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Akte. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Akte
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Dieser bewegte sich fast durch die ganze Stadt, deren doppelte Häuserreihen mit Gemälden oder Statuen geschmückt oder mit Teppichen behängt waren. Vor dem Hause des Amykles schaute Lucius empor, um Akte zu suchen. Unter einer Purpurdecke, welche die Vorderseite des Hauses zierte, bemerkte er scheu und errötend den Kopf des jungen Mädchens, geschmückt mit dem Siegeskranz, den er am Abend vorher hatte zu Boden fallen lassen. Akte ließ überrascht die Decke herabfallen, aber obwohl das Gewebe sie verbarg, hörte sie doch die Stimme des jungen Römers sagen: Komm mir entgegen, wenn ich wiederkehre, schönes Mädchen, dann will ich den Olivenkranz mit einer goldenen Krone vertauschen!
Gegen die Mitte des Tages erreichte der Zug den Eingang des Zirkus. Es war dies ein ungeheures Gebäude von zweihundert Fuß Länge und achtzig Fuß Breite, das in der Mitte durch eine sechs Fuß hohe Mauer der Länge nach geteilt war, so daß oben und unten nur der Raum für die Durchfahrt der vier Wagen frei blieb. Diese » spina« war in ihrer ganzen Ausdehnung mit Altären, Tempeln und leeren Piedestalen bekrönt, welche nur bei dieser Festlichkeit die Götterbilder aufnahmen. An einem Ende des Zirkus befanden sich die Ställe, am anderen die stufenweise erhöhten Sitzreihen. Vor die Ausläufer der Mauer waren drei Prellsteine im Dreieck gesetzt, die man siebenmal umfahren mußte, um den vorgeschriebenen Lauf zu vollenden.
Die Wagenlenker hatten die Farben der Parteien angelegt, in welche sich um diese Zeit Rom teilte, und da zum voraus große Wetten eingegangen worden, trugen auch die Wettenden die Farben der »Agitatores«, die ihnen durch ihr gutes Aussehen, durch die Rasse ihrer Pferde oder frühere Triumphe am meisten Vertrauen eingeflößt hatten.
Beinahe alle Sitzreihen des Zirkus waren mit Zuschauern besetzt, bei denen sich zu der Begeisterung, welche die Spiele zu wecken pflegten, noch das persönliche Interesse gesellte, das sie ihren Klienten entgegenbrachten. Auch die Frauen nahmen Partei und trugen Schleier und Gürtel in den Farben der von ihnen begünstigten Wagenlenker. Als man den Zug herannahen hörte, ging eine seltsame Bewegung wie ein elektrischer Strom durch die Menge und erregte dieses Menschenmeer, in dem die Köpfe wie lebendige, geräuschvolle Wogen erschienen. Sobald die Pforten geöffnet wurden, füllten sich die geringen Zwischenräume mit einer Masse neuer Zuschauer, welche wie die hereinbrechende Flut die Mauern des Steinkolosses überschwemmten. Nur der vierte Teil der Neugierigen, die den Zug begleitet hatten, konnte Platz finden. Die übrigen wurden von den Wachen des Prokonsuls zurückgewiesen; sie stiegen auf Bäume, erkletterten die Mauern der Wälle und die Dächer der nahegelegenen Häuser, um hochgelegene Punkte zu erreichen, von wo aus sie den Zirkus überschauen könnten.
Kaum waren die Plätze eingenommen, so öffnete sich die Hauptpforte, und Lentulus erschien am Eingang des Zirkus. Alsbald folgte die tiefe Stille gespannter Aufmerksamkeit auf die lärmende Bewegung der Erwartung. War es Vertrauen auf Lucius, der schon vorher gesiegt hatte, oder war es Schmeichelei für den göttlichen Kaiser Claudius Nero, welcher in Rom die Partei der Grünen beschützte und ihr die Ehre erwies, ihr anzugehören; der Prokonsul hatte statt des Purpurgewandes eine grüne Tunika angelegt. Langsam machte er im Zirkus die Runde, die Götterbilder mit sich führend, stets von den Musikern begleitet, welche nur zu spielen aufhörten, wenn die Götterbilder auf ihre pulvinaria niedergelegt oder auf ihren Piedestalen aufgerichtet wurden. Dann gab Lentulus das Zeichen, indem er ein Stück weißen Wollstoff in die Mitte des Zirkus warf. Sogleich stürzte sich ein Herold, der, als Merkur, nackt auf ungesatteltem Pferd erschien, in die Arena; ohne abzusteigen, hob er das Tuch mit einem Flügel seines Schlangenstabes empor, ließ es wie eine Standarte in der Luft flattern und ritt im Galopp um das innere Gitter. Als er bei den Ställen angekommen war, schleuderte er den Stab samt dem Tuch über die Mauern, hinter denen die Wagen harrten. Auf dieses Zeichen öffneten sich die Pforten, und die vier Preisbewerber gingen daraus hervor. In demselben Augenblick wurden ihre vier Namen in einen Korb gelegt, denn das Schicksal sollte über die Reihenfolge entscheiden, damit die von der spina Entfernteren sich nur über den Zufall zu beklagen hätten, der ihnen bestimmte, einen größeren Kreis zu durchlaufen.
Die Namen waren auf Papierrollen geschrieben, der Prokonsul mischte sie und öffnete eine nach der andern. Der erste, den er ausrief, war der Syrer mit dem weißen Turban. Er verließ sofort seinen Platz und stellte sich an die Mauer, so daß die Achse seines Wagens einer Linie parallel lief, die mit Kreide in den Sand gezeichnet war.
Der zweite war der Athener in der blauen Tunika; er stellte sich neben seinen Mitbewerber. Der dritte war der Thessalier in dem gelben Gewand. Endlich als letzter kam Lucius, dem das Schicksal den ungünstigsten Platz angewiesen hatte, wie wenn es ihn um den Sieg vom vorhergehenden Tage beneidete. Die beiden letztgenannten nahmen ihre Plätze an der Seite ihrer Gegner ein. Dann gingen junge Sklaven zwischen den Wagen durch, flochten Bänder in die Mähnen der Pferde in den Farben ihrer Herren und ließen kleine Fahnen vor den Augen der edlen Tiere flattern, um ihren Mut anzustacheln, während die Wagen mittelst einer Kette, die an zwei Ringen befestigt war, genau in die gleiche Linie gebracht wurden. Darauf folgte ein Augenblick stürmischer Erwartung; die Wetten wurden verdoppelt, neue Einsätze vorgeschlagen und angenommen, in allgemeiner Verwirrung kreuzten sich die Stimmen. Plötzlich ertönte die Trompete, und augenblicklich war alles still; die stehenden Zuschauer ließen sich nieder, und dieses Meer, das noch eben so stürmisch bewegt gewesen, glättete seine Oberfläche und glich einem Wiesenabhang, der in tausend bunten Farben schimmerte. Beim letzten Trompetenstoß fiel die Kette, und die vier Wagen flogen mit aller Geschwindigkeit davon.
Zweimal hatten die Gegner die Bahn umkreist und hielten sich noch ziemlich in derselben Reihe. Doch fingen die geübten Zuschauer an, die Eigenschaften der Pferde zu erkennen. Der Syrer hielt nur mühsam seine Renner mit den starken Köpfen und den schlanken Gliedern zurück, die an das freie Umherschweifen in der Wüste gewohnt waren. Mit Geduld und Kunst war es ihm geglückt, sie ins Joch zu zwingen und geschickt einzufahren, so wild sie einst gewesen. Man fühlte, daß sie, wenn er ihnen Freiheit ließe, ihn so schnell dahintragen würden, wie der Samum, den sie oft in den weiten Sandwüsten am Fuße der Berge von Juda und am Toten Meer überholt hatten. Der Athener hatte seine Rosse aus Thracien kommen lassen, aber stolz und schwelgerisch wie der Held, dessen Nachkomme zu sein er sich rühmte, hatte er ihre Erziehung und Pflege seinen Sklaven überlassen, und man fühlte, daß sein Gespann ihn im entscheidenden Moment nur wenig unterstützen werde, da es von einer fremden Hand gelenkt und von einer unbekannten Stimme angespornt wurde. Der Thessalier dagegen schien die Seele seiner Renner von Elis zu sein, die er mit eigener Hand gefüttert und wohl hundertmal an dem Platz zwischen Peneus und Enipeus eingeübt hatte, wo Achilles einstmals seine feurigen Nenner lenkte. Lucius dagegen mußte jene wunderbare Pferderasse aus Mysien wiedergefunden haben, von denen Virgil erzählt, daß sie von ihren Müttern mit dem Winde gezeugt worden, denn obwohl er den weitesten Raum zu durchmessen hatte, hielt er die Linie ein und hatte eher gewonnen als verloren ohne jede Anstrengung, ohne anzuspornen oder zurückzuhalten, indem er sie einfach im Galopp laufen ließ, was ihre gewöhnliche Gangart zu sein schien.
Bei der dritten Umfahrt ließen sich die scheinbaren und die wirklichen Vorteile viel deutlicher unterscheiden. Der Athener hatte dem Thessalier, dem vordersten seiner Mitbewerber, einen Vorsprung von zwei Lanzenlängen abgewonnen. Der Syrer hielt seine arabischen Pferde mit aller Macht zurück und hatte sich überholen lassen, in der Gewißheit, daß er den Vorsprung des andern einholen werde. Lucius endlich schien einem Kampfe beizuwohnen, der sein persönliches Interesse nicht berührte; ruhig und heiter lächelnd wie der Sonnengott, dessen Bild er verkörperte, waren seine Züge, und seine Bewegungen genau nach den Regeln der mimischen Eleganz bemessen.
Ein Zwischenfall lenkte bei der vierten Umfahrt die allgemeine Aufmerksamkeit von den andern ab und wandte sie Lucius zu. Seine Peitsche, die aus einem Riemen von Rhinozeroshaut bestand und mit Gold eingelegt war, entglitt seiner Hand und fiel auf den Boden der Arena. Sogleich hielt er sein Viergespann an, sprang ab, hob die Peitsche auf, die bis dahin ganz überflüssig zu sein schien, und fand sich, als er den Wagen wieder