ТОП просматриваемых книг сайта:
Namenlos. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Namenlos
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Als die Probe Vorüber war, bemerkte Niemand, daß die starke Dame mit der Perrücke sich im Stillen aus der Gesellschaft entfernt hatte, und als sie später an der Erfrischungstafel, welche Mr. Marrables Gastfreundschaft in einem Zimmer nahe beim Theater in Bereitschaft gehalten hatte, fehlte, ahnte Niemand, daß ihre Abwesenheit einen tieferen Grund hätte. Nicht eher, als bis die Damen und Herren sich zur nächsten Probe eingefunden hatten, sollte der wahre Stand der Sache der Gesellschaft offenbar werden. Zur bestimmten Stunde erschien keine Julie – An ihrer Statt näherte sich Mrs. Marrable mit einem Briefe in der Hand aufgeregt der Bühne. Sie war für gewöhnlich eine Dame von gutmüthiger Art und guter Erziehung, sie war jeder hergebrachten schmeichelhaften Wendung, die in die englische Sprache eingeführt ist, Meisterin; allein wiederholtes Mißgeschick und der Einfluß des Theaters hatten schließlich zusammengewirkt, um die friedfertige Matrone aus dem Gleichgewichte zu bringen. Zum ersten Male in ihrem Leben ließ sich Mrs. Marrable zu heftigen Gebärden hinreißen und gebrauchte starke Ausdrücke. Sie reichte ihrer Tochter mit ausgestrecktem Arme und ernstem Gesichte den Brief hin.
– Meine Liebe, sagte sie mit einer Art fürchterlicher Ruhe, wir stehen unter dem Einflusse eines Fluches.
Ehe das erstaunte Liebhabertheater sich eine Erklärung ausbitten konnte, wandte sie sich um und verließ das Zimmer. Das Kennerauge des Regisseurs folgte ihr mit dem Ausdruck der Achtung nach, er sah aus, als wäre er mit ihrem Abgange vom künstlerischen Standpuncte aus zufrieden.
Welch neues Unglück war denn über das arme Stück hereingebrochen. Das letzte und ärgste von Allem die starke Dame hatte ihre Rolle zurückgeschickt – —
Nicht etwa aus bösem Willen. Ihr Herz, das ja durchgehend auf dem rechten Flecke geblieben war, hatte sie noch immer auf dem rechten Flecke. Ihre Erklärung der Umstände, wenn nichts Anderes, war ein Beweis dafür. Der Brief begann mit einer thatsächlichen Erörterung. Sie hatte in der letzten Probe ganz unabsichtlich einige persönliche Bemerkungen belauscht, deren Gegenstand sie selber gewesen. Sie mochten sich auf ihr – Haar und – ihre Gestalt beziehen; oder vielleicht auch nicht. Sie wolle Mrs. Marrable durch die Wiederholungen derselben nicht betrüben. Auch wolle sie Namen nicht nennen, weil es ihre Art nicht sei, etwas Schlimmes noch übler zu machen. Der einzige Weg, den ihr die Rücksicht auf ihre Selbstachtung vorschreibe, sei ihre Rolle abzugeben. Sie legte sie daher an Mrs. Marrable bei, indem sie sich mehrfach entschuldigte wegen ihrer Anmaßung, einen jugendlichen Charakter »bei ihrem Alter«, wie es einem Herrn gefallen hatte sich auszudrücken, und »bei ihrem Haar und ihrer Gestalt« darzustellen, was Beides zu unvortheilhaft sei, wie einige Damen unzart genug gewesen anzudeuten. Eine jüngere und anziehendere Darstellerin der Julie werde sich ohne Zweifel leicht finden. Zugleich wolle sie allen betreffenden Personen vollkommen vergeben und bitte nur hinzufügen zu dürfen, daß sie dem Stücke aufrichtig den besten Erfolg wünsche. —
Und vier Abende später sollte das Stück aufgeführt werden! Wenn jemals ein menschliches Unternehmen gute Wünsche, um es zu unterstützen, nöthig hatte, so war dies Unternehmen sicherlich kein anderes, als die Vorstellung des Liebhabertheaters auf Evergreen Lodge!
Ein Armstuhl wurde au die Bühne gebracht, und in diesen Armstuhl sank Miss Marrable, welche im Begriffe stand, hysterische Anfälle zu bekommen. Magdalene sprang bei den ersten Krämpfen vor, riß Miss Marrable den Brief aus der Hand und gebot sofort der drohenden Katastrophe Stillstand.
– Sie ist ein häßliches, kahlköpfiges, boshaftes, altes Frauenzimmer – sagte Magdalene, indem sie den Brief in Stücke riß und sie über die Köpfe der Gesellschaft fliegen ließ. – Aber ich kann ihr Etwas erzählen, sie soll das Spiel doch nicht verderben. Ich will die Julie spielen!
– Bravo! rief der Chor der Herren – der ungenannte Herr, welcher das Unglück hatte mit anrichten helfen (mit einem Worte Mr. Fraucis Ehre) am Lautesten von Allen.
– Wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll, so fürchte ich mich nicht, es zu gestehen, fuhr Magdalene fort. – Ich bin eine von den Damen, die sie meint. Ich sagte, sie hätte einen Kopf, wie ein Piops, und eine Brust, wie ein Sophakissen. Und das ist auch wahr.
– Und ich bin die andere Dame, sagte die Jungfer Base. – Aber ich sagte, sie sei zu stark für die Rolle.
– Ich bin der Herr, stimmte Frank ein, durch das Beispiel der Anderen mit fortgerissen. – Ich sagte Nichts, ich gab den Damen nur Recht.
Hier ersah sich Miss Garth ihre Gelegenheit und rief von dem Parterreraume nach der Bühne hinauf.
– Hören Sie auf, hören Sie auf, sagte sie. Sie können auf diese Art die Schwierigkeit nicht entfernen. Wenn Magdalene die Julie spielt, wer soll da die Lucie geben!
Miss Marrable sank wieder in den Armstuhl zurück und bekam zum zweiten Male Krämpfe.
– Unsinn! Wenn es weiter Nichts ist! schrie Magdalene. Die Sache ist ganz einfach. Ich will die Julie und Lucie zusammen spielen.
Sofort wurde der Regisseur darüber gehört. Man mußte Luciens erstes Auftreten weglassen und den kurzen Dialog über die Leihbibliotheksromane in ein Selbstgespräch für Lydia Languish verwandeln: das war die einzige erhebliche Schwierigkeit, welche sich der Ausführung von Magdalenens Plan entgegenstellte. Luciens zwei Sprechscenen am Ende des ersten und zweiten Actes waren, hinreichend weit entfernt von den Scenen, in denen Julie aufzutreten hatte, um Zeit zu lassen für die nöthigen Kleiderwechsel. Sogar Miss Garth konnte, so sehr sie sich bemühte, keine neuen Hindernisse finden.
Die Frage wurde in fünf Minuten abgemacht, und die Probe ging an. Magdalene lernte Juliens Bühnensituationen mit dem Buche in der Hand und kündigte dann auf der Heimfahrt an, daß sie vorhätte, die ganze Nacht auf das Einstudieren der neuen Partie zu verwenden. Frank drückte daher seine Besorgniß aus, daß sie dann nicht Zeit übrig haben werde, ihm selber über seine eigenen theatralischen Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Sie schlug ihn coquett mit der Rolle auf die Schulter. – Du närrischer Mensch, was habe ich mit Dir zu thun? Du bist Juliens eifersüchtiger Liebhaber, Du machst immer der Julie den Kopf warm. Komm heute Abend und mach mir den Kopf warm, beim Thee. Du hast nicht mehr ein listiges altes Weib mit einer Perrücke vor Dir, um mit ihm zu spielen. Mein Herz hast Du jetzt zu brechen…, und ich will Dirs gelegentlich beibringen, wie man das anfängt.
Die vier dazwischen liegenden Tage vergingen bewegt und unter beständigen Proben zu Hause und auf der Bühne.
Der Abend der Ausführung kam heran; die Gäste versammelten sich; das große Theaterexperiment sollte sich nun bewähren. Magdalene hatte sich Alles aufs Beste zu Nutze gemacht, sie hatte gelernt, was der Regisseur ihr in dieser Zeit hatte lehren können. Miss Garth verließ sie, als die Ouvertüre begann, indem sie sich hinter der Scene seitwärts in eine Ecke setzte, ernst und schweigend, das Riechfläschchen in der einen und ihr Buch in der andern Hand, und sich entschlossen auf den Schicksalsspruch des Publikums am Ende gefaßt machte.
Das Stück begann unter all den von einer Theatervorstellung in bürgerlichen Kreisen unzertrennlichen Nebenumständen, ein überfüllter Zuschauerraum, eine africanische Hitze, Zerplatzen heißgewordener Glascylinder, Schwierigkeiten beim Aufziehen des Vorhangs. »Fag« und »der Kutscher«, welche die Scene eröffneten, verloren ihr Gedächtniß, sobald sie den ersten Fuß auf die Bühne gesetzt hatten, ließen daher die eine Hälfte ihres Zwiegespräches ungesprochen, kamen zu einer tödtlichen Pause, wurden hörbar von dem unsichtbaren Regisseur ermahnt, fortzufahren, und Ihren dabei fort, in jeder Beziehung gescheidter und klüger geworden, als sie angefangen hatten. Die nächste Scene führte Miss Marrable als »Lydia Languish« vor, anmuthig hingegossen, sehr hübsch, in schönen Kleidern, in sorgsamster Weise ihre Partie bis auf jedes Wort kennend, kurz im Besitze jedes persönlichen Hilfsmittels, außer ihrer Stimme. Die Damen bewunderten, die Herren applaudirten.