

      »Ah! Frau Gräfin,« sagte der Kanzler, auf eine Weise lachend, welche die alte Dame immer mehr in Erstaunen setzte, so treuherzig, so natürlich war seine Miene, »machen Sie nicht, daß ich aus Liebe

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