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Die schwarze Tulpe. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die schwarze Tulpe
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Und hier am Fuße eines Hügels, um den sich in gleichen Zwischenräumen, Tag und Nacht in voller Thätigkeit klappernde und schnarrende Mühlen lagern, hier liegt Dortrecht. Es ist eine wunderschöne, eine von jenen erhabenen Aussichten, die uns in den vorliegenden Gegenständen die Ruhe und majestätische Stille der Natur, ihren Frieden, beurkundet. Weit hin erglänzen in den Strahlen der aufgehenden Morgensonne die netten, glänzend roten Dächer, deren weiße Einfassungen, einer künstlich gezogenen Linie gleich, nach der Größe und Bauart der Häuser, bald regelmäßig fortlaufend, bald in allen möglichen Zikzak, auf- oder absteigend, unterbrochen oder zusammengesetzt, sich so weit das Auge reicht, ausdehnen. Die Grundmauern der dem Wasser zunächst stehenden Gebäude baden sich gleichsam in dem Fluße, die Balkone springen weit über denselben vor, und ihre Geländer sind mit prachtvollen, gold- und silbergestickten Teppichen, den Erzeugnissen China’s und. Indiens, behangen, während von ihren Endpunkten sich lange Schnüre in das Wasser herabsenken, die, als Angeln benützt, die Bestimmung haben, die Unzahl der durch den täglich zugeworfenen Fraß herbeigelockten, Aale zu vermindern. Craecke sah es, er rief ihm einen freundlichen Morgengruß schon von der Ferne zu.
An der Schiffbrücke angelangt, fiel sein erster Blick auf ein am Abhange des Hügels befindliches, weiß und rothes Haus, das zwischen den vorliegenden Mühlen freundlich hindurch lächelnd, das heiß ersehnte Ziel, dem er entgegenstrebte, zu sein schien. Der Gibel des Daches. verschwand Anfangs unter dem bereits welken Laube, der ihn umgebenden Pappeln, tauchte aber wieder kurz, darauf an einem dunkeln Hintergrunde, den eine Anlage riesenhafter, uralter Ulmen bildete, auf, und erglänzte gleich einem funkelnden Sterne.
Dieses Haus hatte, wie man es schon aus der Ferne bemerken konnte, eine solche Lage, daß die Sonne gleichsam wie in einen Trichter demselben ihre Strahlen zusendete, und auf diese Art alle vom Wasser aufsteigenden, und selbst durch die dichte Laubwand dringenden Nebel austrocknete, dadurch den so geschützten Boden erwärmend und fruchtbar machend.
Craecke war ausgestiegen, und ohne sich um das ihn umgebende Getümmel der Marktleute zu kümmern, schlug er seinen Weg nach dem bezeichneten Hause ein.
Mit der dem Holländer eigenen, und sonst wohl nur selten zu treffenden Nettigkeit, stand dies Gebäude so weiß, so zierlich und schön da, daß man die frisch gebahnten Gänge, die glänzenden Fenster, Rinnen und sonstigen Metalleinfassungen betrachtend, in Versuchung gerieth, es für eine geschmückte Braut zu halten, die sehnsuchtsvoll den Erwählten erwartete. Und dieses kleine, irdische Paradies barg nur einen glücklichen Sterblichen.
Cornelius, Doktor van Baerle, das Taufkind des Cornelius von Witt. Seit seiner Kindheit bewohnte dieser Beneidenswerthe das erwähnte Haus. Es war der Geburtsort seines Vaters und seines Großvaters, zwei der angesehensten Kaufleute von Dortrecht.
Baerles Vater hatte theils durch glückliche Speculationen, theils im Handel mit Indien, die namhafte Summe von beinahe drei- bis viermal hunderttausend Gulden erworben, und diesen ganzen Betrag in blank, geputzten Goldstücken, wahrscheinlich aus Laune und, Vergnügen, aufgehäuft. Nach seinem im Jahre 1688 erfolgten Tode übernahm Cornelius van Baerle das ganze hinterlassene Besitzthum seiner Eltern, fand glücklich den so großen Schatz, und wunderte sich nicht wenig, diese Masse in den Jahren 1610 und 1640 geprägter Münzen noch so neu, als wenn sie eben erst die Bank verlassen hätten, zu finden. Und diese große, namhafte Summe war, so zu sagen, für den jungen Baerle; nur seine Art Sparpfennig, den er zu seinem Vergnügen verwenden konnte, da ihm seine übrigen Besitzungen, und angelegten Capitalien jährlich über zehntausend Gulden an Interessen trugen.
Kurz vor seinem Tode, der beiläufig drei Monate nach dem Ableben seiner Gattin, (die ihm das Leben durch Liebe und Sanftmuth erleichtert hatte, und nunmehr dasselbe auf der Bahn zum ewigen Frieden machen zu wollen schien, ) erfolgte, ließ der alte van Baerle den Sohn an sein Lager kommen, und hielt ihm nachstehende, denkwürdige Abschiedsrede:
»Mein guter Sohn, beherzige die Worte wohl, die ich Dir als väterlichen Rath in der letzten Stunde meines Lebens gebe, Du hast Geld, viel Geld! – Lebe! – aber begreife ganz, was das heißt: Leben! Esse, trinke, genieße jedes Vergnügen nach Herzenslust, sperre Dich ja nicht in ein dumpfes, düsteres Comptoir, um das bereits Besitzende noch zu vermehren, denn das heißt nicht leben, das ist lebender Tod, oder todtes Leben, wie Du es am besten verstehst. Dann überlege auch wohl, daß Du der einzige van Baerle bist. Was nützte Dich einst Dein ganzer, aufgehäufter Reichthum, wenn Du Dich nicht verehelichen würdest, oder selbst für den letzteren Fall, Deine Ehe keine gesegnete wäre? Dann müßten all diese Goldstücke, die aus der Präge an das Tageslicht gekommen, nur Dein Großvater und ich in Händen hatte, an fremde Leute übergehen, all’ unsere Anstrengungen wären daher ganz fruchtlos.«
»Aber vor Einem warne ich Dich besonders noch. Hüthe Dich, den Wünschen Deines Pathen Cornelius, der Dich so gerne im Staate glänzen sehen würde, jemals nachzugehen. Der Pfad der Politik ist der schlüpfrigste, den es gibt, er bietet Dir entweder einen eitlen Glanz, leeren Weltflitter, oder ein schmachvolles Ende, er hält Dich immer in Zweifel zwischen – Recht und Unrecht, er zwingt Dich oft zu Handlungen, die Dir Dein Herz verbietet.«
»Beherzige diese Lehren, mein Sohn!«
Das waren seine letzten Worte, dann senkte er ruhig sein Haupt und starb, einen Sohn in der Welt zurücklassend, der seinen Vater über Alles, und das Geld nur sehr wenig liebte.
Da war er nun allein in dem großen, großen Hause. Da überraschten ihn die vielfachen Anträge seines Pathen, der sich alle nur erdenkliche Mühe gab, ihm Geschmack am Ruhme beizubringen, da schwebte er, noch jung und unerfahren, zwischen all den mächtigen Zweifeln und Fragen für die Zukunft, zwischen denen auch wir einst schwebten. Aber die Sehnsucht nach dem Genuße der Freiheit, das nicht zu unterdrückende Verlangen die Welt und Menschen zu sehen, zu erfahren, wie es denn einige Meilen über Dortrecht hinaus aussehe das waren die leicht erklärbaren Grundlagen, die ihn bewogen, endlich dem Wunsche seines Pathen, wenigstens in Etwas nachzugehen. Er schiffte sich daher auf dem großartigsten Schnellsegler, genannt die sieben Provinzen, mit dem berühmten Admiral van Ruyter, (der damals ein Geschwader von hundert neun und dreißig Fahrzeugen befehligte, um gegen die verbündeten Franzosen und Engländer in das Feld zu ziehen, ) ein, segelte glücklich ab, sah kurz darauf den Feind in seiner furchtbaren Position vor sich, und gelangte, von Leger geführt, auf Musketenschußweite an das Linienschiff »le Prince,« dem die außerordentliche Ehre zu Theil geworden war, in seinem Bauche den Herzog von York, Bruder des Königs von England, aufzunehmen. Aber van Ruyter hatte seinen Angriff so schnell und so geschickt eingeleitet, daß der »le Prince« ohne Berücksichtigung seiner werthvollen Last, in kurzer Zeit in so bedeutende Verlegenheit gerieth, daß der erlauchte Herr es für gerathen hielt, sich auf den Saint Michael zu retten; allein auch dieser wurde von Seite der holländischen Kugeln eben so wenig respektirt, und nachdem er so ziemlich zerfetzt und zerrissen war, befahlen Seine Hoheit, aber immer mit Energie, ihn aus dem Gefechte zu ziehen. Es war höchste Zeit, denn kurz daraus unternahm der ihm zunächst stehende le Conte de Sanwik eine äußerst imposante Luftreise, zu der er sämmtliches Geschütze, und das ganze Personale, beiläufig Köpfe stark, mitnahm. Die armen Teufeln kehrten bald wieder zurück, ein Theil verbrannt, der andere zwar ganz und lebend, aber auch nur, um mit jenen brüderlich vereint, im Wasser ein gemeinsames Grab zu finden. Und das großartige Ende vom Kriege umfaßte zwanzig bis dreißig zertrümmerte und verbrannte Schiffe, dreitausend Tode, fünftausend Verwundete, und zur größten Ergötzlichkeit, die Ungewißheit, wer eigentlich die Schlacht gewonnen habe, da sich jeder Theil den Sieg zuschrieb. Man fing endlich wieder von Vorne an, eine Schlacht reihte sich an die andere, bis zuletzt dem Verzeichnisse der Bataillen, der Name Schlacht von Soutword Bay hinzugefügt wurde, der den Schlußpunkt des tragischen Spectakels machte.
Und dem Allen hatte van Baerle zugesehen, er hatte zugleich darüber nachgedacht, wie viel Zeit der Mensch verliert, wenn er in den Augenblicken, wo sich seine Mitbürger gegenseitig kanonieren, nachdenken will; die