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des Herrn, der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Frucht des Herrn.“

      Für die Christen konnte es keinen Zweifel geben: der Stamm Jesse war Maria, die von David abstammte, und das Reis war Christus. Der Baum Jesse wurde für sich zu einem ganzen Bündel von Symbolen der christlichen Mystik. Man brachte mit ihm natürlich die Vision Seths vom Lebensbaum in Verbindung, der in seinem Wipfel Jesus und seine Mutter trug. Die Jungfrau wurde zur „neuen Eva„ und Abel, der das Opfer seines Bruders wurde, wie auch Joseph, der Sohn Jakobs, von seinen Brüdern verkauft wurde, glich Jesus, dem Menschensohn, der von seinem Jünger Judas an seine Feinde ausgeliefert wurde. Der Baum versinnbildlichte auch die allgegenwärtige Kirche, die aus Jesu Opfer entstanden war, und selbstverständlich auch das Paradies. Ferner erinnerte er an die Jakobsleiter und an die feurige Leiter des Johannes, die Himmel und Erde verbindet. Die Ikonographie zeigte Jesse, den Patriarchen, wie er schlafend und träumend am Boden liegt, eine angezündete Lampe ist neben ihm aufgestellt. Aus seinem Nabel oder seinem Mund wuchs der Stamm hervor; auf den Ästen waren die Könige von Juda oder die Propheten abgebildet, die von Zeitalter zu Zeitalter das Kommen des „Sprosses aus dem Hause Davids“, des künftigen Messias, angekündigt hatten. Ganz zuoberst erschien wie eine riesige Blüte die Jungfrau Maria, die auf ihrem rechten Arm das göttliche Kind hielt und ihm mit der linken Hand eine Blume reichte.

      Dieser exemplarische Baum liegt dem genealogischen Baum zugrunde, dem Bild des „Stammbaums“ mit seinen verschiedenen Verzweigungen, der im 19. Jahrhundert als „Baum der Evolution“ erscheint und aufzeigt, wie sich die Arten in verschiedene „Ableger“ aufspalten, als ob sie voneinander abstammten und eine einzige riesige Familie bildeten.

      Ein jeder kennt den Orakelspruch, den man beim Abzupfen der einzelnen Blütenblätter bei der Margerite und beim Gänseblümchen aufsagt: „Er liebt mich, liebt mich nicht. Er liebt mich, liebt mich nicht …“ Der Orakelspruch wird aber auch vielfach abgewandelt, so zum Beispiel: „Er liebt mich von Herzen, mit Schmerzen, ein wenig oder gar nicht …“ Nach und nach zupft man dem Gänseblümchen jedes einzelne Blütenblatt ab, bis aufs Letzte, bis man es dann weiß. Das genügsame Gänseblümchen, das Mondscheinblümchen, ist eine Blume, die der Jungfrau Maria zugeordnet ist – eine Marienblume. Und den Namen Marienblümchen trägt sie auch in Österreich. Es ist Sinnbild der Demut, der Reinheit und Bescheidenheit, auch Sinnbild für den Schutz, den die Gottesmutter gewährt. Das gelbe Blütenkörbchen in der Mitte der Blüte ist eine Zusammenballung von vielen kleinenb Blüten. Am Abend und bei schlechtem Wetter schließt sich die Blüte. „Die Hüllblätter beschützen die armen Seelen“, sagt man.

      Die weiße Madonnenlilie fehlt auf keiner bildlich dargestellten Verkündigungsszene. Sie ist die wichtigste Marienblume. „Ich bin die Narzisse in Saron, die Lilie in den Tälern. Wie die Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Mädchen“, so heißt es in der Bibel im Hohelied. Und im Matthäusevangelium wird von der „Lilie auf dem Felde“ gesprochen.

      Die weiße Lilie zierte die Säulenkapitelle in vielen antiken Zivilisationen, in Ägypten, Assyrien, in der minoischen Kultur und im Tempel Salomos in Jerusalem. Sie war ein Symbol der Schönheit, oft auch von Fruchtbarkeit und Reichtum. Unter christlichem Einfluss wurde sie zum Symbol für geistliche Reinheit, Heiligkeit und Auferstehung und deshalb als Mariensymbol häufig in der Nähe und Umgebung von Kirchen angepflanzt. Unter dem Namen „Marienlilie“, später „Madonnenlilie“, taucht sie dann oft auf alten Kirchengemälden auf, die Maria mit der Lilie in der Hand zeigen.

      Ab dem 10. Jahrhundert wurde auch die Kartoffelrose Maria zugeschrieben. In Weiß – die Farbe der Unschuld und unbefleckten Empfängnis. Später kam Marias Anteil an der Passion hinzu: Symbolisch drückt das die Farbe Rot aus. In der blauen Kornblume lässt sich sogar eine Krone für die Himmelskönigin erkennen.

      Die Kornblume wurde das Symbol Marias für ihre Treue und Beständigkeit. Die Blüten der Erdbeere verkörpern Marias Keuschheit. Warum Maria so viele Blumen zugeordnet sind, geht wohl auf die Geschichte ihres Todes zurück. Als die Apostel der Legende nach die Verstorbene, die bereits im Sarg lag, beerdigen wollten, war der Leib von Maria verschwunden. Es lagen nur noch wohlriechende Blumen dort.

      Als Mariensymbole oder marianische Symbole bezeichnet man Sinnbilder, die sich auf die Person Maria beziehen. Zu den Mariensymbolen zählen viele Blumen, auch Tiere, Gestirne und Gegenstände, die dem Alten und Neuen Testament, den Apokryphen, den Schriften der Kirchenväter, der Lauretanischen Litanei sowie der geistlichen Dichtung oder den Visionen der Mystiker entlehnt sind und die in Bezug zur Jungfrau Maria stehen. Wird ein Ereignis, wie die Szene mit Moses vor dem brennenden Dornbusch, mit Maria gleichgesetzt, sprechen wir von einer Allegorie. Meistens werden Mariensymbole mit allegorischen Mariendarstellungen kombiniert. Der blühende Stab Aarons, das Vlies Gideons, die Porta clausa, das verschlossene Tor des Propheten Ezechiel, Tiere wie Phönix, Löwe, Schwalbe, Pelikan, Marienkäfer oder das Einhorn, und viele Pflanzen wie die Madonnenlilie, Akelei, Rose, Walderdbeere, Schlüsselblume und Maiglöckchen sind Symbole Mariens. Einfache Symbole, die früher anstelle der Gottesmutter wiedergegeben wurden, waren u. a. ein Brunnen, als Quell des Lebens, Sonne, Mond und Sterne.

      Viele Lebewesen, die einen Frauennamen im Namen tragen, verherrlichen damit die Mutter Gottes, Maria. Manche Namen von „Marienblumen“ erklärt die Legende. Die Mariendistel hat Blätter mit weißen Flecken. Sie sind nach der Legende dadurch entstanden, dass Marias Milch auf die Blätter tropfte. Der Steinsame bringt als Frucht vier knochenharte, eiförmige, bräunliche Nüsschen hervor. Es sind die zu Stein gewordenen Tränen der Maria, um den Herrn vergossen; sie bleiben auch oft im Winter noch an den längst verdorrten Stängeln hängen wie eine stille Mahnung: Marientränen. So wird auch das Johanniskraut, das „Herrgottkräutlein“, auch „Marienblut“ genannt, was auf den blutroten Saft in den Blüten zurückzuführen ist.

      Andere „Marienpflanzen“ sind besonders schöne Vertreter ihrer Verwandtschaft und tragen daher den Ehrennamen. Die Marienkerze, auch „Himmelsbrand“ oder „Himmelsschlüssel“ genannt, wächst kerzengerade in den Himmel und als Königskerze war sie deshalb „Marias Zepter“ in der Mitte des Kräuterbuschen an Maria Himmelfahrt. Die Marienglocke z. B. ist eine besonders großblütige Glockenblume, die als Zierpflanze im Garten geschätzt wird. Ein Süßgras ist, wenn man seinen griechischen Namen Hierochloa übersetzt, „Heiliges Gras“ getauft worden und wird auch Mariengras genannt. Dabei spielt es als Futtergras kaum eine Rolle. Aber ihm entströmt euin süßer Duft, ähnlich dem Waldmeister, so dass man früher trockene Sträuße in Kleiderschränke legte wie andere Duftspender. Die gelben Blüten des Echten Labkrauts strömen einen betörenden süßen Duft aus. Nach der Legende hat Maria das Jesuskind auf duftendes Labkraut gebettet. So trägt es im Volksmund den Namen „Marienstroh“ oder „Marienbettstroh“. Aus Marias Tränen entstand der Legende nach auch das Maiglöckchen, das deshalb die Namen „Marientränen“ und „Marienglöckchen“ trägt. Schließlich ist die Weiße Lilie Symbol der Muttergottes und heißt Madonnenlilie. Das Mädesüß in feuchten Wiesenauen ist eine wahre „Wiesenkönigin“, deren süßer Duft unübertrefflich ist. So ist das Mädesüß im Volksmund eben auch das „Mariensüß“. Die Engelwurz Angelika, der Engel auf Erden, ist der „Marienbote“. Ein Marienblümchen ist auch das Gänseblümchen, sittsam, bescheiden und klein, Symbol der Reinheit. Rosmarin gehörte neben Thymian und Myrrhe zum Brautstrauß und heißt deshalb auch „Marienbraut“.

      Manche Heilkräuter tragen ihren Namen „zu Ehren unserer lieben Frau“; so das Labkraut als „Frauenbettstroh“ oder in unseren Bergwäldern der „Marienschuh“, eine Orchidee mit Namen „Liebfrauenschuh“. Eine andere, noch zierlichere Orchidee, deren Blüten sich in einer dichten Ähre schmücken, heißt Frauenlocke. Die schlanke Ähre ist spiralig um ihre Achse gedreht, ähnlich wie eine Haarlocke. Es gibt auch ein Frauenhaar, es ist der Venusfrauenfarn. Der Fingerhut mit seinem purpurroten Blütenschmuck heißt „Unserer lieben Frau Handschuh“. Er ist zwar giftig, aber trotzdem als Heilpflanze ein Wohltäter der Menschheit,

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