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thätigste unterstützt, Alles auf, die Soldaten von ihrem Platze zu verdrängen.

      Diese Bemühungen einer, wenn auch nicht mit der Führung der Waffen ganz vertrauten, aber doch damit hinreichend ausgerüsteten, und in dem Augenblicke ihrer höchsten Erbitterung durch ihre numerische Uebermacht auch zu fürchtenden Partei, erfreute sich bald der ungetheilten Theilnahme, jener immer größer werdenden Masse, genannt Volk.

      »Es leben die Bürgert« schrie das Letztere, den Muth derselben nur noch mehr weckend.

      Tilly eben so fest als klug, übersah mit einem einzigen Blicke seine gefährliche Lage. In Verbindung, mit der nun gegen ihm auftretenden Bürgerwehr wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die anmaßenden Forderungen des Pöbels, ernst und strenge zurückzuweisen, so aber auf eine verhältnißmäßig, gegen den Andrang nur geringe Macht beschränkt, sah er sich genöthigt, wo möglich, auf dem Wege der Vermittlung, jedem Zusammenstoße der beiden Parteien vorzubeugen, und seine schwierige Aufgabe ehrenvoll zu lösen. Angesichts seiner Escadron, die noch immer mit jenem, dem erprobten Krieger eigenen Phlegma, die geladenen Pistolen in der Hand, gleich einer Anzahl neben einander gereihten Statuen dastand, erklärte er der Bürgercompagnie, das er von den Ständen den Befehl erhalten habe, das Gefängniß, so wie den Platz vor demselben zu bewachen.

      »Warum einen solchen Befehl? wozu das Gefängniß bewachen?« riefen die Orangisten einstimmig.

      »Ihr verlangt da viel zu wissen,« erwiderte Tilly, dessen Züge ihren heitern, spöttischen Ausdruck behielten. »Ihr verlangt da etwas zu wissen, was ich selbst nicht weiß. Ich erhielt den Befehl, das Gefängniß zu bewachen, und befolge ihn nun auch, ohne mir den Kopf darüber zu zerbrechen, warum es geschieht?«

      »Wir wissen aber, daß Ihr diesen Befehl erhieltet, um den Verräthern sicher aus der Stadt zu helfen.«

      »Das ist wohl möglich, da ich in Erfahrung brachte, daß die Verräther nur zur Verbannung verurtheilt sind.«

      »Aber wer hat Euch diesen Befehl gegeben?«

      »Von den Ständen erhielt ich ihn, um Eure Neugierde ganz zu befriedigen.«

      »Die Stände sind Verräther!«

      »Das kann sein, ich weiß es nicht, das mußt Ihr Ebenfalls besser wissen.«

      »Aber Ihr verrathet uns auch!«

      »Ich?«

      »Ja, Ihr.«

      »Die Sache wird immer possirlicher. Meine Herren, verständigen wir uns? Es handelt sich darum, zu beweisen, wen ich eigentlich verrathe? Die Stände! das ist wo unmöglich, denn ich stehe in ihrem Dienste und Solde, und bemühe mich gerade in diesem Augenblicke, dem durch sie erhaltenen Befehle pünktlich nachzukommen.«

      Diese Beweisführung, gegen die sich auch nicht die kleinste Einwendung vorbringen ließ, erbitterte die Menge, die nun einsah, auf keine Art den Soldaten los werden zu können, so sehr, daß sie die ganze Wucht ihrer Drohungen und Schimpfnamen gegen den Grafen wälzte, der aber noch immer unverändert, einer aus Erz gegossenen Figur ähnlich, all’ diesen Gemeinheiten, Kälte und Ruhe, mit einer sarkastischen Höflichkeit in Verbindung, entgegensetzte.

      »Nun, meine Herren,« begann der Graf nach einer Pause, in welcher die Kehlen der größten Schreier, den an sie gerichteten Forderungen nicht mehr entsprechen wollten, »folgt einem neuen, guten Rath, den ich Euch hier aus väterlicher Vorsorge mittheile. Habt die besondere Gefälligkeit, und entlade Euere Gewehre denn es könnte eines oder das andere, ohne irgend einer bösen Absicht, ganz aus Laune und Zufall, losgehe, und einen meiner Soldaten verwunden. Dann bliebe aber auch mir nichts anderes übrig, als durch einen einzigen Wink, einigen Hunderten von Euch, den Weg zur Ewigkeit abzukürzen, was mir sehr unlieb wäre, umso mehr, da ich voraussetze, daß es nicht in Euerer Absicht liegt, mich zu beleidigen.

      »Versucht es nur,« schrien die Bürger, »dann geben wir unverzüglich Feuer.«

      »Auch das will ich glauben, und wenn wir noch lange hin- und her reden, werden wir gegenseitig zur Ueberzeugung kommen, daß Ihr im äußersten Falle mich und meine Leute umbringen könnt, dadurch aber keineswegs Euere Todten, deren Zahl nicht so gering sein dürfte, wieder lebendig werden.«

      »Entfernt Euch also von dem Platze, überlaßt uns denselben, und beweist dadurch, daß Ihr selbst ein guter, achtbarer Bürger seid!«

      »Halt, meine Herrn, da gibt es einige Widersprüche, erstens bin ich kein Bürger, sondern Officier, wie Ihr es bemerken könnt, wenn Ihr Eure Augen ein wenig besser öffnet, und schon das ist an und für sich ein gewaltiger Unterschied, und zweitens bin ich kein Holländer, sondern ein Franzose, was die Differenz noch um ein Bedeutendes erhöht. Ich erkenne demnach hier auch nur die Stände, und gehorche Ihrem Befehle allein. Wollt Ihr also durchaus, daß ich mich entferne, so bringt mir den von ihnen ausgefertigten Befehl, der mir sehr angenehm sein würde, da ich mich schon zu langweilen anfange.«

      Ein donnerndes »Ja,«beantwortete diese ironische Anrede, und gleich darauf stürzte die ganze wogende Menge, die bisher so beharrlich nach der Occupation eines ihr streitig gemachten Terrains strebte, mit dem Rufe »Nach dem Ständehaus! Zu den Deputirten!« durch die zunächst gelegenen Straßen fort.

      »So, endlich einmal,« lachte Tilly laut auf, indem er der unabsehbaren Menge verächtlich nachblickte:

      »Gebt nur, meine wackeren Freunde, bewerbt Euch um eine unerhörte Niederträchtigkeit. Das Ständehaus wird ohnedies schon warten, wenigstens habe ich Luft, und bis Ihr wieder kommt, hoffe ich die Sache in’s Reine gebracht zu haben.«

      Der Capitän rechnete mit voller Bestimmtheit auf die Ehrbarkeit der Magistratspersonen, während jene, und dieß mit größerer Gewißheit, dem Muthe und der Ehre eines Officiers die Lösung einer äußerst schwierigen Aufgabe überlassen zu wollen schienen.

      »Capitän,« sagte der erste Lieutenant zum Grafen, als dieser so eben geendet, »Ihr verläßt Euch auf die Würde und Ehrenhaftigkeit der Stände, während diese uns gänzlich verlassen, denn sonst hätten sie, von der uns drohenden Gefahr gewiß unterrichtet, auch einige Unterstützungen hierher beordern können.«

      Während der kurzen Zeit, als diese Vorfälle sich auf dem Platze ereigneten, war Johann von Witt an der Kerkerthüre seines Bruders angekommen. Gryphus öffnete dieselbe, ließ ihn eintreten, und entfernte sich sodann.

      Hierin einem dumpfen, öden, von Moder erfüllten, und nur durch ein kleines, schmutziges Fenster erleuchteten Gemäche, lag Cornelius, der Wohlthäter seiner Mitbürger, der Vater des Volkes, mit zerbrochenen, ausgerenkten Gliedern, mit verbrannten und zerquetschten Fingern.

      Er hatte die Qualen der Vorbereitungsfolter kühn und ruhig überstanden, das inzwischen erschienene Verbannungsurtheil verhinderte die Anwendung der außerordentlichen Tortour.«

      In diesem düstern, widrig riechenden Raume, blaß dem Tode ähnlich, und doch in dem männlich kühnen Antlitze, dem Spiegel der hohen kräftigen Seele, das freundlich milde Lächeln des Märtyrers, den geistigen Blick auf das offen vor ihm liegende himmlische Jenseits gerichtet, ganz emporgehoben aus dem Schlamme der niedern Welt, seinen kräftigen Körper nicht gebeugt, so ihn zu sehen, seine erbittertsten Feinde hätten gedemüthigt, niedergeschlagen vor diesem Heros, zurückweichen müssen. Die ungeheuere, nur den höchsten menschlichen Bildungen eigene Willenskraft, die auch eine der hervorragenden Eigenschaften des Gefangenen bildete, hatte die ganze frühere Stärke seines Körpers, wieder zurückgeführt, und jetzt, wo er bereits von dem Verbannungsurtheile unterrichtet, abermals eine Zukunft vor sich sah, jetzt wo die düstere Ahnung eines gewissen und nahen Todes, langsam vor seiner Seele schwand, beschäftigte ihn nur der Gedanke an eine baldige Freiheit, an die Mittel und Wege, durch die er den gegen ihn vorherrschenden Verdacht beseitigen, und auch in der Folge ein Freund und Wohlthäter seiner undankbaren Mitbürger werden konnte. Und gerade in diesem seeligen, so majestätischen Augenblicke, wüthete draußen die Menge, welcher der Unschuldige, noch in den Stunden seiner schmerzhaften, körperlichen Leiden, sein ganzes edles Herz gewidmet, tobte gegen seine Beschützer, verlangte Mord und Blut. – Und das wüthende Geschrei stieg gleich einer furchtbaren Woge empor, und drang bis zu dem Gefangenen.

      So drohend und

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