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Die schwarze Tulpe. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die schwarze Tulpe
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Eine Frage der Alten findet hier ihren geeigneten Platz. Welcher Unterschied besteht zwischen einem Eroberer und einem Seeräuber? Ganz derselbe, den man zwischen einem Geier und Adler beobachten kann.
Beide sind Raubvögel, der eine mit Ernst und Ueberlegung, der andere mit Unruhe und Leidenschaft.
Und so trug auch hier, diese bleifarbene Physiognomie, dieser matte, zitternde Schritt, diese schmächtigen, unter der Last des Oberleibes beinahe zusammenbrechenden Füße, dieser bald matte, bald forschende und feurige Blick, ganz das Gepräge jener Gesellschaft, die es sich im Leben zur Hauptaufgabe gemacht, jede, auch die kleinste Handlung der Nebenmenschen zu erspähen, und ihr vor dem Gesetze sodann die dem eigenen Vortheile zunächst liegende Deutung zugeben. Noch mehr wurde man in dieser Voraussetzung bestärkt, wenn man die beinahe ängstliche Sorgfalt des jungen Mannes bemerkte, mit welcher er sein Gesicht der Umgebung zu verbergen suchte. Uebrigens war er äußerst einfach gekleidet, trug weder eine sichtbare Waffe, noch sonst etwas Auffallendes an sich, und stützte seine zarte, weiße Hand, an der man genau jede Ader beobachten konnte, auf die Schultern eines Officiers, der ihm nicht von der Seite weichend, nun eben so den Weg nach dem Hoogstreet einschlug, sein klares offenes Auge mit einem leicht erkennbaren Interesse, der sich vor Beiden dahinwälzenden Volksmasse zuwendend.
Aus dem Hoogstreet angelangt, beeilte sich der blaße, gebrechliche Mann, ein in einer Ecke gelegenes und offen stehendes Fenster zu erreichen, das dem Hause der Deputirten gerade gegenüber lag, und zugleich durch ein weit herabgehendes Schirmdach eine Art Versteck bildete.
Das Volk hatte unterdessen sein Geschrei mit neuer Kraft und Wuth begonnen. Kurze Zeit nachdem es vor dem Ständehause angelangt war, das Erscheinen eines Deputirten fordernd, öffnete sich auch die Thüre des über dem Hauptportale angebrachten Balkons, und ein alter, durch sein graues Haar so wie den Ernst und Adel seiner Züge ehrwürdig aussehender Mann trat hervor.
»Wer ist der Mann, der dort erscheint?« fragte der junge Mann seinen Begleiter, das mit einem Male aufflammende Auge nach dem Balkon richtend, an dessen Geländer sich der zitternde Greis festzuhalten schien.
»Es ist der Deputirte Bowell,« erwiderte der Officier, ohne den Blick abzuwenden.
»Bowell! und was für ein Mann ist dieser Bowell? Kennt Ihr ihn.«
»Persönlich nicht. Aber so viel ich hörte, ist er ein sehr braver Mann.«
Allein dem jungen Manne schien diese Anpreisung durchaus nicht zu behagen, denn eine Bewegung, die auffallend Mißmuth und Unwillen beurkundete, ließ den Officier erkennen, daß er irgend einen unangenehmen Eindruck hervorgerufen habe, und er beeilte sich daher unverzüglich hinzuzusetzen:
»Ich wiederhole nochmals, daß ich nur vom Hörensagen urtheile, denn persönlich habe ich, wie bereits erwähnt, mit Herrn von Bowell noch nichts verhandelt, und kenne ihn daher auch gar nicht weiter, gnädigster Herr.«
»Braver, sehr braver Mann!« wiederholte der Blasse, der so eben den Titel, gnädigster Herr, erhalten »Wie meint Ihr das, mein Freund, ein Mann, ein brav ist? oder ein Mann von Bravour?«
»Gnädigster Herr, Ihr werdet vergeben, ich wage es nie, einen derartigen Unterschied bei einem Menschen zu machen, den ich, wie ich es nochmals wiederhole, nur dem Reden nach kenne.«
»Es wird sich ja ohne dieß zeigen, murmelte der junge Mann zwischen den Zähnen. »Wir werden es ja sehen, warten wir nur ein wenig.«
Der Officier stimmte durch ein Kopfnicken bejahend bei, und schwieg.
»Wenn dieser Bowell, wie Ihr sagtet,« fuhr der Blasse fort, »ein braver Mann ist, so wird er die an ihm gestellte Forderung des Volkes, wahrscheinlich sehr ernst aufnehmen«
Und eine heftige Bewegung seiner Hand, dann ein mechanisches, gedankenloses Trommeln auf der Schulter seines Gefährten, verrieth deutlich die ungestümen Regungen, eines durch die mehr todte, körperliche Hülle kaum zu ahnenden starken Geistes, dessen nunmehr auf das höchste gesteigerte Erwartung sich instinktmäßig durch die volle Thätigkeit eines Gliedes Luft zu machen suchte.
In diesem Augenblicke, stellte der Führer der Bürgerdeputation an Bowell die Frage, wo die Deputirten wären.
»Meine Herren l« sagte Bowell, indem er sich bemühte seiner Stimme so viel Kraft zu geben, daß sie von der ganzen versammelten Menge gehört werden konnte. »Ich habe Euch bereits ein Mal gesagt, und wiederhole es hier, daß außer mir nur noch Herr von Asperen anwesend ist, und ich für meine Person, in dieser Angelegenheit keine Entscheidung geben kann.«
»Den Befehlt den Befehl! wollen und müssen wir haben,« schrien mehr als 1000 Stimmen.
Herr Bowell bemühte sich nochmals zu sprechen, aber das tobende Geschrei, der immer wachsenden Menge übertönte seine Worte, und selbst seiner unmittelbaren Nähe nicht mehr verständlich, konnte man nur aus seinen Mienen und Geberden die Beibehaltung des ein Mal ausgesprochenen Entschlusses entnehmen. Aber da auch diese Bemühung wenig, ja beinahe gar Nichts zur Verständigung und Beruhigung der erhitzten Gemüther beitrug, trat er endlich an das offene Fenster, und rief Herrn von Asperen heraus.
Dieser erschien auch unverzüglich, und wurde von Seite des Volkes mit einem Beifallssturme empfangen, derjenen, den man Herrn Bowell bei dessen ersten Auftreten ebenfalls gespendet hatte, noch weit übertraf. Auch er übernahm die schwierige Aufgabe, das Volk zu beschwichtigen, ihm die Ungerechtigkeit seines Verlangens, und die Unmöglichkeit dasselbe zu realisiren, darstellend, und zugleich auf die in diesem Falle einzig zu verfolgende Richtschnur, die gesetzliche Basis hinzuweisen.
Dieser ergreifenden, kühnen, einer so nahe liegenden Gefahr gegenüber, auch heroischen Rede, wurde, von Seite derer, an die sie gerichtet war, nicht nur kein Gehör geschenkt, sondern die Masse nahm vielmehr zu einem in solchen Gelegenheiten untrüglichen Mittel, zur Gewalt ihre Zuflucht. In wenigen Minuten war die städtische Wache, eher ein Quodlibet lächerlicher, bemitleidenswerther Carrikaturen, als der Schutz des Ständehauses, entwaffnet, und nunmehr wälzte sich einem reißenden Strome gleich, der ganze Haufe in die geöffneteten Thore, wie ein Ungethüm, das in den Eingeweiden seines gefallenen Opfers zu wühlen sucht.
Auch der Blasse hatte diese Bewegungen mit der gleichen, regen Neugierde verfolgt, und zu derselben Zeit, wo sich die Thore öffneten, stieß er seinen Begleiter am Arme:
»Gehen wir Oberst, allem Anscheine nach, werden die Berathungen nunmehr im Ständehause selbst abgehalten, und es interessirt mich ungemein, denselben beizuwohnen.«
»Eure Hoheit werden sich doch keiner solchen Gefahr aussetzen?«
»Gefahr, wie, und von wem?«
»Unter den Deputirten befinden sich viele, die mit Euer Hoheit im persönlichen Verkehr standen, und ein oder der Andere dürfte Höchst dieselben wahrscheinlich erkennen.«
»Richtig, um den Leuten sodann weiß zu machen, daß ich der Gründer dieser ganzen Bewegung sei.«
Und die bisher so bleichen Wangen des jungen Mannes, überfluthete eine auffallende Röthe, der deutlichste Beweis seiner innern Aufregung und des Unwillens, mit dem er die noch zweifelhafte Entscheidung erwartete. Aber sich augenblicklich wieder sammelnd, setzte er seine unterbrochene Rede fort:
»Ja, Ihr habt recht, Oberst, wir können hier den Ausgang ganz ruhig abwarten, und sodann beurtheilen, ob Bowell ein braver Mann, oder ein Mann von Bravour ist.«
»Aber,« versetzte der Oberst, sein offenes Auge forschend auf denjenigen richtend, den er so eben Hoheit genannt hatte. »Gnädigster Herr, Ihr werdet doch nicht glauben, daß man dem Wunsche des Volkes nachkommen kann.«
»Warum nichts« fragte der Bleiche kalt.
»Weil das eben so viel hieße, als das Todesurtheil für Cornelius und Johann von Witt zu unterzeichnen.«
»Wir werden es ja bald sehen. – Nur eine höhere Macht weiß, was in den Herzen der Menschen vorgeht, sie gebietet denselben im entscheidenden Augenblicke zu handeln.«
Der Oberst erblaßte, sein forschendes Auge ruhte noch immer unverwandt auf dem