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einen kleinen Leuchter, betrat einen einsamen Gang und gelangte, nachdem sie beinahe eine ganze Etage durch- schritten, in ein isoliertes, einfach möbliertes Zimmer, aus welchem eine geheime Treppe, zu welcher die Königin einen Schlüssel und ihr Sbirre Pasquale de Simone einen zweiten hatte, auf die Straße führte.

      Die Fenster dieses Zimmers blieben während des Tages vollständig geschlossen, so daß nicht der mindest Lichtstrahl hineindrang.

      Eine bronzene Lampe nahm die Mitte des Tisches auf welchem sie festgeschraubt war, und ein über Flamme gestülpter Schirm war so construiert, daß er dieses Licht blos auf den Umkreis des Tisches concentrirte und das ganze übrige Zimmer im Dunkel gehüllt ließ.

      Hier erwartete man die Denunciationen. Wenn die Denunzianten, trotz des Schattens, welcher in den Tiefen des Zimmers herrschte, erkannt zu werden fürchteten, so konnten sie mit verlarvtem Gesicht eintreten, oder in dem Vorzimmer eine jener langen Büßerkutten anlegen, welche den Leichnam auf den Kirchhof oder den Delinquenten aufs Schaffot begleiten – furchtbare Gewänder, welche die Menschen einem Gespenst ähnlich machen und, indem sie nur Platz für die Augen lassen, die zu diesem Zwecke angebrachten Löcher den leeren Augenhöhlen eines Todtenschädels gleichen lassen.

      Die drei Inquisitoren, welche an diesem Tische saßen, haben eine so traurige Berühmtheit erlangt, daß ihre Namen unsterblich geworden sind. Sie hießen Castel Cicala, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Guidobaldi, Vicepräsident der seit vier Jahren in Permanenz erklärten Staatsjunta, und Vanni, Fiscalproeurator. Die Königin hatte zur Belohnung seiner guten Dienste letzteren kürzlich zum Marquis gemacht.

      In dieser Nacht aber war der Tisch leer, die Lampe erloschen, das Zimmer einsam. Das einzig lebende oder scheinbar lebende Wesen, welches es bewohnte, war eine Wanduhr, deren eintöniger Pendelschlag allein das düstere Schweigen störte, welches von der Decke sich herabzusenken und auf dem Fußboden zu lasten schien.

      Es war als hätte die Finsterniß, welche ewig in diesem Zimmer herrschte, die Luft desselben verdickt und jenem Dunste gleichgemacht, welcher über den Sümpfen schwebt. Man fühlte, wenn man eintrat, daß man nicht blos in eine andere Temperatur, sondern auch in eine andere Atmosphäre kam und daß diese, welche nicht mehr aus den Elementen bestand, welche die äußere Luft bilden, immer schwieriger zu athmen ward.

      Das Volk, welches die Fenster dieses Zimmers fortwährend geschlossen sah, hatte ihm den Namen des dunklen Zimmers gegeben, und in Folge der unbestimmten Gerüchte, welche darüber, wie über alles Geheimnißvolle, in Umlauf gekommen, mit dem furchtbaren Divinationsinstinct, der es charakterisiert, beinahe gesehen, was darin vorging.

      Da jedoch nicht das Volk es war, welches durch diese unheimliche Finsterniß bedroht ward, da die Machtsprüche, welche aus diesem düsteren Zimmer ergingen, über sein Haupt hinweg weit Höhergestellte trafen, so war es wohl der gemeine Mann, der am meisten von diesem Zimmer sprach, aber er war es auch zugleich, der, wenn es um und um kam, am wenigsten davon fürchtete.

      In dem Augenblicke, wo die Königin bleich und von dem Scheine der Kerze, die sie in der Hand hielt, beleuchtet, wie Lady Macbeth in dieses Zimmer mit der dumpfen Atmosphäre eintrat, ließ jenes Ausheben sich hören, welches dem Schlage vorangeht, und gleich darauf schlug die Wanduhr halb drei.

      Das Zimmer war, wie schon bemerkt, leer und die Königin schien, als ob sie erwartet hätte irgend Jemand zu finden, sich über diese Einsamkeit zu wundern.

      Einen Augenblick zögerte sie, vorwärts zu gehen, bald aber überwand sie den Schrecken, der sie bei dem unerwarteten Geräusche der Uhr ergriffen, warf einen Blick in die beiden Ecken des Zimmers, welche der Seite, auf welcher sie eingetreten, entgegengesetzt waren, und nahm langsam und nachdenklich an dem Tische Platz.

      Dieser Tisch war ganz im Gegensatze zu dem in dem Zimmer des Königs mit Actenstücken bedeckt, wie das Bureau eines Gerichtshofes und mit Schreibmaterialien für drei Personen versehen.

      Die Königin blätterte zerstreut in den Papieren umher. Ihre Augen durchliefen dieselben, ohne sie zu lesen, ihr gespanntes Ohr versuchte das mindeste Geräusch zu erhaschen, ihr Geist irrte weit außerhalb ihres Körpers umher.

      Nach Verlauf von einigen Minuten konnte sie ihre Ungeduld nicht mehr bemeistern. Sie erhob sich, ging an die Thür, welche auf die geheime Treppe führte, lehnte das Ohr daran und horchte.

      Nach einigen Augenblicken hörte sie das Knarren eines Schlüssels, welcher im Schlosse umgedreht ward, und murmelte jenes Wort, welches die Ungeduld verrieth, mit welcher sie wartete:

      »Endlich!«

      Dann öffnete sie die auf eine dunkle Treppe führende Thür und fragte:

      »Bist Du es, Pasquale?«

      »Ja, Majestät,« antwortete eine Männerstimme vom Fuße der Treppe herauf.

      »Du kommst sehr spät,« sagte die Königin, indem sie sich mit finsterer Miene und gerunzelter Stirn wieder auf ihren Platz setzte.

      »Meiner Treu, es hätte nicht viel gefehlt, so wäre ich gar nicht gekommen, antwortete der, welchem der Vorwurf gemacht worden, daß er sich nicht genug beeilt habe.

      Die Stimme näherte sich immer mehr.

      »Und warum wärest Du beinahe gar nicht gekommen?«

      »Weil ich ein sehr schweres Stück Arbeit zu verrichten hatte, sagte der Mann, welcher nun endlich an der Thür des Zimmers erschien.

      »Aber es ist doch wenigstens verrichtet?« fragte die Königin.

      »Ja, Madame, Dank sei Gott und dem heiligen Pasquale, meinem Schutzpatrone. Es ist verrichtet, und gut verrichtet, aber es ist theuer zu stehen gekommen.«

      Indem der Sbirre diese Worte sagte, legte er auf einen Sessel einen Mantel, welcher Gegenstände enthielt, die bei Berührung mit dem Möbel einen Metallklang hören ließen.

      Die Königin sah ihm mit einem Ausdrucke zu, in welchem sich Neugier und Widerwillen mischten.

      »Wieso, theuer zu stehen gekommen?«, fragte sie.

      »Einer von meinen Leuten ist getödtet und drei sind verwundet worden, weiter nichts.«

      »Es ist gut; man wird der Witwe eine Pension aussetzen und den Verwundeten angemessene Gratifikationen bewilligen.«

      Der Sbirre verneigte sich zum Zeichen des Dankes.

      »Dann waren es also Mehrere?« fragte die Königin.

      »Nein, Madame, er war allein, aber dieser Mensch ist ein wahrer Löwe und ich mußte auf zehn Schritte Entfernung mit meinem Messer nach ihm werfen, sonst wäre es um mich eben so geschehen gewesen wie um die Andern.«

      »Aber endlich?«

      »Endlich ward ich mit ihm fertig.«

      »Und Du hast ihm dann die Papiere mit Gewalt abgenommen?«

      »O nein, er hat sie vielmehr gutwillig hergegeben; er war todt.«

      »Ah,« sagte die Königin mit einem leichten Schauder. »Dann sahst Du Dich also genöthigt, ihn zu tödten?«

      »Ja wohl, eher zweimal als einmal. Und dennoch that es mir wehe. Ich schwöre Ihnen, Majestät, wenn es nicht für Ihren Dienst gewesen wäre, so hätte ich es nicht gethan.«

      »Wie, es hat Dir Ueberwindung gekostet, einen Franzosen umzubringen? Ich hätte nicht geglaubt, daß Du gegen die Soldaten der Republik so weichherzig wärest.«

      »Es war kein Franzose, Madame,« sagte der Sbirre, den Kopf schüttelnd.

      »Was erzählst Du mir da für eine Geschichte?«

      »Niemals hat ein Franzose den neapolitanischen Dialect so gesprochen, wie dieser arme Teufel ihn sprach.«

      »Was!« rief die Königin. »Ich will doch nicht hoffen, daß Du einen Fehlgriff begangen hat? Ich hatte Dir ganz bestimmt einen Franzosen bezeichnet, welcher zu Pferde von Capua nach Pozzuolo gekommen war.«

      »Ganz recht, Majestät, und der sich dann in einer Barke von Pozzuolo nach dem Palast der Königin Johanna hinüberrudern ließ.«

      »Einen Adjutanten des Generals Championnet.«

      »Ganz

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