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ihre Taille gelegt hatte, ließ den Kopf nach rückwärts sinken und starrte unter den halbgeschlossenen Lidern zum Himmel empor, während ihre Lippen leicht geöffnet blieben.

      Lucius betrachtete entzückt die reizende Gestalt, die in seinem Arm ruhte, und obwohl sie fühlte, wie die Augen des Römers sie mit versengenden Strahlen umfingen, hatte sie doch nicht die Kraft, sich ihnen zu entziehen, bis ein zweiter Schrei, viel näher und schrecklicher als vorher, die süße Abendstille durchschnitt und Akte zum Bewußtsein zurückrief.

      Laß uns fliehen, Lucius! rief sie entsetzt, irgend ein wildes Tier irrt in den Bergen umher. Laß uns fliehen, wir brauchen nur den heiligen Hain zu durchschreiten, dann sind wir im Tempel der Venus oder in der Burg. Komm, Lucius, komm!

      Lucius lächelte.

      Fürchtet sich Akte, wenn ich bei ihr bin? Ich fühle nur, daß ich für Akte mit all den Ungeheuern ringen möchte, die Theseus und Herkules und Kadmus bekämpft haben.

      So weißt du, was für ein Geräusch das ist? fragte das junge Mädchen zitternd.

      Ja, antwortete Lucius lächelnd, es ist das Brüllen eines Tigers.

      Jupiter! schrie Akte und flüchtete in die Arme des Römers. Jupiter, beschütze uns!

      In der Tat erschütterte ein noch schrecklicherer dritter Schrei ganz aus der Nähe die Luft. Lucius antwortete mit einem ähnlichen Ruf, gleich darauf brach eine Tigerin aus dem Gehölz hervor, hielt einen Augenblick an, indem sie sich auf den Hinterpfoten aufrichtete wie unschlüssig, welchen Weg sie nehmen sollte; Lucius ließ ein leises Pfeifen hören. Das mächtige Tier zerteilte das Myrten- und Oleandergebüsch wie ein Hund den Nebel und stürzte mit einem Freudengeheul auf ihn zu. In demselben Augenblick fühlte der Römer die Last der jungen Korintherin auf seinem Arm, sie war, ohnmächtig und halb tot vor Schrecken, umgesunken.

      Als Akte wieder zur Besinnung kam, befand sie sich in Lucius' Armen; die Tigerin ruhte zu ihren Füßen und schmiegte ihren schrecklichen Kopf, dessen Augen wie Karfunkelsteine blitzten, schmeichelnd an die Kniee ihres Herrn. Bei diesem Anblick verbarg das Mädchen ihr Gesicht an der Schulter ihres Geliebten, halb aus Schreck, halb aus Scham, und streckte die Hand nach dem entfallenen Gürtel aus, der wenige Schritte entfernt am Boden lag. Lucius verstand diese Regung der Keuschheit, löste den schweren Goldreif vom Halse der Tigerin, woran sich noch ein Glied der Kette befand, die sie zerrissen hatte, und legte ihn um die zarte, biegsame Gestalt seiner jungen Freundin.

      Dann hob er den Gürtel auf, befestigte das eine Ende des Bandes um den Hals des Tieres und gab das andere dem Mädchen in die zitternde Hand. Darauf erhoben sich beide und gingen schweigend in die Stadt zurück. Akte stützte sich mit der einen Hand auf Lucius' Schulter, mit der anderen führte sie die sanfte, gelehrige Tigerin, die ihr so große Furcht eingeflößt hatte.

      Beim Eingang in die Stadt begegneten sie dem nubischen Sklaven, dem befohlen war, über die Tigerin zu wachen; er war ihr an das Land gefolgt, hatte sie aber in dem Augenblick aus dem Gesicht verloren, wo das Tier die Fährte seines Herrn wiederfand und in der Richtung nach der Burg davonrannte. Als er Lucius erblickte, warf er sich vor ihm auf die Kniee und neigte sein Haupt, um die Strafe zu empfangen, die er verdient zu haben glaubte. Aber Lucius war in diesem Augenblicke zu glücklich, um grausam zu sein; auch blickte Akte mit flehend erhobenen Händen zu ihm auf.

      Erhebe dich, Lybikus, sagte der Römer, für dieses Mal sei dir verziehen, doch wache in Zukunft besser über Phoebe. Du bist schuld, daß diese schöne Nymphe sich so sehr geängstigt hat, daß sie zu sterben meinte. Nun, meine Ariadne, übergib deine Tigerin ihrem Wächter. Ich werde dir ein Paar vor einen Wagen aus Gold und Elfenbein spannen, und so will ich dich durch das Land führen, und man soll dich wie eine Göttin verehren.

      Geh, Phoebe, geh, es ist gut.

      Aber die Tigerin wollte durchaus nicht fort, sie blieb vor Lucius stehen, richtete sich an ihm empor, legte ihre Tatzen auf die Schultern und leckte ihn mit der Zunge, indem sie dabei leise zärtliche Laute hervorbrachte.

      Ja, ja, sagte Lucius halblaut, du bist ein edles Tier. Wenn wir wieder in Rom sind, will ich dir eine schöne Christensklavin mit ihren Kindern zu verzehren geben. Geh, Phoebe, geh!

      Die Tigerin gehorchte, wie wenn sie das blutige Versprechen verstanden hätte, und folgte Lybikus, doch nicht ohne noch zwanzigmal den Kopf nach ihrem Herrn umzuwenden. Erst als dieser mit der bleichen, zitternden Akte hinter dem Stadttore verschwunden war, entschloß sie sich ohne Widerstand, den goldenen Käfig aufzusuchen, den sie an Bord des Schiffes bewohnte.

      In der Vorhalle seines Wirtes traf Lucius den Haussklaven, der ihn erwartete, um ihn in sein Gemach zu führen. Der junge Römer drückte Akte die Hand und folgte dem Sklaven, der mit der Lampe voranleuchtete. Die schöne Korintherin ging, nach ihrer Gewohnheit ihrem Vater »Gute Nacht« zu sagen. Als dieser sie so blaß und erregt sah, fragte er, welche Angst sie quäle.

      Da erzählte sie, welchen Schrecken ihr Phoebe verursacht habe, und wie gehorsam dieses furchtbare Tier dem leisesten Winke des Lucius gewesen sei. Der Greis war einen Augenblick nachdenklich, dann wurde er unruhig und sagte:

      Was ist das für ein Mensch, der mit Tigern spielt, Prokonsuln Befehle vorschreibt und die Götter lästert?

      Akte neigte ihre kühlen, blassen Lippen auf die Stirn ihres Vaters, sie wagte kaum die weißen Haare des Greises zu berühren; dann zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Ganz hingerissen von dem Erlebnis des Tages, wußte sie nicht mehr, ob es Wahrheit oder Traum gewesen, und griff mit ihren Händen nach ihrem Körper, um sich zu überzeugen, daß sie ganz wach sei. Da fühlte sie unter ihren Fingern den goldenen Reif, der ihren jungfräulichen Gürtel ersetzte. Als sie ihn der Lampe näherte, las sie darauf die Worte, die ihr ganzes Denken erfüllten:

      Ich gehöre dem Lucius.

      III

      Während der folgenden Nacht wurden Opfer dargebracht; die Tempel waren mit Blumenguirlanden reich geschmückt wie zu den großen vaterländischen Festen. Sobald die heiligen Zeremonien beendet waren, stürzte das Volk nach dem Gymnasium, obwohl es erst ein Uhr morgens war; so heftig war der Wunsch, die Spiele wiederzusehen, welche die Zeit der Kraft und Größe Griechenlands in das Gedächtnis zurückriefen.

      Amykles gehörte zu den acht erwählten Schiedsrichtern; in dieser Eigenschaft war ihm ein Platz vorbehalten gegenüber dem des römischen Prokonsuls. Er kam erst im letzten Augenblick, ehe die Spiele ihren Anfang nahmen. Am Eingang traf er Sporus, der seinen Herrn aufsuchen wollte, und den die Wachen nicht einließen, weil sie ihn wegen seines weißen Gesichts, seiner zarten Hände und des lässigen Ganges für eine Frau hielten, und ein altes Gesetz, das wieder in Kraft getreten war, jede Frau zum Tode verurteilte, die es wagen sollte, den Spielen anzuwohnen, bei denen die Athleten nackt kämpften. Der Greis verbürgte sich für den Jüngling, und dieser konnte seinen Herrn einholen, nachdem er einige Augenblicke zurückgehalten worden war.

      Das Gymnasium glich einem Bienenkorb. Von oben bis unten saßen die Besucher dicht gedrängt in den Reihen; die Zugänge schienen durch eine lebendige Mauer verschlossen, und die ganze Bekrönung des Gebäudes war von einer Reihe stehender Zuschauer überragt, die einander festhielten und deren einzige Stützpunkte die vergoldeten Balken waren, die je zehn Fuß voneinander entfernt standen und das Velarium trugen. Viele schwärmten noch wie Bienen um die Eingänge dieses ungeheuren Schiffes, darin nicht nur die Bevölkerung von Korinth verschwunden war, sondern auch die Abgesandten aus aller Welt, die zu diesen Festen herbeikamen. Nur die Frauen hielten sich fern und warteten an den Toren oder auf den Mauern der Stadt, bis der Name des Siegers ausgerufen würde.

      Sobald Amykles Platz genommen hatte, war die Zahl der Preisrichter voll; da erhob sich der Prokonsul und erklärte im Namen des Cäsar Nero, des römischen Kaisers und Herrn der Welt, die Spiele für eröffnet. Diese Worte wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen, und alle Augen wandten sich der Pforte zu, an welcher die sieben Kämpfer warteten. Nur zwei von ihnen waren aus Korinth; unter den fünf anderen waren ein Thebaner, ein Syrakusaner, ein Sybarite und zwei Römer.

      Die zwei Korinther waren Zwillingsbrüder, sie traten

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