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scharf abgegrenzt werden kann. Schließlich können auch eigene Angelegenheiten der Kirche in den weltlichen Rechtskreis hineinwirken. Somit handelt es sich letztendlich wiederum um eine Abwägungsentscheidung. Im Grunde kommt es deshalb maßgeblich darauf an, wer diese Grenzziehung treffen darf.52

      Die Bereichslehre wurde darum durch verschiedene Theorien in der Rechtsprechung modifiziert und weiterentwickelt. In der Entscheidung vom 21.09.197653 hat das Bundesverfassungsgericht seine Ansicht weiter verdeutlicht und klargestellt, dass eine Materie auch dann eine „innere kirchliche Angelegenheit“ bleibe, wenn sie mittelbare Rechtswirkungen in den staatlichen Zuständigkeitsbereich hat. In diesem Bereich kommt nur solchen Bestimmungen der Status eines „für alle geltenden Gesetzes“ zu, die für die Kirchen und Religionsgemeinschaften dieselbe Bedeutung wie für jeden anderen haben. Denn „trifft das Gesetz die Kirche nicht wie den Jedermann, sondern in ihrer Besonderheit als Kirche härter, ihr Selbstverständnis, insbesondere ihren geistig religiösen Auftrag beschränkend, also anders als den normalen Adressaten, dann bildet es insoweit keine Schranke“.54 Jedes Gesetz, das sich zwar nicht speziell gegen die Kirche wendet, sie aber härter trifft als andere, ist somit nach der so genannten „Jedermann-Formel“ nicht als „ein für alle geltendes Gesetz“ i.S.v. Art. 137 Abs. 3 WRV anzusehen. Die „Jedermann-Formel“ soll damit die Schaffung von einschränkendem Sonderrecht verhindern, das sich gegen Kirchen und Religionsgemeinschaften richtet.55 Positiv formuliert können staatliche Gesetze also nur dann die religionsgemeinschaftliche Selbstbestimmung beschränken, wenn sie für das Gemeinwesen bedeutsame Rechtsgüter beschützen. Ein für alle geltendes Gesetz im Sinne der Vorschrift ist danach ein Gesetz nur dann, wenn es „zwingenden Erfordernissen des friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche in einem religiös und weltanschaulich neutralen politischen Gemeinwesen entspricht.“56

      Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zieht einen differenzierteren Verhältnismäßigkeitsmaßstab heran, ohne dabei jedoch von den früheren Ansätzen ausdrücklich abzurücken.57 In der grundlegenden Entscheidung vom 25.03.198058 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass insgesamt der Wechselwirkung zwischen dem selbständigen Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen und dem staatlichen Schutz anderer Rechnung getragen werden soll. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistet demnach „in Rücksicht auf das zwingende Erfordernis friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirchen sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter“.59 Danach soll jedes Gesetz, das dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken zieht, selbst auf eine solche Schranke treffen, nämlich die materielle Wertentscheidung der Verfassung, die über einen für die Staatsgewalt unantastbaren Bereich hinaus die besondere Eigenständigkeit der Kirche gegenüber dem Staat anerkennt.60 Die das kirchliche Selbstbestimmungsrecht begrenzende Schranke ist deshalb im Wege der Güterabwägung zu ermitteln, damit die Wechselwirkung von Verfassungsgarantie und einschränkendem Gesetz gebührende Berücksichtigung findet.61 Abzuwägen ist dabei das kirchliche Selbstbestimmungsrecht mit damit kollidierenden Rechten Dritter oder sonstigen Verfassungsgütern. Zwar stellt das Selbstbestimmungsrecht des Art. 137 Abs. 3 WRV kein Grundrecht im eigentlichen Sinn dar, aber es besteht eine enge Verbindung zur Religionsfreiheit des Art. 4 GG.62 Die Wechselwirkungslehre kann somit zur Anwendung kommen und im Fall einer erforderlichen Abwägung ist das Verhältnis von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck zu bestimmen.63 Die völlige Vernachlässigung des einen oder anderen Verfassungswerts muss vermieden werden.64

      Zu beachten bleibt allerdings, dass bei jeder Entscheidungsfindung die Kirchenfreiheit vor dem Hintergrund des staatskirchenrechtlichen Gesamtsystems des Grundgesetzes berücksichtigt werden muss. Offen bleibt also durch die reine Abwägungstheorie, welches Gewicht bei der Abwägung im Einzelfall dem Recht der Religionsgesellschaften auf Selbstbestimmung einzuräumen ist.65 Weder eine automatische Privilegierung der Religionsgesellschaften, noch eine Abwägung gleichberechtigter Positionen und Rechtsgüter nach Maßgabe der zu Art. 5 Abs. 2 GG entwickelten Kriterien entspräche einer vom Bundesverfassungsgericht gewollten Abwägung unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen. Letzterem, also einer Grundrechtsabwägung gleichberechtigter Positionen, erteilt das Bundesverfassungsgericht eine Absage. Bereits in seiner Entscheidung vom 21.9.197666 stellt es klar, dass bei einer Abwägung im Rahmen von Art. 137 Abs. 3 WRV dem geistig-religiösen Auftrag der Kirchen Rechnung getragen werden müsse und deshalb die Schrankenformel gerade nicht mit dem „allgemeinen Gesetz“ im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG gleichgesetzt werden könne. Weitere Entscheidungen heben ebenfalls die Bedeutung des kirchlichen Selbstverständnisses im Rahmen der Abwägung explizit hervor.67 Danach müsse bei der Begrenzung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts durch ein für alle geltendes Gesetz, dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen sein.68 Eine besondere Rolle spielt dabei die Nähe des berührten Gebiets zum zentralen kirchlichen Auftrag. Je ausgeprägter der fragliche Sachverhalt das religiöse Zeugnis zum Ausdruck bringt, desto stärker muss der beschränkende Gesetzgeber auf das Selbstverständnis Rücksicht nehmen.69 Umgekehrt vermag das kirchliche Selbstverständnis auch in Bezug auf innere Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften einer Güterabwägung unterworfen werden, wenn eine Kollision mit staatlichen Schutzrechten vorliegt, allerdings ist dem kirchlichen Selbstverständnis im Rahmen der Abwägung hohes Gewicht beizumessen.70 Die Abwägung muss grundsätzlich auf eine Weise erfolgen, „die es gestattet, auf beiden Seiten davon auszugehen, dass staatliche Gesetze nicht den Kirchen und Religionsgemeinschaften wesentlichen eigenen Ordnungen beeinträchtigen und dass kirchliche und religionsgemeinschaftliche Gesetze nicht die für den Staat unabdingbare Ordnung kränken werden.“71 Nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz sind kollidierende Rechtsgüter also schonend auszugleichen.

      Die dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken ziehenden Gesetze müssen damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten und keines der beteiligten Grundrechte darf zu Lasten des anderen einseitig berücksichtigt werden.72 Insgesamt sichert die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts die Freiheit der Religionsgemeinschaften innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung.73

       B. Staatliches Arbeitsschutzrecht

      Der Bereich des Arbeitslebens wird für alle Arbeitnehmer vom staatlichen Gesetzgeber einem besonderen Schutz unterstellt: dem Arbeitsrecht. Dieses dient primär dem Schutz der abhängig Beschäftigten.74 In einem Arbeitsverhältnis wird der Arbeitnehmer vor Benachteiligungen, gesundheitlichen Gefährdungen sowie Arbeitsplatzverlust durch das Arbeitsrecht geschützt.75 Für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis gibt der staatliche Gesetzgeber ebenfalls Ziele und Maßnahmen vor. Diese bilden insgesamt das Arbeitsschutzrecht.

       I.Arbeitsschutzrecht

      Vor Gefahren am Arbeitsplatz stellt der Staat mit dem sogenannten Arbeitsschutzrecht einen speziellen gesetzlichen Schutz sicher und überlässt insofern die Geltendmachung von Rechten nicht allein dem abhängig Beschäftigten oder seiner Interessenvertretung. Zu diesem Arbeitsschutz im engeren Sinne gehören beispielsweise das Mutterschutzgesetz (MuSchG) und auch das SGB IX, das den Kreis der schwerbehinderten Menschen besonders schützt.76

      Die Geschichte des Arbeitsschutzrechts steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Ende des 18. Jahrhunderts aufkommenden Industrialisierung in Deutschland. Durch sie stieg die Quote der Kinderarbeit rapide, was zu einer Gesundheitsgefährdung der Kinder und letztlich zum Anstieg der Untauglichkeitsquote von jungen Männern beim Militär führte. Es wurde daraufhin vom preußischen Staatsministerium am 09.03.1839 das „Regulativ

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