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gezogen und hielten dieselben in der Hand.

      »Na,« sagte der Anführer, »vielleicht können wir, wenn es um und um kommt, uns verständigen, denn nach der Art und Weise zu urtheilen, wie Ihr das Neapolitanische sprecht, so ist es unmöglich, daß Ihr ein Franzose seid.«

      »Und was geht es Dich an, ob ich Franzose oder Neapolitaner bin?

      »Das ist meine Sache. Antwortet jetzt offen.«

      »Ich glaube gar, Du erlaubt Dir mich auszufragen, Schurke?«

      »O, was ich thue, mein Herr Edelmann, thue ich für Euch und nicht für mich. Also: Seid Ihr der Mann, welcher in französischer Uniform von Capua zu Pferde angelangt, in Pozzuolo eine Barke genommen und trotz des Sturmes zwei Fischer gezwungen hat, ihn nach dem Palast der Königin Johanna zu rudern?«

      Salvato hätte mit nein antworten und von seiner Fertigkeit im Sprechen des neapolitanischen Dialekts Gebrauch machen können, um die Zweifel des Fragenden zu vermehren. Er war jedoch der Meinung, daß man selbst einen Sbirren nicht belügen dürfe und daß eine Lüge stets etwas sei, wodurch die Menschenwürde herabgesetzt werde.

      »Und wenn ich nun dieser Mann wäre, antwortete er daher, »was würde dann geschehen?«

      »Ah, wenn Ihr es wäret,« sagte der Mann in dumpfem Tone und den Kopf schüttelnd, »dann würde weiter nichts geschehen, als daß ich genöthigt wäre, Euch umzubringen, dafern Ihr Euch nicht dazu verstündet, mir die Papiere, deren Ueberbringer Ihr seid, gutwillig zu geben.«

      »Dann müßtet Ihr euer Zwanzig sein anstatt Vier, Ihr Schurken! Euer Vier sind nicht genug, um einen Adjutanten des Generals Championnet umzubringen oder auch nur zu berauben.«

      »Er ist es!« rief der Anführer. »Wir müssender Sache ein Ende machen. Hierher, Beccajo, hierher!«

      Auf diesen Ruf kamen zwei Männer von einer kleinen dunklen Thür in der Gartenmauer her und näherten sich rasch, um Salvato von hinten anzufallen.

      Salvato hatte aber bereits mit feinen beiden Pistolen Feuer auf die beiden Männer gegeben, welche ihre Messer in der Hand hatten, und einen davon getödtet, den andern verwundet.

      Dann knöpfte er seinen Mantel auf, schleuderte ihn weit von sich hinweg, riß den Säbel aus der Scheide, spaltete mit einem Hiebe dem, welchen der Anführer unter dem Namen Beccajo zu seinem Beistande herbeigerufen, das Gesicht und versetzte dem andern eine tödtliche Stichwunde.

      Er glaubte nun sich seiner Angreifer entledigt zu haben, da von sechs nun schon vier kampfunfähig waren. Er hatte es nur noch mit dem Anführer und einem seiner Sbirren zu thun, der sich klüglich zehn Schritte weit von ihm entfernt hielt, und glaubte mit diesen beiden letzten leicht fertig zu werden, als er in dem Augenblick, wo er sich nach ihnen umdrehte, um über sie herzufallen, eine Art Blitz zucken sah, welcher aus der Hand des Anführers zischend auf ihn zugeflogen kam. Gleichzeitig empfand er in der rechten Seite der Brust einen lebhaften Schmerz.

      Der Mörder der sich ihm nicht zu nähern gewagt, hatte sein Messer nach ihm geworfen. Die Klinge war zwischen dem Schlüsselbein und der Schulter verschwunden und nur der Griff zitterte außerhalb der Wunde.

      Salvato ergriff das Messer mit der linken Hand, riß es aus der Wunde und that einige Schritte rückwärts, denn es war ihm, als wenn ihm der Boden unter den Füßen entwiche.

      Dann stieß er, einen Stützpunkt suchend, an die Mauer und lehnte sich an dieselbe. Fast unmittelbar darauf schien Alles mit ihm sich im Kreise zu drehen und seine letzte Empfindung war, daß er glaubte, die Mauer werde ihn eben so treulos verlassen wie der Erdboden.

      Ein Blitz, welcher den Himmel spaltete, erschien ihm nicht mehr bläulich, sondern blutroth.

      Er streckte die Arme aus, ließ seinen Säbel fallen und sank ohnmächtig nieder.

      In dem letzten Schimmer von Bewußtsein, der ihn von der Vernichtung trennte, glaubte er die beiden Männer auf sich zustürzen zu sehen.

      Er machte eine Anstrengung, um sie zurückzustoßen, aber Alles erlosch in einem Seufzer, von welchem man hätte glauben können, es sei ein letzter.

      Es geschah dies einige Sekunden nachdem bei dem Doppelknalle der Pistolen das Fenster im Hause der San Felice sich geöffnet und bei dem Schreckensruf Michels: »Pasquale de Simone, der Sbirre der Königin!« die junge Frau mit dem muthigen Rufe geantwortet hatte: »Wohlan, dann ist es an mir ihn zu retten!«

      Obschon aber die Entfernung von dem Boudoir nach der steinernen Rampe und von der Rampe bis zur Gartenthür nicht groß war, so waren, als Luisa mit zitternder Hand diese Thür öffnete, die Mörder doch schon verschwunden und nur der Körper des jungen Mannes, der an der Gartenthür angelehnt gelegen, fiel in dem Augenblick, wo die San Felice diese Thür öffnete, mit dem oberen Theil in den Garten herein.

      Mit einer Kraft, deren sie sich selbst niemals fähig geglaubt hätte, zog die junge Frau den Verwundeten in den Garten, verschloß und verriegelte die Thür hinter ihm und rief außer sich vor Schrecken und Angst: »Nina, Michele und Nanno, zu Hilfe!«

      Alle Drei kamen herbeigeeilt.

      Michele hatte von seinem Fenster aus die Meuchelmörder fliehen sehen. Eine Patrouille, deren langsamen, gemessenen Tritt man vernahm, hätte sich wahrscheinlich blos damit beschäftigt, die Todten hinwegzuschaffen und die Verwundeten aufzuheben.

      Es stand daher nichts mehr für die zu fürchten, welche dem jungen Officier beistanden, dessen Spur selbst für das geübteste Auge so gut wie verloren war.

      Michele faßte den jungen Mann um die Mitte des Leibes und hob ihn auf, während Nina die Füße trug und Luisa den Kopf stützte.

      Mit jenen sanften Bewegungen, deren Geheimniß die Frauen in Bezug auf die Kranken und Verwundeten allein besitzen, schaffte man den Verwundeten in das Innere des Hauses.

      Nanno war zurückgeblieben. Zur Erde niedergebückt, murmelte sie zwischen den Zähnen magische Worte und suchte ihr bekannte Kräuter unter denen, welche in der Ecke des Gartens und in den Spalten der Mauern wuchsen.

      In dem Boudoir angelangt, blieb Michele gedankenvoll stehen, dann schüttelte er plötzlich den Kopf und sagte:

      »Schwesterchen, es wird nun nicht lange mehr dauern, so kommt der Chevalier nach Hause. Was wird er sagen, wenn er sieht, daß Du in seiner Abwesenheit und ohne ihn zu Rathe zu ziehen, diesen schönen jungen Menschen in sein Haus gebracht hast?

      »Er wird ihn beklagen, Michele, und sagen, daß ich wohl daran gethan habe, antwortete die junge Frau, indem sie ihre von sanft heiterer Ruhe strahlende Stirn emporrichtete.

      »Ja ganz gewiß würde dem so sein, wenn es sich hier um eine gewöhnliche Mordthat handelte. Wenn der Chevalier aber erfährt, daß der Mörder Pasquale de Simone ist, wird er, der zum Haushalt des Prinzen Francesco gehört, wohl das Recht zu haben glauben, einem von dem Sbirren der Königin verwundeten Manne ein Asyl zu gewähren?«

      Luisa dachte eine Weile nach und hob nach einigen Secunden an:

      »Du hast Recht, Michele. Wir wollen sehen, ob der Verwundete irgend ein Papier bei sich hat, welches uns andeutet, wohin wir ihn bringen lassen können.«

      Man mochte aber in den Taschen des Verwundeten suchen, wie man wollte, so fand man in denselben nichts als seine Börse und seine Uhr.

      Es bewies dies, daß er es nicht mit Räubern zu thum gehabt.

      Was dagegen seine Papiere betraf, wenn er deren bei sich gehabt, so waren sie verschwunden.

      »Mein Gott, mein Gott, was sollen wir thun?« rief Luisa. »Ich kann doch ein menschliches Wesen in einem solchen Zustande nicht verlassen!«

      »Schwesterchen,« sagte Michele im Tone eines Menschen, der ein Auskunftsmittel gefunden. »Wenn der Chevalier plötzlich dazugekommen wäre, als Du Dir von Nauno wahrsagen ließest, wären wir dann nicht sofort in das Haus deiner Freundin, der Herzogin Fusco, verschwunden, welches leer steht und wozu Du die Schlüssel hast?«

      »Ja, Du hast Recht, Du hast Recht, Michele!« rief die junge Frau. »Ja, tragen wir ihn in das Haus der Herzogin. Man kann ihn dort in eines der Zimmer bringen, deren Fenster auf den Garten gehen. Es

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