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wir schnell über die Folgen des 10. August hinweg. Wenn das durch den so eben für die Freiheit gelieferten Kampf erbitterte Volk, dem Impuls einiger blutdürstiger Männer folgend, sich in scheußlichen Metzeleien, in ungerechten Verurtheilungen austobte, wollen wir nicht ihm die schwere Verantwortlichkeit davon aufbürden.

      Welche Wunder zeigte jeder neue Tag! Gestern war dieses Volk noch Sclave, es hatte nicht einen Herrn – ein König ist über nichts Herr – sondern hundert Herren. Heute, seht! es ist frei. Frei! Aber ach! ein so großer Triumph macht es toll! Seht, wie die Köpfe fallen, wie die Blutgerüste sich röthen: der Bruder ermordet den Bruder. Abscheuliches Schauspiel! Wie viele Leichname häufen sich Angesichts dieser rasenden Menge! Nur Ein Interesse im Auge habend, sind dem großen Haufen alle sanften und edeln Gefühle fremd.

      Während Dumouriez den Sieg von Jemappe erfocht, an welchem der junge Egalité, der Sohn Antheil nahm, wurde der Mangel immer fühlbarer, und umsonst forderten die Gemeinden den National-Convent auf, die Repräsentanten des Volks zu gewinnen. Aber es war nicht genug, daß das Königthum erschüttert war, es sollte für immer vernichtet werden. Seit der Einnahme der Tuilerieen forderten eine Menge Adressen und eine große Anzahl Deputierte die Verurtheilung des Königs.

      Sie wurde beschlossen.

      . . .  Sehen wir jetzt, welche Rolle der Herzog von Orleans bei all diesen Ereignissen gespielt hat. Er schwebte immer zwischen der Erwartung der Stunde, wo er sich der Krone werde bemächtigen können, und der Furcht, die Hand nach derselben auszustrecken. Um zu derselben zu gelangen, mußte er erst General-Lieutenant des Reichs werden, aber dieser Entscheidung stand seine feige Unentschlossenheit entgegen. Zu der Rolle, die er als solcher spielen mußte, gehörte Muth, und Entschlossenheit, während er nur jene verbrecherische und plumpe Kühnheit besaß, die den gemeinen Ehrgeizigen bezeichnet. Er wollte sich dem Volke nur zeigen, wenn er es ohne Gefahr für seine Person wagen könnte. Die Furcht und seine Neigung für die Engländer, welche immer bereit gewesen sind, Ränke, welche Frankreich schaden konnten, zu begünstigen, bewog ihn, eine Reise nach London zu machen. Ungeachtet er sich so schwer gegen Ludwig XVI. vergangen hatte, erbat er sich doch von demselben die Erlaubnis zur Reise.

      Da die Männer, welche sich aus edeln Absichten und in der Ueberzeugung, nur so dem allgemeinen Elende abhelfen zu können, an die Spitze des Volks gestellt hatten, dem Herzoge zu langsam gingen, beschloß er, den König und den Grafen von Artois ermorden zu lassen. Er verband sich zu diesem Zwecke mit Herrn von Talleyrand, dem heuchlerischen Priester, dem sogar aller Gewandtheit ermangelnden Bösewicht. Sie fanden einen Mörder auf, der auf den Wagen des Königs schoß. Die Kugel tödtete eine unglückliche Frau. Der Mörder entfloh. Eine weniger bekannte Thatsache ist, daß Ludwig XVI. an demselben Tage, als er die Stufen der Rathhaus-Treppe hinanstieg, einen Dolchstich bekam, den er in dem Augenblicke kaum fühlte. Am Abend, als er nach Versailles zurückkehrte, konnte er ein Kleid nicht ausziehen und mußte es aufschneiden lassen; nun fand es sich, daß sein Hemd, ganz mit Blutgetränkt, an der Wunde festklebte. Ludwig XVI. ließ sich von den Anwesenden das Versprechen geben, diesen Vorfall zu verschweigen. Sie hielten lange Wort. Ganz natürlich ward auch dieses Attentat auf das Leben des Königs dem Herzoge von Orleans zugeschrieben. Man kann dies dahingestellt sein lassen, indem man ihm der Verbrechen so viele vorzuwerfen hat, daß eins mehr oder weniger keinen großen Unterschied in dieser schrecklichen Liste machen würde, die mit dem Monopol anfängt und mit Räubereien aller Art endet. Es ist erwiesen, daß der Herzog den Stadtschultheißen Flesselles durch einen seiner Agenten, einen Niederträchtigen, Namens Molaive, ermorden ließ. Auch Pinet hatte der Herzog nicht vergessen, er ließ ihn nach dem Palais-Royal bescheiden und sagte zu ihm:

      »Mein lieber Pinet, ich habe gehört, daß dieser Tage Unruhen vor Ihrem Hause. Stattgefunden haben; man muß das Volk fürchten; es will den reichen Leuten nicht wohl . . . ich rathe Ihnen, Ihr Geld nicht im Hause zu behalten . . . Sie sehen, wie ich mit dem Volke stehe, mein Palast ist ein sicherer Zufluchtsort!«

      Pinet überlieferte Orleans sein ganzes Vermögen in einer Brieftasche. Einige Zeit darauf bat er ihn um einige tausend Franken, weil er eine Zahlung zu leisten habe, Orleans versprach sie ihm in einigen Tagen und bestellte ihn nach dem Hause in Passy. Abends zu der bestimmten Stunde kam Pinet daselbst an. »Haben Sie den Empfangschein?« war die erste Frage des Herzogs, und auf die bejahende Antwort erwiderte er:

      »Ihre Brieftasche, mein lieber Pinet, werden Sie bei Bazin finden, der Sie in Vèsinet erwartet, . . .ich werde Ihnen ein Cabriolet geben mit Einem meiner Leute, der Sie zu Bazin fahren wird. Indem Sie demselben ein kleines Douceur geben, wird er Ihnen die Brieftasche zustellen.«

      Pinet empfahl sich dem Herzoge und stieg in das Cabriolet, welches den Weg durch das Gehölz von Vésinet nahm . . . kaum war er eine Viertelstunde in demselben, als plötzlich Männer6 den Wagen umringten, Pinet zum Aussteigen nöthigten und ihn mit einem Pistol in den Hinterkopf schossen. Sie plünderten ihn und bemächtigten sich seiner Papiere, die sie. Orleans überbrachten. Pinet starb, den Herzog von Orleans als einen Mörder bezeichnend, zwei Tage darauf an den Folgen seiner Wunde. Philipp Egalité hatte ihm also vierundfünfzig Millionen gestohlen!!! Ein alter Kammerdiener des Herzogs versprach den Gläubigern Pinet’s, ihnen die Wahrheit zu sagen . . . indem er sich vor Gericht stellen wollte, ließ der Herzog ihn zu sich rufen. . . einige Tage darauf war dieser Mann verschwunden! . . . Andere Mitschuldige Orleans, die derselbe in verschiedene Departements geschickt hatte, wurden arretiert. Der Eine derselben, Bordier, ward in Rouen verhaftet. Die Akten dieses Prozesses sind bis jetzt den Geschichtschreibern unbekannt geblieben, so wie auch denen, die Interesse dabei haben, sie zu vernichten. Aber diese Akten sind vorhanden! Es würde zu weitläufig sein, sie mitzutheilen: sie beweisen, daß der Herzog von Orleans dem Bordier die Summe von dreißigtausend Livres gegeben hat, um den Bürgerkrieg anzuschüren und die Provinzen in Aufruhr zu bringen. Der Herzog bereitete. Alles zum Siege vor: er hatte schon seine Wappen umarbeiten lassen, welche an die Stelle derer der älteren Linie gesetzt werden sollten. In Beziehung auf diesen Umstand sagt Montjoie:

      »Es fiel ihm damals nicht ein, daß der Sohn, den er nach seinem Herzen erzog, dieselben einst in einem Anfalle panischen Schreckens mit seinen eignen Händen zerkratzen würde.«

      Der Herzog von Chartres (jetzt König der Franzosen) wohnte mit seinem Vater den stürmischen Sitzungen der National-Versammlung bei. Bei einer dieser Sitzungen machte derselbe sich bemerklich, indem er, als ein Deputierter gesagt hatte: »Wir müssen noch Opfer haben: es fehlt noch an Laternen,« ausrief:

      »Ja, ja, es fehlt noch an Laternen!«

      Indem Montjoie diesen Zug angeführt, fügt er hinzu:

      »Diese abscheulichen Worte beweisen, daß der Sohn seines Vaters würdig war! Und dennoch gibt es eine Partei in unserm Vaterlande, welche diesen in den Grundsätzen seines Vaters erzogenen jungen Mann jetzt auf den Thron der Franzosen setzen möchte. Wenn unser Land so gedemüthigt würde, dann wäre die Verbannung, ja der Tod selbst, dieser Beherrschung vorzuziehen!«

      Montjoie schrieb dieses vor 1830. Indessen ist seine Meinung von Ludwig Philipp I. 1834 nochmals publicirt worden.

      Philipp Egalité lächelte dem Volke zu, unter das seine Mitschuldigen sich mischten; er schwatzte vertraulich mit aller Welt und theilte zahlreiche Händedrücke aus. Es war eine Familien-Gewohnheit. Er ließ seine Freunde schreien:

      »Es lebe Orleans! Es lebe unser Vater Orleans! Nieder mit dem Könige! Nieder mit der Königin!«

      Und Orleans antwortete:

      »Seid ruhig, meine Kinder, wir wollen ihre Herzen essen und uns aus ihren Gedärmen Kokarden machen!«

      Orleans begnügte sich nicht damit, die traurigen Nothwendigkeiten der Revolution gut zu heißen; er veranlaßte die entsetzlichsten Blutbäder. Er hungerte Paris abermals aus. Durch alle möglichen Verbrechen war es ihm gelungen, sich in Besitz fast sämtlichen Getreides zu setzen. La Fayette hatte über diesen Punkt eine sehr stürmische Erklärung mit ihm: er erhob sogar die Hand, um dem Herzog eine Ohrfeige zu geben. Der feige Orleans wankte drei Schritte zurück und sank ohnmächtig in einen Lehnstuhl. La Fayette befahl ihm, sich zu Ludwig XVI. Zu begeben, der ihm andeutete, Frankreich zu verlassen. Orleans schwor, daß er gehorchen werde

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<p>6</p>

Orleans hatte die höllische Vorsicht beobachtet, die Mörder in die Livree der Königin zu kleiden.