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hinabsteigen, die Thüre über mir zuschließen, und wenn die Wüthenden den Buytenhoff verlassen haben, kommen wir wieder unversehrt aus unserm Versteck hervor.«

      »Du hast recht, mein gutes Kind. Ich staune, was für eine Klugheit in Deinem kleinen Köpfchen steckt.«

      Beide betraten den langen Gang, den die Brüder Witt vor Kurzem verlassen, eilten an das Ende desselben, wo Rosa eine ganz unkenntliche Fallthüre aufhob, und mit ihrem Vater in einen kleinen, dunklen Raum hinabstieg.

      In dem Augenblicke, wo das Mädchen die Thüre über ihrem Kopfe wieder schloß, hatte der Pöbel das Hauptthor eingebrochen, und stürzte mit Wuth und Freudengeschrei in den Hof.

      »Wir sind gerettet,« sprach Rosa horchend.

      »Aber unsere Gefangenen?«

      »Lasset Gott über sie wachen, mein Vater, und erlaubt mir nur, daß ich über Euch wache.«

      Das Gefängniß, in welches Rosa ihren Vater geführt hatte, bot im Ganzen genommen, für zwei Personen einen hinlänglichen Raum. Es war unter den Namen geheimes Gefängniß, eine jener Lokalitäten, die nur den Behörden bekannt, von ihnen benutzt wurde, um entweder vornehme Angeklagte, die irgend eine, mächtige Partei besaßen, darin verwahrend, jeden Tumult, so wie ihre Befreiung zu verhindern, oder aber Leute, die man auf die möglich geräuschloseste Weise beseitigen wollte, für immer unschädlich zu machen.

      »Tod den Verräthern, an den Galgen mit Cornelius von Witt, Tod, Tod —« tönte es über den Köpfen der Eingeschlossenen.

      IV.

      Die Flucht

      An einer Ecke des Buytenhoffs, gedeckt und verborgen durch ein weit vorspringendes, bleiernes Regendach, stand noch immer an den Arm seines Begleiters gelehnt, einem Gespenste ähnlich, der bleiche junge Mann. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirne, noch immer bemühte er sich zeitweise, entweder diesen oder den Mund abzutrocknen, und unterließ es dabei nicht, den Bewegungen des wüthenden Pöbels mit der größten und angestrengtesten Aufmerksamkeit zu folgen.

      »Ich glaube, Ihr hattet recht, van Deken,« sprach er nach einer längern Pause, »der Befehl, den die Stände unterschrieben haben, dürfte das Todesurtheil für Cornelius von Witt sein.«

      »Hört nur das Volk, gnädigster Herr,« erwiderte der Oberst, »es will durchaus zu dem Herrn von Witt gelangen. In der That, ich hörte noch nie ein so wildes, unmenschliches Geschrei.«

      »Ich glaube, sie haben das Gefängniß und den Mann, den sie suchen, gefunden. Jenes Fenster dort, wißt Ihr mir nicht zu sagen, ob es zu Herrn Witts Gefängniß gehört?«

      An dem bezeichneten Fenster gewahrte man in demselben Augenblicke eine große, starke Faust, und kurz darauf den Kopf und Oberleib eines wild aussehenden Mannes, der sich so eben emporgeschwungen hatte .

      »Hurrah, Hurrah,« schrie dieser mit furchtbarer Stimme, »der Vogel ist ausgeflogen, er ist nicht mehr da.«

      Dann die Zähne weit vorstreckend, das Gesicht zu einem grinsenden Lachen verzogen, hätte man dies Wesen, eher für ein wildes, hinter einem Gitter wohlverwahrtes Raubthier, als für einen Menschen gehalten.

      »Wie? er ist nicht mehr da?« rief die Menge auf der Straße, der es nicht mehr möglich geworden war, mit in den bereits überfüllten Buytenhoff zu dringen.

      »Nein,« er ist nicht mehr da, er ist ausgeflogen, hab ich Euch gesagt.«

      »Was ruft dieser Mensch hinab?« fragte die Hoheit noch mehr erblassend.

      »Gnädigster Herr, er erzählt der Menge eine Neuigkeit, die man als das glücklichste Ereigniß begrüßen könnte, wenn sie sich wirklich bestätigt.«

      »Ja, ohne Zweifel, es wäre sehr glücklich, wenn es wahr wäre, aber beruhigt Euch, es kann nicht sein.«

      »Aber es muß dennoch sein, da blickt nur hinauf.«

      Und wirklich zeigten sich an mehreren, auf den Platz führenden Fenstern, eben so drohende, wilde Gestalten, wie es die zuerst Erschienene war.

      »Er ist fort, entflohen, lauft ihm nach, verfolgt ihn, bevor er das Thor erreicht.«

      Die Menge unten wiederholte das wüthende Gebrüll, und zerstreute sich sodann, ohne eigentlichen Zweck, aufs geradewohl in den zunächst liegenden Gassen.

      »Es scheint also doch, daß Cornelius von Witt, wirklich enflohen ist,« bemerkte der Oberst.

      »Aus dem Gefängniß, wohl möglich. Aber, mein lieber van Deken, ich versichere Euch, aus der Stadt gewiß nicht. Der arme Mann wird glauben, durch eines der Thore zu entkommen, aber wie wird er sich wundern, wenn er alle verschlossen findet.«

      »Es wurde also der Befehl gegeben, die Stadttore zu schließen?«

      »Das glaube ich gerade nicht, wer würde wohl einen solchen Befehl ertheilen?«

      »Und woher vermuthet es Eurer Hoheit sodann?«

      »Es gibt oft Verhängnisse,« antwortete der Blasse gleichgültig, »Ihr werdet es selbst schon erfahren haben, Oberst, Verhängnisse, denen selbst der größte und kühnste Mann nicht entgeht.«

      Ein kalter Schauer durchrieselte die Glieder des Officiers, er fing nach und nach an, einzusehen, daß der Gefangene verloren sei.

      Das Geheul der tobenden Menge erreichte nunmehr seinen Culminationspunkt. Man hatte mit der größten Sorgfalt jede Kammer, ja den kleinste Raum; durchsucht, ohne jedoch die leiseste Spur des Gefangenen, oder der Art und Weise, wie er seine Flucht bewerkstelligte, zu entdecken. Die Ueberzeugung stand fest begründet, er war gerettet.

      Cornelius und Johann hatten auch wirklich, während diesen Vorgängen am Buytenhoff, glücklich den Teich passirt, und fuhren nunmehr auf der öden und menschenleeren Hauptstraße gerade auf den Tol-Hek zu.

      Johann hatte die Vorsicht, dem Kutscher einzuschärfen, daß er, um jeden Verdacht zu begegnen, nur in einem ganz gewöhnlichen, schwachen Trabe fahren dürfe. Als dieser aber auf der Hauptstraße angelangt, jegliche Gefahr, den Lärm der tobenden Menge, Gefängniß und Tod hinter sich hatte, als ihm die Freiheit so schön entgegen lächelte, da war er nicht mehr Herr seiner Empfindung, und den Pferden die Zügel frei lassend, flog nach einem kräftigen Peitschenhiebe der Wagen pfeilschnell dahin.

      Aber plötzlich hielt er an.

      »Was giebt es?« fragte Johann, den Kopf aus dem Kutschenschlage vorstreckend.

      »O mein Herr,« rief der Kutscher, »es ist —«

      Der Schrecken schien seine Stimme zu ersticken.

      »Nun, so verständige mich doch.«

      »Das Gitter ist geschlossen.«

      »Das Gitter? das pflegt sonst nur zur Nachtzeit gesperrt zu werden.«

      »Seht es Euch selbst an.«

      Johann von Witt neigte sich noch etwas mehr aus den Wagen vor, und sah in der That zu seinem Staunen, das geschlossene Gitter.

      »Fahre nur fort,« rief er, »aber sogleich – meine Papiere sind in der Ordnung, der Pförtner wird uns öffnen.«

      Der Wagen verfolgte seinen Weg, aber nicht mehr mit derselben Schnelligkeit. Es schien gleichsam, als hätten Kutscher und Pferde gegenseitig ihr früheres Vertrauen verloren.

      Johann, über diese unerklärbare Erscheinung nachdenkend und vertieft, konnte sich nicht enthalten, zeitweise aus dem Wagen hervor, nach dem noch immer fest geschlossenen Tol-Hek zu blicken. In einem solchen Augenblicke, entdeckte und erkannte ihn, ein gerade aus seinem Hause tretender Bräuer, der, im Begriffe seinen Weg nach dem Buytenhoff einzuschlagen, bei dieser so unerwarteten Erscheinung, wie eingewurzelt stehen blieb.

      Ein Schrei der Ueberraschung, den er nicht mehr zurückzuhalten vermochte, machte andere zwei Männer, die eben so in der größten Eile nach dem Gefängnißplatz liefen, aufmerksam. Sie hielten auf ein Zeichen des Bräuers an, und bald gewahrte man,

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