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abkürzen?« fuhr der Dauphin fort.

      »Unmöglich, Sie ist bereits ohne anzuhalten durch mehrere Städte gefahren, wo sie hätte verweilen sollen.«

      »Das wird also ewig währen. Und dann glaube ich Eines, Sire,« äußerte der Dauphin schüchtern.

      »Was glaubst Du? sprich, laß hören,«

      »Ich glaube, daß der Dienst schlecht versehen wird, Sire.«

      »Wie? welcher Dienst?«

      »Der Reisedienst.«

      »Gehe doch! ich habe dreißigtausend Pferde, dreißig Carrossen, sechzig Fourgons und ich weiß nicht wie viele Caissons auf den Weg geschickt; würde man Caissons, Fourgons, Carrossen und Pferde in einer Linie an einander stellen, so ginge es von Paris bis Straßburg. Wie kannst Du glauben, bei allen diesen Mitteln werde der Dienst schlecht versehen?«

      »Wohl, Sire, trotz aller Güte Eurer Majestät habe ich beinahe die Gewißheit von dem, was ich sage; nur bediente ich mich vielleicht eines ungeeigneten Ausdrucks’ und hätte, statt zu sagen, der Dienst werde schlecht versehen, sagen sollen, der Dienst sei schlecht organisirt.«

      Der König erhob bei diesen Worten das Haupt und heftete seine Augen auf die des Dauphin, er fing an zu begreifen, daß sich viele Dinge unter den wenigen Worten verbargen, welche Seine Königliche Hoheit ausgesprochen.

      »Dreißigtausend Pferde,« wiederholte der König, »dreißig Carrossen, sechzig Fourgons, zwei Regimenter zu diesem Dienst verwendet.  . . . Ich frage Dich, mein Herr Gelehrter, hast Du je eine Dauphine in Frankreich mit einem solchen Geleite einziehen sehen?«

      »Ich gestehe, Sire, die Sachen sind königlich gemacht, und so wie sie Eure Majestät zu machen weiß; doch hat Eure Majestät auch eingeschärft, daß diese Pferde, diese Carrossen, kurz dieses ganze Material einzig und allein im Dienste der Dauphine und ihres Gefolges verwendet werde?«

      Der König schaute Ludwig zum dritten Male an; ein unbestimmter Verdacht regte sich in seinem Innern, eine kaum faßbare Erinnerung fing an seinen Geist zu erleuchten; zugleich durchzog eine verworrene Aehnlichkeit zwischen dem, was der Dauphin sagte, und etwas Unangenehmem, das er so eben erfahren, seinen Kopf.

      »Was für eine Frage!« sprach der König; »sicherlich ist Alles dies für die Frau Dauphine, und deßhalb sage ich Dir, daß sie unfehlbar sehr schnell ankommen muß; doch warum schaust Du mich so an? Laß hören,« fügte er mit einem festen Tone bei, der dem Dauphin drohend erschien; »solltest Du Dich zufällig damit belustigen, meine Züge wie die Federn Deines Uhrwerks zu studiren?«

      Der Dauphin, der eben den Mund öffnete, um zu sprechen, schwieg plötzlich bei dieser Anrede.

      »Nun!« fuhr der König rasch fort, »es scheint mir Du hast mir nichts mehr zu sagen  . . . wie?  . . . Du bist zufrieden, nicht wahr? Deine Dauphine kommt, ihr Dienst wird vortrefflich versehen, Du bist reich wie Krösus durch Deine Privatkasse, das steht auf das Beste. Da Dich nun nichts mehr beunruhigt, so mache mir das Vergnügen und setze nur meine Pendeluhr wieder zusammen.«

      Der Dauphin rührte sich nicht.

      »Weißt Du wohl, daß ich Lust habe Dir das Amt des ersten Uhrmachers vom Schlosse zu geben, wohl verstanden mit einem Gehalt?« sagte lachend Ludwig XV.

      Der Dauphin neigte das Haupt und nahm, eingeschüchtert durch den Blick des Königs, wieder von dem Lehnstuhle das Radirmesser und das Rad.

      Ludwig XV. erreichte mittlerweile ganz sachte die Thüre.

      »Was Teufels wollte er mit seinem schlecht versehenen Dienste sagen?« sprach der König, den Dauphin anschauend, zu sich selbst. »Gut, gut, abermals eine Scene vermieden; er ist unzufrieden.«

      Gewöhnlich so geduldig, stampfte der Dauphin in der That mit dem Fuß auf den Boden.

      »Das verschlimmert sich,« murmelte Ludwig XV. lachend, »ich habe offenbar nur Zeit, zu fliehen.«

      Doch plötzlich fand er, als er die Thüre öffnete, auf der Schwelle Herrn von Choiseul, der sich tief verbeugte.

       XXVI.

      Der Hof des Königs Pétaud. 16

      Ludwig XV. wich bei dem unerwarteten Anblick des neuen Schauspielers, der sich in die Scene mischte, um seinen Abgang zu verhindern, einen Schritt zurück.

      »Ah! bei meiner Treue!« dachte er, »diesen hatte ich vergessen. Er sei willkommen, denn er wird für die Andern bezahlen  . . .«

      »Ah! Sie hier!« rief er, »ich schickte nach Ihnen, Sie wissen das?«

      »Ja, Sire,« antwortete kalt der Minister, »ich kleidete mich eben an, um mich zu Eurer Majestät zu begeben, als mir der Befehl zukam.«

      »Gut. Ich habe über ernste Angelegenheiten mit Ihnen zu sprechen,« fing Ludwig XV. an, indem er die Stirne runzelte, um, wenn es möglich wäre, seinen Minister einzuschüchtern.

      Zum Unglück für den König war Herr von Choiseul einer von den Männern, welche sich am allerwenigsten im Königreich einschüchtern ließen.

      »Und ich auch, wenn es Eurer Majestät beliebt,« antwortete er sich verbeugend, »ich habe auch über sehr ernste Angelegenheiten zu sprechen.«

      Zu gleicher Zeit wechselte er einen Blick mit dem Dauphin, der halb hinter seiner Pendeluhr verborgen war.

      Der König blieb stehen.

      »Ah! gut,« dachte er, »auch von dieser Seite bin ich in dem Dreieck gefangen, und nun ist es mir nicht mehr möglich, zu entkommen.«

      »Sie müssen wissen,« sprach der König eiligst, um seinem Gegner den ersten Stoß beizubringen, »Sie müssen wissen, daß der arme Vicomte Jean beinahe ermordet worden wäre.«

      »Das heißt, er hat einen Degenstich in den Vorderarm bekommen. Ich bin hier, um mit Eurer Majestät über dieses Ereigniß zu sprechen.«

      »Ja, ich begreife, Sie eilten dem Gerücht voran.«

      »Ich komme den Commentaren zuvor, Sire.«

      »Sie kennen also diese Angelegenheit, mein Herr?« fragte der König mit bezeichnender Miene.

      »Vollkommen.«

      »Ah!« machte der König, »das habe ich bereits von guter Hand erfahren.«

      Herr von Choiseul blieb unempfindlich.

      Der Dauphin fuhr fort, eine Schraubenmutter zu befestigen, dabei horchte er aber mit gesenktem Kopfe und verlor kein Wort von der Unterredung.

      »Ich will Ihnen nun sagen, wie sich die Sache zu« getragen hat,« sprach der König.

      »Hält sich Eure Majestät für gut unterrichtet?« fragte Herr von Choiseul.

      »Oh! was das betrifft  . . .«

      »Wir hören, Sire.«

      »Wir hören?« wiederholte der König.

      »Allerdings, Monseigneur der Dauphin und ich.«

      »Monseigneur der Dauphin?« wiederholte der König, dessen Augen von dem ehrfurchtsvollen Choiseul zu dem aufmerksamen Ludwig August übergingen, »und was hat der Herr Dauphin mit dieser Zänkerei gemein?«

      »Sie berührt Monseigneur, weil die Frau Dauphine bei der Sache betheiligt ist,« fuhr Herr von Choiseul mit einer Verbeugung gegen den jungen Prinzen fort.

      »Die Frau Dauphine ist betheiligt? rief der König schauernd.

      »Allerdings; sollten Sie das nicht wissen, Sire? Dann wäre Eure Majestät schlecht unterrichtet.«

      »Die Frau Dauphine und Jean Dubarry,« sprach der König, »das wird interressant. Lassen Sie hören, erklären Sie sich, Herr von Choiseul, verbergen Sie mir besonders nicht das Geringste, und hätte die Dauphine Dubarry den Degenstich gegeben!«

      »Sire, nicht die Frau Dauphine,« erwiederte Choiseul mit gleicher Ruhe, »sondern einer von den Officieren ihrer Escorte.«

      »Ah!«

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<p>16</p>

 La cour du roi Pétaud, dieser Ausdruck bezeichnet im Allgemeinen einen Ort, ein Haus, wo Niemand weiß, wer Koch oder Kellner ist. Der Uebers.