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in meinem Hause,« erwiderte Courtin, »der junge Herr Baron hat Vertrauen zu mir, und es wäre nicht das erste Mal, daß er mich aufsucht, mir sein Leid zu klagen.«

      »Ihr habt Recht, Courtin, es ist wohl möglich. Geht nach Hause, und vergeßt euer Versprechen nicht!«

      »Vergessen Sie auch Ihr Versprechen nicht, Madame. Wenn er nach Hause kommt, sperren Sie ihn ein, machen Sie ihm jeden Verkehr mit den Wölfinnen unmöglich, denn wenn er sie wieder sieht —«

      »Was würde dann geschehen, Courtin?«

      »Dann würde es mich gar nicht wundern, wenn er aus den Büschen auf die Blauen feuert.«

      »O! ich werde mich noch zu Tode grämen!« jammerte die Gutsfrau. »Es war wirklich ein unglücklicher Gedanke von meinem Manne, wieder in dieses verwünschte Land zu kommen.«

      »Ja wohl, Madame, es war ein unglücklicher Gedanke, zumal für ihn.«

      Die Baronin senkte traurig den Kopf unter dem Eindruck der Erinnerungen, welche Courtin geweckt hatte. Er entfernte sich, nachdem er die Umgebungen durchsucht und sich überzeugt hatte, dass ihn Niemand fortgehen sah.

      XVI.

      Die Diplomatie Courtins. (Fortsetzung.)

      Als Courtin kaum zweihundert Schritte auf dem zu seinem Meierhofe führenden Wege fortgegangen war, hörte er ein Rauschen in den Gebüschen.

      »Wer ist da?« fragte er, indem er auf die Seite trat und sich mit seinem Stocke in Vertheidigungsstand setzte.

      »Ein Freund,« antwortete eine jugendliche Stimme.

      Der Antwortende kam zum Vorschein.

      »Ei! der Herr Baron!« sagte Courtin.

      »Ja wohl, ich bin’s.«

      »Mein Gott! was machen Sie denn mitten in der Nacht hier? Wenn die Frau Baronin wüßte, daß Sie nicht zu Hause sind, was würde sie dazu sagen?« erwiderte Courtin mit erheucheltem Erstaunen.

      »Es ist nun einmal so, Courtin.«

      »Aber ich vermuthe,« sagte der schlaue Landmann lauernd, »daß der Herr Baron seine Gründe hat.«

      »Ja wohl, und seine Gründe sollst Du erfahren, wenn wir in deinem Hause sind.«

      »In meinem Hause?« erwiderte Courtin erstaunt, »sind Sie denn bei mir gewesen?«

      »Willst Du mich etwa nicht mitnehmen?« fragte der junge Baron.

      »Gerechter Himmel, ich sollte mich weigern, Sie in ein Haus zu lassen, welches im Grunde Ihnen gehört?«

      »Dann wollen wir keine Zeit verlieren, es ist spät. »Gehe voran, ich folge Dir.«

      Courtin, über den gebieterischen Ton seines jungen Herrn etwas betroffen, gehorchte. Nach ein paar hundert Schritten öffnete er eine kleine Pforte, ging durch den Baumgarten und befand sich vor seinem Hause.

      In der Wohnstube, die zugleich als Küche diente, legte er einige auf dem Herde zerstreute Feuerbrände zusammen und zündete eine gelbe Wachskerze an, die er auf den Camin stellte.

      Erst jetzt bemerkte er, daß Michel todtenbleich war.

      »Mein Gott!« sagte Courtin, »was fehlt Ihnen denn, Herr Baron?«

      »Courtin,« sagte Michel mit drohendem Stirnrunzeln, »ich habe dein Gespräch mit meiner Mutter gehört.«

      »Was!« sagte der Bauer etwas betroffen; aber er faßte sich schnell wieder und setzte hinzu: »Und was wünschen Sie jetzt von mir?«

      »Du wünschest nächstes Jahr deinen Pachtcontract zu erneuern?«

      »Ich, Herr Baron —«

      »Und es ist Dir mehr daran gelegen, als Du zugibst.«

      »Nun ja, es wäre mir gar nicht unlieb, Herr Baron – aber wenn's nicht anginge, so würde man auch nicht davon sterben.«

      »Courtin, den Contract werde ich erneuern,« sagte der junge Gutsherr, »denn zur Zeit, wo der jetzige Contract abläuft, »bin ich volljährig.«

      »Ganz recht, Herr Baron.«

      »Aber Du siehst wohl ein, Courtin,« setzte Michel hinzu, dem sein Wunsch, den Grafen von Bonneville zu retten und bei Mary zu bleiben, eine ihm sonst ganz fremde Entschlossenheit gab, »Du siehst wohl ein, daß ich deinen Contract nicht erneuern werde, wenn Du thust, was Du diesen Abend gesagt hast, nämlich wenn Du meine Freunde anzeigst, denn einen Angeber will ich nicht als Pächter haben.«

      »O! o!« sagte Courtin.«

      »Bedenke daher, was Du thust,« fuhr Michel fort, »wenn Du den Meierhof einmal verlassen hast, so mußt Du ihm auf immer Lebewohl sagen, denn Du wirst nie wieder einziehen.«

      »Aber die Regierung – und die Frau Baronin —«

      »Alles dies kümmert mich nicht, Courtin. Ich bin der Baron Michel de La Logerie, das Gut gehört mir, sobald ich volljährig bin, weil es mir von meiner Mutter abgetreten wird; ich bin in elf Monaten volljährig und dein Contract ist in dreizehn Monaten zu Ende.«

      »Aber wenn ich meinen Plan nicht in Ausführung bringe?« erwiderte Courtin mit gleißnerischer Freundlichkeit.

      »Dann wird der Pachtcontract erneuert.«

      »Unter den bisherigen Bedingungen?«

      »Ja, unter den bisherigen Bedingungen.«

      »Herr Baron, wenn ich nicht fürchtete, Sie zu compromittiren,« sagte Courtin, indem er aus einem Schranke ein Fläschchen mit Tinte, einen Bogen Papier und eine Feder nahm und aus den Tisch legte.

      »Was soll das?« fragte der junge Baron.

      »Wenn Sie die Güte haben wollten, Herr Baron, mir das Versprechen schriftlich zu geben – es ist für Leben und Sterben – und ich will Ihnen schwören —«

      »Ich brauche keinen Schwur, Courtin; denn ich gehe auf der Stelle wieder nach Souday, ich warne Jean Oullier und fordere Bonneville auf, einen anderes Versteck aufzusuchen.«

      »Nun, dann haben Sie um so weniger Ursache, sich zu weigern,« sagte Courtin und reichte seinem jungen Gutsherrn die Feder.

      Michel nahm die Feder und schrieb:

      »Ich, der unterzeichnete August Franz Michel, Baron de La Logerie, verpflichte mich, den Pachtvertrag Courtin’s unter den bisherigen Bedingungen zu erneuern.«

      Er wollte das Datum darunter setzen; aber Courtin wollte es nicht zugeben.

      »Nein,« sagte er, »lassen Sie das, Herr Baron; wir setzen das Datum, sobald Sie volljährig sind.«

      »Gut,« sagte Michel.

      Er schrieb nur seinen Namen und ließ Platz für das Datum.

      »Wenn Sie bequemer als auf diesem Schämel ruhen wollen, Herr Baron,« sagte Courtin, »so würde ich sagen. Oben steht ein Bett, das nicht ganz schlecht und Ihnen zu Diensten steht – vorausgesetzt daß Sie vor Tagesanbruch nicht ins Schloß gehen wollen.«

      »Nein,« erwiderte Michel, »Du hast ja gehört, daß ich nach Souday gehen will.«

      »Warum denn, Herr Baron? Sie haben ja mein Versprechen, daß ich nichts sagen will – Sie haben Zeit.«

      »Was Du gesehen hast, Courtin, konnte auch ein Anderer sehen,« entgegnete der junge Gutsherr, »und während Du schweigst, weil Du es versprochen, kann ein Anderer, der kein Versprechen gegeben, reden. – Auf Wiedersehen, Courtin!«

      »Thun Sie was Sie wollen, Herr Baron,« sagte Courtin, »aber Sie haben wirklich Unrecht, wieder in die Mausefalle zu gehen.«

      »Es ist gut, Courtin, ich danke Dir für deinen Rath; aber es freut mich sehr, daß Du mich als einen Mann anerkennst, der seinen freien Willen hat.«

      Er stand auf und verließ rasch das Haus.

      Courtin, verwundert über diese Entschlossenheit, schaute ihm nach, bis sich die Thür hinter dem jungen Baron wieder geschlossen hatte; dann griff er hastig nach dem Papier, las den

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