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Nicole zu ihrer Gebieterin zurückkehrte, blieb sie auf der Treppe stehen, um das letzte Geschrei des Zornes, der in ihrem Innern toste, zu bewältigen.

      Der Baron traf sie unbeweglich, nachdenkend, das Kinn in ihrer Hand und die Augbrauen zusammengezogen, und als er sie so schön sah, küßte er sie, so beschäftigt er auch war, wie es Herr von Richelieu in seinem dreißigsten Jahre gethan hätte.

      Durch diesen Muthwillen des Barons ihrer Träumerei entzogen, ging Nicole hastig zu Andrée hinauf, die eben einen Koffer vollends schloß.

      »Nun!« sagte Fräulein von Taverney, »hast Du Dir die Sache überlegt?«

      »Gewiß, mein Fräulein,« antwortete Nicole mit einer sehr entschiedenen Miene.

      »Du heirathest?«

      »Nein, im Gegentheil.«

      ,Ah bah! und die große Liebe?«

      »Wird nie für mich den Werth haben, den die Güte hat, mit der mich das Fräulein zu jeder Stunde überhäuft. Ich gehöre dem Fräulein und will ihm immer gehören. Ich kenne die Herrin, die ich mir gegeben, würde ich auch ebenso gut den Herrn kennen, den ich mir gäbe?«

      Andrée war gerührt von dieser Offenbarung von Gefühlen, welche sie entfernt nicht bei der unbesonnenen Nicole zu finden glaubte.

      Sie wußte, wie es sich von selbst versteht, nicht, daß Nicole einen »schlimmsten Fall« aus ihr machte.

      Sie lächelte und war glücklich, daß sie ein menschliches Geschöpf besser fand, als sie es gehofft hatte.

      »Du thust wohl daran, daß Du mir anhänglich bleibst, Nicole,« sagte sie, »ich werde es nicht vergessen. Vertraue mir Dein Schicksal, mein Kind und wenn mir irgend ein Glück zufließt, so sollst Du Deinen Theil daran haben, das verspreche ich Dir.«

      »Oh! mein Fräulein, es ist entschieden, ich folge Ihnen.«

      »Ohne Bedauern?«

      »Blindlings.«

      »Das heißt nicht antworten. Du sollst mir nicht eines Tages vorwerfen können, Du seist mir blindlings gefolgt.«

      »Ich werde nur mir Vorwürfe zu machen haben, mein Fräulein.«

      »Du hast Dich also mit Deinem Bräutigam verständigt?«

      Nicole erröthete.

      »Ich?« sagte sie.

      »Ja, Du, ich habe Dich mit ihm sprechen sehen.«

      Nicole biß sich auf die Lippen. Es gab ein Fenster parallel mit dem von Andrée und sie wußte wohl, daß man von diesem Fenster das von Gilbert sah.

      »Es ist wahr, mein Fräulein,« antwortete Nicole.

      »Und Du hast ihm gesagt? . . .«

      »Ich habe ihm gesagt,« erwiederte Nicole, welche zu bemerken glaubte, daß Andrée sie ausforsche, und, durch dieses falsche Manoeuvre des Feindes zu ihrem ersten Verdacht zurückgeführt, feindlich zu antworten versuchte, »ich habe ihm gesagt, ich wolle nichts mehr von ihm.«

      Es war entschieden, daß diese zwei Frauen, die eine mit der Reinheit des Diamants, die andere mit ihrer natürlichen Hinneigung zum Laster sich nie verstehen sollten.

      Andrée nahm fortwährend die Bitterkeiten von Nicole für Schmeichelei.

      Während dieser Zeit vervollständigte der Baron die verschiedenen Theile seines Gepäckes. Ein alter Degen, den er in Fontenoy trug, Pergamente, die sein Recht, in dem Wagen Seiner Majestät zu fahren, begründeten, eine Sammlung der Gazette und gewisse Correspondenzen bildeten den umfangreichsten Theil seiner Habe. Wie Bias trug er Alles dies unter einem Arm.

      La Brie gab sich das Ansehen, als schwitzte er auf dem Wege, gebeugt unter einem beinahe leeren Koffer.

      Man fand in der Allee den Herrn Gefreiten, der während aller dieser Vorbereitungen seine Flasche bis auf den letzten Tropfen geleert hatte.

      Der artige Mann hatte die so feine Taille, das so runde Bein von Nicole wahrgenommen und schweifte beständig zwischen dem kleinen See und den Kastanienbäumen hin und her, um die reizende Dirne abermals zu sehen, die eben so schnell, als er sie unter dem Gebüsch erblickt, wieder verschwunden war.

      Herr von Beausire, so hieß er erwähntermaßen, wurde seiner Beschauung durch den Baron entzogen, der ihn aufforderte, den Wagen zu rufen. Er sprang auf, verbeugte sich vor Herrn von Taverney, und befahl dem Kutscher mit schallender Stimme, in die Allee zu fahren.

      Die Carrosse erschien. La Brie legte den Koffer mit einer unbeschreiblichen Mischung von Freude und Stolz auf die Federn.

      »Ich werde also in den Carrossen des Königs fahren,« murmelte er, fortgerissen von seiner Begeisterung und im Glauben allein zu sein.

      »Dahinter, mein schöner Freund,« versetzte Beausire mit einem Protectorslächeln.

      »Wie! Sie nehmen La Brie mit?« sagte Andrée zu dem Baron; »und wer wird Taverney bewachen?«

      »Bei Gott! dieser Taugenichts von einem Philosophen«

      »Gilbert?«

      »Allerdings, hat er nicht ein Gewehr?«

      »Aber womit wird er sich nähren?«

      »Mit seiner Flinte, und dabei wird er gut gefüttert sein, sei unbesorgt; an Drosseln und Amseln fehlt es in Taverney nicht.«

      Andrée schaute Nicole an, diese lachte.

      »So beklagst Du ihn, böses Herz?« sagte Andrée.

      «Oh! er ist sehr geschickt, mein Fräulein,« entgegnete Nicole, »seien Sie ruhig, er wird nicht Hungers sterben.«

      »Man muß ihm ein paar Louis d’or zurücklassen,« sagte Andrée zu dem Baron

      »Um ihn zu verderben? Gott behüte mich, er ist schon zu lasterhaft.«

      »Nein, damit er leben kann!«

      »Man schickt ihm etwas, wenn er schreibt.«

      »Bah!« sagte Nicole, »glauben Sie mir, er wird nicht schreiben, mein Fräulein.«

      »Gleichviel,« versetzte Andrée, »laß ihm drei oder vier Pistolen zurück.«

      »Er wird sie nicht annehmen.«

      »Er wird sie nicht annehmen? er ist also sehr stolz, Dein Herr Gilbert?«

      »Oh! mein Fräulein, es ist nicht mehr der meine, Gott sei Dank.«

      »Vorwärts, vorwärts,« sagte Taverney um allen diesen Einzelheiten, deren seine Selbstsucht überdrüßig war, ein Ende zu machen, »vorwärts, vorwärts, zum Teufel mit Herrn Gilbert! der Wagen erwartet uns, steigen wir ein, meine Tochter«

      Andrée erwiederte nichts, sie nahm mit dem Blicke von dem kleinen Schlosse Abschied und stieg in die schwere, plumpe Carrosse.

      Herr von Taverney nahm seinen Platz neben ihr; La Brie, immer noch in seine prächtige Livree gekleidet, und Nicole, welche Gilbert nie gekannt zu haben schien, setzten sich auf den Bock. Der Kutscher nahm eines von den Pferden als Postillon zwischen die Beine.

      »Doch wo sitzt der Herr Gefreite?« rief Taverney.

      »Zu Pferde, Herr Baron, zu Pferde,« antwortete Beausire und blinzelte dabei Nicole an, welche vor Vergnügen erröthete, daß sie so schnell einen plumpen Bauern durch einen zierlichen Cavalier ersetzt hatte.

      Bald wurde der Wagen unter der Anstrengung von vier kräftigen Pferden erschüttert, und die Bäume der Allee, dieser Andrée so wohlbekannten Allee, fingen an auf beiden Seiten der Carrosse hinzugleiten und einer nach dem andern zu verschwinden, traurig unter dem Ostwinde gebeugt, als wollten sie den Gebietern, die sie verließen, ein letztes Lebewohl sagen. Man gelangte zum Thore.

      Gilbert hatte sich gerade, unbeweglich an dieses Thor gestellt. Den Hut in der Hand, schaute er nicht mehr und sah dennoch Andrée.

      Andrée suchte, auf die andere Seite des Schlages geneigt, so lange als möglich ihr liebes Haus zu sehen.

      »Haltet ein wenig,« rief

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