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Namenlos. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Namenlos
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Diese Darlegung der Umstände, gerichtet an einen Kreis, der einen Vater von Mr. Vanstones Gemüthlichkeit und eine Tochter von Magdalenens Sinnesart einschloß, hatte denn auch den Erfolg, den man gleich von vornherein vorhersagen konnte.
Das bedeutsame Schweigen, welches die Gattin und Miss Garth bewahrten, entweder mißverstehend oder unbeachtet lassend, gab Mr. Vanstone nicht allein Magdalenen Erlaubniß, dem bedrängten Liebhabertheater zu Hilfe zu kommen, sondern mahnt auch für Nora und sich selbst eine Einladung an, der Ausführung beizuwohnen. Mrs. Vanstone lehnte aus Gründen ihrer leidenden Gesundheit ab, sie zu begleiten, aber Miss Garth versprach mitzukommen, vorausgesetzt, daß sie zu Hause entbehrlich sein würde. Die ausgeschriebenen Rollen der »Lucie« und »Falklands«, welche die geängstigte Familie überall mit sich herumtrug, wie eine nebenbei aufgelesene Krankheit, wurden sofort ihren künftigen Darstellern behändigt. Franks schwache Weigerungsversuche wurden ungehört zurückgewiesen, die Tage und Stunden der Proben sorgfältig auf die Umschläge der Rollenhefte bemerkt, und die Marrables verabschiedeten sich unter einer förmlichen Dankesentladung, indem Vater, Mutter und Tochter die Ausdrücke ihrer Dankbarkeit mit freigebigster Hand vom Empfangszimmer bis zu dem Gartenthore auf den Weg streuten.
Sobald der Wagen abgefahren war, stellte sich Magdalene den Augen der Familie in einem ganz neuen Lichte dar.
– Wenn noch mehr Besuche heute kommen sollten, sagte sie mit dem tiefsten Ernste in Blick und Gebärde, so bin ich nicht zu Hause. Dies ist eine weit ernstere Sache, als Ihr denkt. Frank, gehe irgendwohin auf die Seite, lies Deine Rolle für Dich durch und laß wo möglich Deine Aufmerksamkeit durch Nichts ablenken. Ich werde vor Abend für Niemand zugänglich sein. Wenn Du nach dem Thee – mit Papas Erlaubniß – wiederkommen willst, so will ich Dir meine Meinung über den Falkland sagen. Thomas! Was der Gärtner auch vorhat, er soll mir mit seiner Arbeit keinen Lärm unter meinem Fenster machen. Für den Rest des Nachmittags werde ich mich aufs Lernen legen, und je ruhiger dabei das Haus ist, desto dankbarer werde ich Jedermann sein.
Bevor Miss Garth die Batterie ihres Tadels abfeuern konnte, bevor der erste Ausbruch von Mr. Vanstones herzlichem Gelächter über seine Lippen kam, verneigte sie sich mit unerschütterlichem Ernst vor der Familie, stieg zum ersten Male die Haustreppe im Schritt hinauf, statt im Laufen, und verschwand oben in der Gegend der Schlafgemächer. Franks unbehilfliches Staunen über ihr Verschwinden trug ebenfalls wesentlich bei zur Komik des Auftritts. Er stand erst auf dem einen, dann auf dem andern Beine, indem er seine Rolle auf- und zublätterte und seinen Freunden im Kreise Erbarmen flehend ins Gesicht schaute.
– Ich weiß, ich kanns nicht, sagte er. … Darf ich nach dem Thee wieder vor kommen und Magdalenens Meinung hören? Ich danke Ihnen, ich will gegen Acht wieder herein sehen. Sagen Sie meinem Vater nichts von dieser Ausführung; ich würde sonst ewig davon reden hören müssen.
Dies waren die einzigen Worte, die er noch Besinnung hatte herauszubringen. Er ging wie im Traume, ohne zu wissen wohin, nach dem Gebüsch zu, die Rolle aufgeschlagen in der Hand herabhängen lassend, der unfähigste Falkland und der rathloseste Mensch unter der Sonne!
Franks Weggang ließ die Familie sich selber wiederfinden und war daher das Zeichen zu einem Angriff auf Mr. Vanstone wegen seiner eingefleischten Lässigkeit in der Handhabung seiner väterlichen Machtvollkommenheit.
– Was konntest Du in aller Welt nur denken, Andreas, als Du Deine Einwilligung gabst? sagte Mrs. Vanstone. Offenbar war mein Schweigen Mahnung genug für Dich, Nein zu sagen.
– Ein Mißgriff, Mr. Vanstone, stimmte Miss Garth ein, gethan in der besten Absicht, aber trotz alledem ein Mißgriff.
– Es mag ein Mißgriff sein, sagte Nora, wie gewöhnlich ihres Vaters Partie ergreifend, aber ich sehe wirklich nicht ein, wie Papa oder ein Anderer an seiner Stelle unter Umständen wie diese hätte Nein sagen könnten.
– Ganz recht, meine Liebe, bemerkte Mr. Vanstone. Die Umstände, wie Du es nennst, waren verzweifelt zu meinem Nachtheil. Hier standen diese unglücklichen Leute in ihrer Verlegenheit auf der einen Seite und Magdalene, die vor Verlangen brannte zu spielen, auf der andern. Ich kann nicht sagen, ich hätte muckerische Gründe dawider, ich habe überhaupt nichts Muckerisches an mir. Was für andere Entschuldigungen sollte ich denn vorbringen? Die Marrables sind Leute von guter Familie und machen in Clifton das größte Haus. Was kann ihr denn Schlimmes bei ihnen widerfahren? Wenn Ihr doch Vernunft oder dergleichen annehmen wolltet, – warum soll nicht Magdalene thun können, was Miss Marrable thut? Seht Ihr, seht Ihr? Laßt die armen Dinger spielen und sich daran freuen, wir waren auch einmal in ihrem Alter, und es nutzt ja doch nichts, darüber Lärm zu machen —: das ist Alles, was ich Euch darüber zu sagen habe.
Mit dieser eigenthümlichen Vertheidigung seiner selbst schlenderte Mr. Vanstone wieder nach dem Gewächshause und rauchte noch eine Cigarre.
– Ich habe es dem Vater nur nicht sagen mögen, begann Nora, indem sie unterwegs nach dem Hause der Mutter Arm nahm, aber die schlimme Folge dieses Spielens wird meines Erachtens die Vertraulichkeit sein, welche dadurch zwischen Magdalenen und Francis Clare gefördert wird.
– Du hast ein Vorurtheil gegen Frank, meine Liebe, unterbrach sie Mrs. Vanstone.
Noras sanfte, schweigsame, hellbraune Augen senkten sich zu Boden: sie sagte nichts weiter. Ihre vorgefaßten Meinungen blieben unverändert; aber sie redete mit Niemand darüber. Sie hatte den großen Fehler einer verschlossenen Natur, den Fehler der Hartnäckigkeit und das große Verdienst, das Verdienst der Schweigsamkeit.
– Was geht dir wohl jetzt durch den Kopf? dachte Miss Garth, indem sie einen scharfen Blick aus Noras düsteres niedergeschlagenes Gesicht warf. Du bist eine von der unerforschlichen Art. Ich lobe mir Magdalene mit all ihren Schrullen, durch diese kann ich das Tageslicht hindurch sehen. Du aber bist undurchsichtig wie die Nacht!
– Die Nachmittagsstunden verstrichen, und noch blieb Magdalene in ihrem Zimmer eingeschlossen. Nicht mehr eilten unruhige Schritte über die Treppe, nicht mehr hörte man eine schnelle Zunge hier, da und aller Orten im Hause, von der Bodenkammer angefangen bis zur Küche herunter: das ganze