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Sie ihn allein eintreten.«

      Der Befehl war kaum von der Kammerfrau der Gräfin an einen großen Lackei übertragen, der sich in dem Corridor befand, welcher von den Vorzimmern in das Gemach der Gräfin führte, als der Polizeilieutenant, die Strenge seiner grauen Augen und die Steifheit seiner dünnen Lippen durch ein Lächeln von den erfreulichsten Auspicien mäßigend, im Vorzimmer erschien.

      »Guten Morgen, mein Feind,« sagte ohne ihn anzuschauen die Gräfin, die ihn in ihrem Spiegel erblickte.

      »Ich, Ihr Feind, Madame?«

      »Allerdings, Sie, Die Welt theilt sich für mich in zwei Klassen von Personen, in Freunde und Feinde. Ich lasse die Gleichgültigen nicht zu, oder ich setze sie in die Klasse meiner Feinde.«

      »Und Sie haben Recht, Madame; doch sagen Sie mir, wie ich es trotz meiner bekannten Ergebenheit für Sie verdient habe, in die eine oder die andere von diesen zwei Klassen eingereiht zu werden?«

      »Dadurch, daß Sie eine ganze Welt von kleinen Versen, Pamphleten, Libellen, welche gegen mich gerichtet waren, drucken, vertheilen, verkaufen, dem König zustellen ließen. Das ist abscheulich, das ist boshaft, das ist albern!«

      »Aber, Madame, ich bin nicht verantwortlich.«

      »Doch, mein Herr, Sie sind es, denn Sie wissen, wer der Elende ist, der Alles dies thut.«

      »Madame, wenn es nur ein einziger Urheber wäre, so hätten wir nicht nöthig, ihn in der Bastille verschmachten zu lassen; er würde bald allein vor Ermattung unter dem Gewichte seiner Werke umkommen.«

      »Wissen Sie, daß das, was Sie da sagen, außerordentlich höflich ist?«

      »Wenn ich Ihr Feind wäre, Madame, so würde ich es Ihnen nicht sagen.«

      »Das ist wahr; sprechen wir nicht mehr davon. Wir stehen nun auf das Beste, das ist abgemacht, das gewährt mir Vergnügen; doch Eines beunruhigt mich dennoch.«

      »Was, Madame?«

      »Daß Sie auch auf das Beste mit den Choiseul stehen.«

      »Madame, Herr von Choiseul ist erster Minister; er gibt Befehle und ich muß sie vollziehen.«

      »Wenn Ihnen also Herr von Choiseul Befehl gibt, mich verfolgen, plagen, vor Kummer sterben zu lassen, so mögen es diejenigen, welche mich verfolgen, plagen, umbringen, thun, ohne daß Sie ihnen in den Weg treten? Ich danke.«

      »Sprechen wir vernünftig,« sagte Herr von Sartines, der sich die Freiheit nahm, niederzusitzen, ohne daß die Favoritin sich ärgerte; denn man ließ dem am Genauesten unterrichteten Mann Frankreichs Alles hingehen; »was habe ich vor drei Tagen für Sie gethan?«

      »Sie haben mich benachrichtigen lassen, daß ein Eilbote von Chanteloup abgehe, um die Ankunft der Dauphine zu beschleunigen.«

      »Ist dies das Werk eines Feindes?«

      »Aber in der ganzen Angelegenheit der Vorstellung, in welche ich, wie sie wissen, meine Eitelkeit setze, wie haben Sie sich für mich benommen?«

      »So gut als immer möglich.«

      »Herr von Sartines, Sie sind nicht offenherzig.«

      »Ah! Madame, Sie thun mir Unrecht! wer fand für Sie im Hintergrunde einer Taverne, und zwar in weniger als zwei Stunden, den Vicomte Jean, dessen Sie bedurften, um ihn, ich weiß nicht wohin, oder ich weiß vielmehr wohin zu schicken?«

      »Es wäre besser gewesen, Sie hätten mich meinen Schwager, einen Mann der, mit der königlichen Familie von Frankreich verbunden ist, verlieren lassen!« sagte Madame Dubarry lachend.

      »Madame, das sind doch lauter Dienste.«

      »Ja, vor drei Tagen, für vorgestern; doch was thaten Sie gestern für mich?«

      »Gestern, Madame?«

      »Oh! Sie mögen immerhin suchen. Gestern war der Tag, um gegen Andere gefällig zu sein.«

      »Ich verstehe Sie nicht, Madame.«

      »Oh! ich verstehe mich sehr wohl. Sprechen sie, was haben Sie gestern gethan?«

      »Morgens oder Abends?«

      »Zuerst morgens.«

      »Morgens habe ich wie gewöhnlich gearbeitet.«

      »Bis um welche Stunde haben Sie gearbeitet?’

      »Bis um zehn Uhr.«

      »Hernach?«

      »Hernach ließ ich einen von meinen Freunden von Lyon zum Essen bitten, der gewettet hatte, er komme nach Paris, ohne daß ich es erfahre, den jedoch mein Diener an der Barrière erwartete.«

      »Und nach dem Mittagessen?«

      »Schickte ich dem Polizeilieutenant Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich die Adresse eines berüchtigten Diebes, den er nicht finden konnte.«

      »Und dieser war?«

      »In Wien.«

      »Somit besorgen Sie nicht nur die Polizei von Paris, sondern auch die der fremden Höfe?«

      »In meinen verlorenen Augenblicken, ja, Madame.«

      »Gut, ich merke mir das. Und was haben Sie gethan nachdem Sie den Courrier abgefertigt?«

      »Ich war in der Oper.«

      »Um die kleine Guimard zusehen? Armer Soubise!«

      »Nein, um einen berüchtigten Beutelschneider verhaften zu lassen, den ich ruhig ließ, so lange er sich nur an Generalpächter hielt, der aber die Frechheit gehabt hatte, sich an mehrere vornehme Herren zu adressiren.«

      »Mir scheint, Sie hätten sagen sollen, der die Ungeschicklichkeit hatte, Herr Lieutenant. Und nach der Oper?«

      »Nach der Oper?«

      »Ja. Nicht wahr, was ich Sie frage, ist sehr indiscret?«

      »Nein. Nach der Oper  . . . Warten Sie, daß ich mich erinnere.«

      »Ah! es scheint, hier verläßt Sie das Gedächtniß.«

      »Nein. Nach der Oper  . . . Ah! ich habe es.«

      »Gut.«

      »Ich begab mich zu einer gewissen Dame, die ein Spielhaus unterhält, und führte sie selbst nach dem Fort l’Évêque.«

      »In Ihrem Wagen?«

      »Nein, in einem Fiacre.«

      »Hernach?«

      »Wie, hernach? das ist Alles.«

      »Nein, das ist nicht Alles.«

      »Ich stieg wieder in meinen Fiacre.«

      »Und wen trafen Sie in Ihrem Fiacre?«

      Herr von Sartines erröthete.

      »Ah!« rief die Gräfin, ihre kleinen Hände an einander schlagend, »ich habe also das Glück gehabt, einen Polizeilieutenant erröthen zu machen.«

      »Madame  . . .« stammelte Herr von Sartines.

      »Nun, ich will es Ihnen sagen, wer in diesem Fiacre war« versetzte die Favoritin; »es war die Herzogin von Grammont.«

      »Die Herzogin von Grammont!« rief der Polizeilieutenant.

      »Ja, die Herzogin von Grammont, welche Sie bat, ihr Eintritt in das Gemach des Königs zu verschaffen.«

      »Meiner Treue, Madame, ich lege mein Portefeuille in Ihre Hände,« rief Herr von Sartines mit einer Bewegung der Unruhe. »Ich bin es nicht mehr, der die Polizei ausübt, Sie sind es.«

      »In der That, Herr von Sartines, ich habe die meinige, wie Sie sehen; also nehmen Sie sich in Acht! Ja, ja! die Herzogin von Grammont in einem Fiacre um Mitternacht mit dem Herrn Polizeilieutenant, und zwar in einem Fiacre, der im Schritt fährt! Wissen Sie, was ich sogleich thun ließ?«

      »Nein, aber ich habe eine furchtbare Angst. Zum Glück war es sehr spät.«

      »Gleichviel, die Nacht ist die Zeit der Rache.«

      »Und was haben

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