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weit von der Schaluppe ins Wasser, so daß er in dem Augenblicke, wo er, von einem Sturze ein wenig betäubt, wieder auf die Oberfläche heraufkam, blos zwischen den ihm entgegengestreckten Händen und Rudern zu wählen hatte.

      Er gab den Händen als den zuverlässigeren Werkzeugen den Vorzug, faßte die ersten, die er erreichen konnte, ward aus dem Wasser gehißt und wieder an Bord gebracht, wo Caracciolo sich beeilte, ihm sein Compliment über die Art und Weise zu machen, auf welche er seine Voltigierkünste ausgeführt.

      Esposito hörte aber die Complimente seines Capitäns mit zerstreuter Miene an, theilte, als dieser sich nach dem Grunde dieser Zerstreutheit erkundigte, ihm das Gelübde mit, welches er gethan, und versicherte ihm, es würde ihm ganz gewiß in dieser oder jener Welt übel ergehen, wenn er dieses Gelübde selbst in Folge eines von seinem Willen unabhängigen Umstandes nicht erfüllte.

      Caracciolo, welcher sich nicht das Verderben der Seele eines so guten Christen vorzuwerfen haben wollte, versprach Esposito, ihm gleich nach der Wiederankunft in Neapel seinen Abschied in aller Form, aber nur unter Einer Bedingung zu geben, nämlich der, daß er am Tage nach dem, wo er sein Gelübde abgelegt haben und folglich in den Orden eingetreten sein würde, sich in seinem neuen Gewande am Borde der »Minerva« einfände und in seiner Kutte denselben Sprung, den er in Matrosenkleidung gemacht, noch einmal versuchte, wohlverstanden, daß dieselbe Schaluppe und dieselben Leute zur Stelle wären, um ihm bei dem zweiten Sturze denselben Beistand zu leisten wie bei dem ersten.

      Espositos Glaube war stark. Er antwortete, er habe zu dem Beistande seines Schutzpatrons so großes Vertrauen, daß er nicht zögere, auf diese Bedingung einzugehen und den Sprung noch einmal zu machen.

      Caracciolo befahl hierauf, daß man ihm zwei Rationen Branntwein verabreiche und ihn dann in seine Hängematte schlafen schicke, während er zugleich vierundzwanzig Stunden lang von jedem Dienste befreit sein solle.«

      Esposito dankte seinem Capitän, glitt durch die Luken hinab, trank die doppelte Ration Branntwein und schlief trotz der höllischen Musik, welche die drei französischen Forts aufführten, die gleichzeitig auf die Stadt und auf die drei verbündeten Geschwader feuerten, welche sich beeilten beim Feuerscheine des Arsenals, welches die Engländer vor ihrem Rückzuge in Brand gesteckt, den Hafen zu verlassen.

      Trotz der französischen Kugeln, welche sie so weit als möglich verfolgten, trotz des Sturmes, welcher sie packte, sobald sie die offene See gewonnen, erreichte die Fregatte »Minerva«, von ihrem Capitäne geschickt und muthig geführt, Neapel, ohne viele Beschädigungen erlitten zu haben, und Caracciolo unterzeichnete gleich nach seiner Ankunft, dem gegebenen Versprechen treu, Espositos Abschied, indem er ihn noch einmal mündlich an die eingegangene Bedingung erinnerte, welche Esposito nochmals zu erfüllen versprach.

      Francisco Caracciolo, der, wie wir schon erwähnt zu haben glauben, in Folge dieser selben Expedition nach Toulon zum Admiral ernannt ward, hatte Esposito, dessen Abschied und die Bedingungen, unter welchen ihm dieser gewährt worden, vollständig vergessen, als er am 4. October 1794, dem Tage des heiligen Franciscus, während er an Bord einer festlich beflaggten Fregatte war und wegen des Namensfestes des Kronprinzen, der ebenfalls Franciscus hieß, die üblichen Ehrensalven geben ließ, ein Dutzend Barken von Capuzinern mit Kreuz und Bannern besetzt von dem Strande abstoßen und als ob sie von einem erfahrenen Capitän geführt würden, in guter Ordnung auf die »Minerva« zu gerudert kommen sah. Einen Augenblick lang konnte er glauben, es handle sich um einen feindlichen Ueberfall, und er fragte sich schon, ob er nicht Appell schlagen solle, als er plötzlich die Matrosen, die, um dieses seltsame Schauspiel besser zu sehen, an dem Takelwerke hinaufgeklettert waren, rufen hörte:

      »Francisco Esposito! Francisco Esposito!«

      Caracciolo begann nun zu begreifen, um was es sich eigentlich handle, und als er die Augen wieder auf die mittlerweile nähergekommene Flottille warf erkannte er wirklich in der ersten Barke, das heißt in der, welche die andern zu führen und zu commandieren schien, Francisco Esposito, welcher in seinem Capuzinergewand mit seiner Donnerstimme das Lob seines Schutzheiligen singen half.

      Die Barke, auf welcher Esposito sich befand, machte bescheidener Weise an der Backbordtreppe Halt, Caracciolo ließ ihm aber durch einen Lieutenant befehlen, am Steuerbord anzulegen und erwartete den Neubekehrten an der obersten Stufe der Ehrentreppe.

      Esposito kam allein an Bord gestiegen, grüßte, als er die oberste Stufe erreicht hatte, auf militärische Weise und sprach blos die Worte:

      »Hier bin ich, Herr Admiral. Ich komme, um mein Wort zu lösen.«

      »So ist es die Art eines guten Seemanns,« sagte Caracciolo, »und ich danke Dir in meinem Namen und in dem aller deiner Cameraden, daß Du sie nicht vergessen hast. Es gereicht dies den Capuzinern von St. Ephraim eben so zur Ehre, wie der Mannschaft der »Minerva«. Wenn Du jedoch erlaubt, so werde ich mich mit deinem guten Willen begnügen, der, wie ich hoffe, Gott eben so angenehm sein wird, als er mir ist.«

      Esposito schüttelte aber den Kopf und sagte:

      »Entschuldigen Sie, Herr Admiral, aber das geht nicht so. «

      »Warum nicht, wenn ich es zufrieden bin?«

      »Sie werden doch am unserm armen Kloster nicht ein solches Unrecht begehen, Excellenz, und mich der Aussicht berauben, nach meinem Tode heiliggesprochen zu werden?«

      »Erkläre Dich näher.«

      »Ich sage, das, was heute geschehen wird, muß für die Capuziner von St. Ephraim ein großer Triumph sein.«

      »Ich verstehe Dich nicht.«

      »Und dennoch ist das, was ich hier sage, so klar wie das Wasser des Löwenbrunnens, Herr Admiral. In den hundert Klöstern sämmtlicher Orden, welche Neapel bevölkern, gibt es keinen einzigen Mönch, der, welchem Orden er auch angehören möge, im Stande wäre, das zu thun, was mein Gelübde mich verpflichtet heute zu thun.«

      »O, was das betrifft, so bin ich davon überzeugt,« sagte Caracciolo lachend.

      »Wohlan, ich habe blos eine Wahl, Herr Admiral. Entweder ich ertrinke und dann bin ich ein Märtyrer, oder ich komme davon und bin ein Heiliger. In dem einen wie in dem andern Falle sichere ich die Suprematie meines Ordens über alle anderen und mache mein Kloster glücklich und angesehen.«

      »Ja, aber ich will nicht, daß ein wackerer Bursche wie Du sich der Gefahr des Ertrinkens aussetze, und wenn ich nun einmal nicht will, daß das Experiment vorgenommen werde?«

      »Ich bitte, Herr Admiral, thun Sie das nicht. Wenn meine Brüder sähen, daß ihre Spekulation fehlschlüge, so würden sie glauben, ich sei es, der um Gnade gebeten habe, und dann würde ich sicherlich in einen Kerker gesperrt, aus dem ich nicht wieder herauskäme.«

      »Es liegt Dir also sehr viel daran, Mönch zu werden?«

      »Es liegt mir nicht daran, es zu werden, mein Admiral. Seit gestern bin ich es und man hat sogar mein Noviziat um drei Wochen abgekürzt, damit der gefährliche Sprung am Tage des heiligen Franciscus geschehen könne. Sie werden selbst zugeben, daß dies der Sache eine weit größere Feierlichkeit verleiht.«

      »Und was bringt Dir denn der Sprung ein, den Du ausführen wirst?«

      »O, ich habe auch meine Bedingungen gestellt.«

      »Dann hast Du, will ich hoffen, verlangt, wenigstens Superior zu sein.«

      »O nein, so dumm bin ich nicht, mein Admiral.«

      »Nun was hast Du Dir denn sonst ausbedungen?«

      »Ich habe verlangt, daß man mir das Amt des Quästors oder Almosensammlers übertrage. Dieses Amt gewährt mancherlei Zerstreuung. Sollte ich Tag für Tag mit allen diesen Dummköpfen im Kloster eingesperrt sitzen, so stürbe ich vor langer Weile. Sie verstehen mich schon, Excellenz. Der Bruder Almosensammler hat nicht Zeit, sich zu langweilen. Er macht die Runde durch alle Stadttheile von Neapel, von der Marinella an bis zum Pausilippo, von Vomero bis an den Hafendamm. Oft begegnet man auf letzterem auch einen guten Freund und trinkt ein Glas Wein, welches Niemand bezahlt.«

      »Wie, welches Niemand bezahlt? Esposito, mein Freund, wie mir scheint, bist Du auf Abwege gerathen.«

      »O nein, im Gegentheil,

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