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Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die Zwillingsschwestern von Machecoul
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Rosine, welche vergebens zu ärztlicher Hilfe gerathen hatte, war vor dem Bette geblieben, um jeden Augenblick seine Wünsche zu erfüllen.
Um vier Uhr Nachmittags hatte der Kranke eingesehen, daß er von einem bösartigen Fieber befallen war, und seine Tochter in das Schloß geschickt.
Wir haben das Resultat dieses Entschlusses gesehen. Nachdem Bertha den Puls des Kranken untersucht und seine mühsam hervorgebrachte Erzählung angehört hatte, überzeugte sie sich, daß er ein hitziges Fieber hatte. Aber von welcher Art dieses Fieber war, wußte sie nicht.
Da der Kranke indeß unaufhörlich zu trinken verlangte, so schnitt sie eine Citrone in Scheiben, ließ sie in einem Topf; mit Wasser sieden, that etwas Zucker hinein und gab diese Limonade dem Kranken statt des klaren Wassers.
Als sie die Limonade bereiten wollte, erklärte Rosine, es sey kein Zucker im Hause. Der Zucker ist für den Vendéer Bauer der größte Luxus.
Bertha hatte es vermuthet und deshalb etwas Zucker in ihr Arzeneikästchen gethan. Sie sah sich nach dem Kästchen um und bemerkte es unter dem Arm des jungen Barons, der immer an der Thüre stand.
Sie winkte ihn herbei, aber ehe er von der Stelle gegangen war, machte sie eine abwehrende Bewegung und ging, einen Finger auf den Mund haltend, auf ihn zu.
»Der Zustand des Kranken ist sehr bedenklich,« sagte sie leise, »ich will die Verantwortung nicht übernehmen. Ein Arzt ist sehr nothwendig, und ich fürchte sogar, daß er zu spät kommen wird. Eilen Sie nach Palluau, lieber Herr Baron, und holen Sie den Doktor Roger.«
»Aber Sie – Sie?« fragte Michel sehr besorgt.
»Ich bleibe hier. Sie werden mich hier wieder finden, ich habe etwas Wichtiges mit dem Kranken zu reden.«
»Etwas Wichtiges?« sagte Michel erstaunt.
»Ja,« antwortete Bertha.
»Aber bedenken Sie doch —«
»Ich sage Ihnen,« unterbrach ihn das Fräulein, »daß die mindeste Verzögerung gefährliche Folgen haben kann. In diesem schon vorgerückten Stadium sind die Fieber oft tödtlich; eilen Sie daher und holen Sie den Doctor.«
»Aber wenn das Fieber ansteckend ist,« entgegnete Michel, »so kommen Sie ja auch in Gefahr —«
»Lieber Herr,« erwiderte Bertha, »wenn man an solche Dinge denken wollte, so würde die Hälfte unserer Bauern hilflos sterben. Gehen Sie! Gott wird mich schützen.«
Sie reichte dein Boten die Hand.
Der junge Baron, von Bewunderung erfüllt, faßte die Hand und zog sie an seine Lippen.
Diese Bewegung war so rasch, so leidenschaftlich, daß Bertha erblaßte und seufzend hinzusetze:
»Gehen Sie, Freund – gehen Sie!«
Dieses Mal hatte sie nicht nöthig, den Befehl zu wiederholen. Michel eilte hinaus. Ein noch nie gekanntes Feuer durchglühte ihn und verdoppelte die Lebenskraft; er wäre im Stande gewesen, Unmögliches zu vollbringen, es schien ihm, als ob er, wie Merkur, am Kopf und an den Fersen Flügel hätte. Er würde eine ihm den Weg versperrende Mauer erklommen, er würde sich in einen reißenden Strom gestürzt haben, um an das andere Ufer hinüberzuschwimmen. Es that ihm fast leid, daß Bertha so wenig von ihm verlangte, er hätte gern Hindernisse überwunden, etwas Schweres, sogar Unmögliches vollbracht. Durch den kurzen Weg konnte er sich keine Ansprüche auf den Dank des Fräuleins erwerben; er wäre gern, für sie ans Ende der Welt gegangen, er hätte gern Beweise seines Muthes gegeben.
In seiner Aufregung fühlte er keine Ermüdung. In einer halben Stunde war er in Palluau.
Der Doktor Roger war ein Hausfreund der Baronin de La Logerie. Der junge Baron brauchte sich daher nur zu nennen, um den Doctor, der noch nicht wußte, daß der Kranke nur ein Bauer war, aus dem Bett zu holen.
In fünf Minuten war der Doktor angekleidet und fragte nach der Ursache dieses unerwarteten nächtlichen Besuches.
Michel erzählte den Krankheitsfall mit wenigen Worten, und da der Arzt sich wunderte, den jungen Baron zu Fuß, mit bloßem Kopfe kommen zu sehen, erwiderte Michel, der Kranke sey der Ehemann seiner Amme und dies sey die Ursache seiner warmen Theilnahme.
Der Arzt ließ sogleich sein Pferd einspannen. Aber Michel behauptete, er werde den Weg schneller zu Fuß machen.
»Kommen Sie so geschwind wie Sie können,« sagte er zu dem Doktor, »ich will vorausgehen und Ihre Ankunft melden.«
Der Doctor meinte, der Sohn der Baronin de La Logerie habe den Verstand verloren. Er sagte, daß er ihn bald einholen werde.
Aber der Gedanke, zu Wagen zurückzukommen, war dem jungen Baron unerträglich. Er dachte, Bertha würde ihm viel dankbarer seyn, wenn er vorauseilte und die Ankunft des Arztes meldete, als wenn er mit diesem vom Wagen stiege. Einen schnellen Ritt auf einem feurigen Renner hätte er sich noch gefallen lassen – aber in einem Einspänner!
Die erste Liebe ist immer poetisch, alles Prosaische ist ihr ein Gräuel.
Was würde Mary sagen, wenn ihr Bertha erzählte, sie habe den jungen Baron nach Palluau geschickt und er sey mit dem Doctor Roger im Einspänner zurückgekommen! Es war hundertmal poetischer, zu Fuß, in Schweiß gebadet und athemlos wieder in der Hütte zu erscheinen.
An den Kranken dachte er freilich sehr wenig, seine Gedanken waren auf die beiden Schwestern gerichtet. Die Hauptursache dieser großen Umwälzung, die in der Seele unseres Helden vorging, war eine Nebensache geworden, sie war nicht mehr Zweck, sondern Vorwand.
Michel lachte höhnisch bei dem Gedanken, daß der Doctor sein Pferd antrieb, um ihn einzuholen; es that ihm unendlich wohl, den kühlen Abendwind an seiner glühenden Stirn zu fühlen. Er sollte sich von dem Einspänner des Doctors einholen lassen? Lieber wäre er gestorben!
In fünfundzwanzig Minuten war er wieder vor der Hütte.
Bertha schien diese fast unmögliche Geschwindigkeit geahnt zu haben, denn sie erwartete ihren Boten vor der Thür. Sie wußte wohl, daß seine Rückkehr vernünftigerweise erst in einer halben Stunde zu erwarten war, aber dennoch lauschte sie.
Sie glaubte ferne leise Fußtritte zu hören. Michel konnte es noch nicht seyn und doch zweifelte sie keinen Augenblick, daß er es sey.
Nach einigen Augenblicken sah sie ihn wirklich in der Dunkelheit auftauchen und rasch näher kommen. Sie mochte ihren Augen noch nicht trauen, aber als sie nicht mehr zweifeln konnte, pochte ihr zum ersten Male das Herz mit unbekannter Heftigkeit.
Der junge Baron war sprachlos, athemlos, wie der Grieche von Marathon, und es fehlte wenig, so wäre er wie: Jener, wenn nicht todt, doch ohnmächtig niedergesunken.
Er hatte nicht die Kraft zu sagen: Der Doktor folgt mir!
Um nicht niederzusinken, griff er mit der Hand an die Mauer.
Hätte er sprechen können, so würde er gesagt haben: »Erzählen Sie Ihrer Schwester, daß ich um ihretwegen den Weg nach Palluau und wieder zurück in fünfzig Minuten gemacht habe!«
Aber er konnte nicht sprechen und Bertha mußte glauben, ihr Abgesandter habe um ihretwillen das Unmögliche geleistet.
Sie feierte im Stillen einen süßen Triumph.
»O mein Gott!« sagte sie, indem sie ihm mit dem Schnupftuch das Gesicht trocknete, dabei aber die Berührung seiner Stirnwunde sorgfältig vermied, »es thut mir unendlich leid, daß Sie sich meine Mahnung zur Eile so zu Herzen genommen haben. Sie sind fürwahr in einem schönen Zustand! – Sie sind recht kindisch!« setzte sie wie eine besorgte Mutter mit unbeschreiblicher Sanftmuth hinzu.
Michel faßte ihre leise bebende Hand.
In diesem Augenblicke hörte man das Rasseln des Einspänners auf der Landstraße.
»Da kommt der Doctor!« sagte Bertha und stieß Michel’s Hand zurück.
Er