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zu unterweisen. Das wird spaßig. So viele sind es selten in einem Jahrgang. Ich bin gespannt, was ihr so auf dem Kasten habt.“

      Neugierig musterte Greg sie von der Seite, als wolle er abschätzen, wie groß ihre Fähigkeiten wohl waren.

      Vor dem Fahrzeug, das Greg ansteuerte, standen bereits zwei Teenager, die ungefähr in Carolines Alter waren. Der Junge schien ein wenig älter als das Mädchen und seine Klamotten wirkten verschlissen.

      „Hallo, mein Name ist Boris Jatschecz“, begrüßte er Caroline mit einem starken osteuropäischen Akzent.

      „Und das ist Amanda King.“

      Amanda reichte Caroline ihr schmale Hand und flüsterte ein zaghaftes „Buenos días“. Alles an ihr wirkte schmal und zart. Ihr schwarzes, hüftlanges Haar und die dunklen Augen betonten ihre südländische Herkunft.

      Caroline stellte sich vor und gab beiden die Hand, während Greg ihr Gepäck verstaute. Mit einer wedelnden Armbewegung scheuchte er die drei schließlich in sein Fahrzeug.

      „Wir wollen doch heute noch ankommen, oder? Also nichts wie los.“

      Caroline, Amanda und Boris schwangen sich in den Van. Da alle drei schon seit langer Zeit unterwegs waren, wurde während der Fahrt wenig gesprochen. Caroline war vom frühen Aufstehen und dem langen Flug völlig erschlagen und froh, keine Konversation betreiben zu müssen. Den anderen schien es ebenso zu gehen.

      Sie fuhren eine ganze Weile und Caroline war wohl eingenickt. Sie schreckte hoch, weil Boris sie anstupste.

      „Das hier musst du dir anschauen Caroline.“

      Verschlafen rieb Caroline sich die Augen, als sie gerade das schwere schmiedeeiserne Tor passierten. Sie fuhren einen langen geschwungenen Weg entlang, der den Hügel hinauf auf ein gigantisches Gebäude zu führte. Rechts und links konnte Caroline Rasenflächen sehen, die von hohen Hecken umfasst wurden. Blumenbeete zogen sich am Wegesrand entlang und blühten in sämtlichen Regenbogenfarben. Der helle Kies knirschte unter dem Gewicht des Wagens. Als Caroline zurückblickte, konnte sie sehen, dass sich das schwere Tor wie von Geisterhand wieder schloss. Am Horizont zogen schwere Gewitterwolken auf.

      Am Ende des Weges befand sich ein Wendehammer direkt vor dem Haupteingang des Hauses. In der Mitte des Platzes prangte ein monströser Springbrunnen, der aber anscheinend nicht in Betrieb war. So standen die riesigen Figuren nutzlos auf ihren marmornen Sockeln und blickten untätig und dumpf in das leere Becken. In diesem Moment sprang die Außenbeleuchtung an. Caroline erkannte, dass rund um den Platz kleine elektrische Fackeln platziert waren und die gesamte Auffahrt hell erleuchteten.

      „Wir sind da.“ Greg stellte das Auto ab und stieg aus. „Schnappt euch euer Gepäck und dann nichts wie rein.“

      Boris, Amanda und Caroline kletterten aus dem Wagen. Caroline warf einen ersten Blick auf das Haus. Direkt neben dem Eingangsbereich standen links und rechts Laternen. Sie sahen aus wie alte Gasfackeln, die Caroline aus historischen Verfilmungen kannte. Diese Lampen hier wurden allerdings mit Elektrizität betrieben. Greg hatte inzwischen schon den Kofferraum geöffnet und ging geradewegs auf das riesige Haus zu. Über ein paar breite ausgetretene Treppenstufen gelangte er zur Eingangstür. Zwei dicke runde Säulen aus dunklem Stein stützten ein schweres schiefergedecktes Vordach. Der dunkle Stein und die dreieckige Form des Dachaufsatzes ließen das Ganze wuchtig und ein wenig bedrückend wirken. Und obwohl der Eingangsbereich von allen Seiten offen, beleuchtet und begehbar war, wirkte er wie eine Vorhalle zu einer Gruft. In dem Stein über der Türschwelle war der Name des Hauses eingemeißelt worden: Kievets Hook House. Links und rechts vom Hauptgebäude konnte Caroline in einigem Abstand die Umrisse zweier Seitenflügel erkennen. Diese waren ungefähr gleich lang und schienen, wie die gesamte Fassade des Hauses, mit dunklem Stein verkleidet. Das Haus wirkte in der Sonne alt, beständig und bedrohlich zugleich.

      „Na kommt schon.“ Greg deutete mit einer Geste an, dass sie sich ein wenig beeilen sollten.

      Caroline drehte sich zum Auto um. Ihr Blick schweifte über die erleuchtete Auffahrt und zu dem im Dunkeln liegenden Rasen. Dann gesellte sie sich zu Amanda und Boris, die ihr Gepäck aus dem Kofferraum des Wagens zogen und bereits die Taschen sortierten.

      Greg öffnete einen der beiden Flügel der wuchtigen Eingangstür, die leicht knarzte. Dahinter begrüßte sie ein heller Empfangsraum mit hohen Decken, an denen schwere Lüster ein mannigfaltiges Licht abgaben.

      Amanda, Boris und Caroline schulterten gerade ihre Taschen, als Greg erneut am Van auftauchte, um den Kofferraum zu schließen. Dann ging er voran und betrat die Eingangshalle.

      Die Wände waren etwa bis auf Brusthöhe mit dunklem Holz vertäfelt. Darüber hingen mannshohe Porträts aus verschiedenen Epochen. Dazwischen gab es immer wieder Fackelhalterungen, über denen die Wände leichte Rußspuren aufwiesen. Der marmorne Fußboden war mit dicken Läufern ausgelegt. Gleich neben der Eingangstüre befanden sich zu beiden Seiten kleine Sitzgruppen. Diese bestanden jeweils aus einem Beistelltisch, einem breiten schwarzen, ledernen Sessel und einem zweisitzigen schwarzen Ledersofa. An der rechten Wand konnte Caroline eine Garderobe aus poliertem Kirschholz entdecken.

      Greg bedeutete mit einer Handbewegung, dass sie hier warten sollten. Dann schritt er zielstrebig zum anderen Ende der Diele, wo sich neben der breiten Türe aus Milchglas ein kleiner Tisch mit einem schwarzen Telefon befand. Noch während Greg telefonierte, öffnete sich die Milchglastür und zwei Dienstmädchen traten heraus. Sie knicksten vor Greg und begrüßten die drei Neuankömmlinge mit einem höflichen Kopfnicken.

      Greg hatte aufgehört zu telefonieren und drehte sich zu Caroline und den anderen um.

      „Also herzlich willkommen im Kievets Hook House. Das sind Greta und Sarah. Sie werden euch jetzt auf eure Zimmer bringen. Dort könnt ihr euch ein wenig frisch machen. In einer halben Stunde wird das Essen serviert. Also bis gleich.“

      Und schon war er durch die Milchglastür entschwunden. Eines der beiden Dienstmädchen verschwand ebenfalls hinter der Tür, um kurz darauf mit einem Kofferwagen wieder aufzutauchen, während das andere sich schüchtern als Greta vorstellte. Dann packten sie die Koffer der drei auf den Wagen und baten darum, ihnen zu folgen.

      Caroline, Amanda und Boris waren überwältigt von dem gesamten Ambiente.

      Hinter der Milchglastür erstreckte sich ein langer und ziemlich breiter Flur. Der Fußboden war mit dem gleichen Marmor und den Teppichen wie die Eingangshalle verkleidet. Auch hier hingen riesige Lüster von der Decke und spendeten Licht. In einigen Metern Entfernung konnte man eine Art Kreuzung erkennen, in der offensichtlich die zwei Seitenflügel des Hauses auf den Hauptbau trafen. Bis dahin waren je drei Türen auf der linken und der rechten Seite auszumachen. Diese waren alle mit Messingschildern versehen, sodass die Art der Benutzung zu erkennen war. Links befanden sich ein Billardzimmer, ein Fernsehraum sowie ein Raum mit der Beschriftung „Kommunikation“. Wie sie von Sarah erfuhren, befanden sich dort zwei PCs mit Internetanschluss sowie ein Telefon für Gespräche nach draußen. Alle Bewohner von Kievets Hook House hatten eigene Anschlüsse. Die Gäste allerdings mussten sich das Telefon im Kommunikationsraum teilen. Das Telefon in der Vorhalle war, wie alle schwarzen Telefone im Haus, nur für interne Gespräche nutzbar.

      Auf der rechten Seite des Flures befanden sich drei Arbeitszimmer. Als Benutzer waren nur die Vornamen Greg, Steven und Bea angegeben. Caroline konnte auch hier zwischen den Türen Halterungen für Fackeln erkennen.

      Dann traten sie in die „Kreuzung“ ein. Zentral in diesem Raum stand ein großer runder Tisch aus poliertem Kirschholz. In der Mitte war eine Steinplatte eingelegt. Auf dieser waren im Kreis sechs Wappen angeordnet. Alle Wappen hatten eine grüne Umrandung. Ansonsten unterschieden sie sich extrem voneinander. Eines der Wappen kam Caroline bekannt vor.

      „Das ist das Wappen meiner Familie“, rief sie überrascht aus. Amanda und Boris entdeckten ebenfalls ihre Familienwappen. Greta bejahte dies und verwies darauf, dass hier die tägliche Post am entsprechenden Wappen zur Abholung bereitgelegt werde. Auch Terminabsprachen und Mitteilungen innerhalb des Hauses würden hier hinterlegt. Sie wandten sich nach links und begaben sich durch eine weitere Milchglastür in den linken Seitenflügel.

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