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begeben, der 1813 in den Dienst eines Fürsten von Lahore getreten.

      Wir haben schon dieser Flucht von Gaetano Sarranti bei Gelegenheit des Verschwindens des Wagners der Rue Saint-Jacques, eines Bruders der Mutter Boivin, erwähnt, ein Verschwinden, in Folge dessen die kleine Mina die Thüre, an die sie geklopft, verschlossen gefunden hatte und vom Schulmeister und von seiner Familie aufgenommen worden war.

      Wir sprachen bei dieser Gelegenheit auch von einem Sohne, den im Seminar Saint-Sulpice der flüchtige Corse hatte.

      Dieser Sohn war der Mann, dessen Portrait wir zu zeichnen versucht haben; es war der Bruder Dominique Sarranti, den man wegen seines spanischen Ansehens allgemein den Fra Dominico nannte.

      Der junge Mann hatte sich jeder Zeit für den geistlichen Stand bestimmt; als seine Mutter todt und sein Vater nach St. Helena abgegangen war, wurde er einem Seminar übergeben.

      Bei seiner Rückkehr von St. Helena im Jahre 1816 machte sein Vater, – welcher sehr ungern diesen seltsamen Beruf bei einem jungen Manne sah, der etwas ganz Anderes als Priester werden konnte, – sein Vater, sagen wir, machte einen letzten Versuch, ihn zu bewegen, ins bürgerliche Leben zurückzukehren; er brachte eine ziemlich bedeutende Summe mit, um die Unabhängigkeit des jungen Mannes zu sichern; doch dieser weigerte sich beharrlich.

      Als Gaetano Sarranti verschwunden war, wurde sein Sohn, der damals, wie gesagt, Pensionär bei Saint-Sulpice, mehrere Male auf die Polizei gerufen.

      Einmal sahen ihn seine Kameraden düsterer und bleicher als gewöhnlich zurückkommen.

      Eine Anklage viel schwerer als die eines Complottes gegen den Staat lastete auf seinem Vater.

      Nicht nur war er angeklagt, er habe mit Hilfe gewaltsamer Mittel die bestehende Regierung umstürzen wollen, sondern man verfolgte auch eine Untersuchung – gegen ihn als bezichtigt der Entwendung einer Summe von dreimal hunderttausend Franken eben diesem Herrn Gèrard gehörig, bei dem er Lehrer seines Neffen und seiner Nichte war, und man legte ihm sogar das Verschwinden, wie man Anfange sagte, und sodann die Ermordung dieses Neffen und dieser Nichte zur Last.

      Allerdings wurde bald nachher die angefangene Untersuchung wieder aufgegeben; doch der Verbannte blieb nichtsdestoweniger unter dem Gewichte dieser entsetzlichen Anklage.

      Alle diese Ereignisse machten Dominique immer düsterer als Menschen, immer strenger als Priester.

      In dein Augenblicke, wo er sein Gelübde ablegen sollte, erklärte er auch, er wolle in einen der strengsten Orden eintreten, und er wählte den Orden des heiligen Dominique, der in Frankreich den Namen Jacobiner-Orden angenommen hat, weil das erste Kloster dieses Ordens in der Rue Saint-Jacques erbaut wurde.

      Er legte sein Gelübde ab und wurde zum Priester am Tage nach seiner Volljährigkeit, das heißt am 7. März 1821, geweiht.

      In der Zeit, zu der wir gelangt sind, war Bruder Dominique schon etwas über zwei Jahre im Orden.

      Er war zu dieser Stunde ein Mann von siebenundzwanzig bis achtundzwanzig Jahren, mit großen, lebhaften, klaren, durchdringenden schwarzen Augen, mit tiefem Blicke, sorgenvoller Stirne, bleichem, strengem Gesichte und stolzer, energischer, entschlossener Haltung; er war groß von Gestalt, mächtig in Geberden, kurz in Worten; sein Gang war edel, langsam, ernst, gewisser Maßen rhythmisch; sah man ihn auf der Straße gehen, den Schatten der Häuser suchend, um seine träumerische-Stirne, welche unablässig die Spur eines finsteren Kummers an sich trug, darein zu versenken, so hätte man ihn für einen von jenen schönen Mönchen von Zurbaran gehalten, der, von der Leinwand herabgestiegen, ein Flüchtling des Grabes, mit dem gleichmäßigen, sonoren Schritte des der Einladung von Don Juan folgenden steinernen Gastes auf die Erde zurückgekehrt wäre.

      Der unbeugsame Wille und die tiefe Energie, die sich in diesem Gesichte ausgeprägt fand, offenbarten indessen mehr die Strenge eherner Grundsätze, als den Kampf ehrgeiziger Leidenschaften.

      Es war überdies das redlichste Urtheil, die gesundeste Vernunft, das reichste Herz der Welt.

      Das einzige unverzeihliche Verbrechen, dessen sich ein Mensch in seinen Augen schuldig machen konnte, war die Gleichgültigkeit in Betreff der Menschheit; denn die Liebe für die Menschheit schien ihm das Hauptelement des Lebens der Völker; er gerieth zuweilen in eine bewunderungswürdige Begeisterung, wenn er in der Zukunft, so fern sie war, jene allgemeine Harmonie gegründet auf die Verbrüderung der Nationen erschaute, welche das Seitenstück der Harmonie der Welten bilden soll.

      Sprach er von der zukünftigen Unabhängigkeit der Nationen, so geschah es mit einer ergreifenden Beredtsamkeit; man fühlte sieh dann zu ihm und mit ihm hingerissen durch einen Aufschwung unwiderstehlicher Sympathie; sein Wort hinterließ in Euch Etwas wie einen Reflex seines Herzens; seine Rede theilte Euch seine Stärke mit; man war im Begriffe, einen Flügel seines Rockes zu nehmen und zu sagen: »Voran, Prophet; ich folge Dir.«

      Nur nagte ein furchtbarer Wurm an dieser köstlichen Frucht: das war die Bezichtigung des Diebstahls und des Mordes, die auf seinem Vater lastete.

       XXXVIII

      Symphonie des Frühlings und der Rosen

      Das war der junge Mönch, der aus der Schwelle erschien.

      Er blieb stehen, betroffen von dem Schauspiele, das er vor Augen hatte.

      .

      »Freund, sprach er mit seiner traurigen Stimme, der er bei Gelegenheit einen tröstlichen Ausdruck zu geben wußte, »die Frau, welche hier liegt, ist hoffentlich weder Ihre Mutter, noch Ihre Schwester.«

      »Nein,« antwortete Colombau; »ich war fünfzehn Jahre alt, als ich meine Mutter verlor, und ich hatte nie eine Schwester.«

      »Gott erhalte Sie zum Troste der alten Tage Ihres Vaters, Colombau,« sprach der Priester.

      Und er schickte sich an, vor dem Leichnam niederzuknien.

      »Warten Sie, Dominique,« sagte Colombau; »ich habe Sie holen lassen . . . «

      Dominique unterbrach ihn:

      »Sie haben mich holen lassen, weil Sie meiner bedurften Ich bin gekommen, und hier bin ich.«

      »Ich habe Sie holen lassen, mein Freund, weil die Frau, die Sie hier liegen sehen, wie vom Blitze getroffen durch den Bruch von einem der großen Gefäße des Herzens, eine so gute Christin, eine so fromme Frau sie auch war, ohne Beichte gestorben ist.«

      »Es geziemt Gott allein, und nicht den Menschen, zu beurtheilen, in welcher Verfassung sie gestorben ist,« antwortete der Mönch. »Beten wir!«

      Und er kniete oben am Bette nieder.

      Colombau, da er wußte, daß eine Wärterin bei der Tochter war und ein Priester bei der Mutter, konnte nun für die Beerdigung Sorge tragen.

      Im Vorübergehen erkundigte er sich nach Carmelite.

      Ganz erschöpft, war das Mädchen unter dem Einflusse eines vom Arzte verschriebenen Schlaftrunkes entschlummert.

      Colombau nahm alles Geld, was er hatte, und ordnete mit der Kirche, mit dem Leichengepränge, mit dem Conservator des Friedhofes alle Einzelheiten von diesem fünften Acte des Lebens.

      Am Abend um sieben Uhr kam er nach Hause zurück. Er fand Dominique, wenn nicht im Gebete, doch wenigstens in der Meditation beim Bette der Verstorbenen.

      Der Mann Gottes hatte nicht einen Augenblick das Leichenzimmer verlassen.

      Colombau verlangte von ihm-, daß er etwas Nahrung zu sich nehme. Der Mönch schien den gewöhnlichen Bedürfnissen des Lebens nicht unterworfen; er gehorchte jedoch der Aufforderung seines Freundes; nach zehn Minuten war er aber zurück und nahm wieder seinen Platz am Bette der Todten ein.

      Carmelite war mit einem verdoppelten Delirium erwacht.

      Der Armen, da sie nicht das Bewußtsein ihres Zustandes hatte, blieb wenigstens Alles, was um sie hervorging, unbekannt.

      Im Ganzen genommen waren die brennenden Schmerzen des Leibes besser, als die tiefen Bangigkeiten der Seele.

      Die Nachbarinnen übernahmen die frommen Sorgen der Beerdigung; ein Schreiner brachte

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