ТОП просматриваемых книг сайта:
Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke. Robert Louis Stevenson
Читать онлайн.Название Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783746750095
Автор произведения Robert Louis Stevenson
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich war ganz verdutzt; was er von mir verlangte, schien völlig aussichtslos zu sein – er, der alte Pirat, der Rädelsführer bei dem ganzen Komplott. Aber ich sagte:
»Was ich tun kann, will ich tun!«
»Abgemacht!« rief Long John. »Sprich nur frei von der Leber weg, und beim Donner, ich habe eine Aussicht!«
Er humpelte an die Fackel heran, die in den Brennholzhaufen gesteckt war, und zündete sich eine frische Pfeife an. Dann setzte er sich wieder auf das Branntweinfaß und sagte:
»Versteh mich, Jim! Ich habe doch einen Kopf zwischen den Schultern! Ich bin jetzt auf des Squires Seite. Ich weiß, du hast das Schiff irgendwohin in Sicherheit gebracht. Wie du das gemacht hast, weiß ich nicht – aber in Sicherheit ist es. Ich denke mir, Hands und O'Brien sind umgefallen. Ich habe zu keinem von den beiden jemals viel Vertrauen gehabt. Nun hör' auf mich: ich stelle keine Fragen und lasse auch andere keine stellen. Ich weiß, wenn eine Sache verspielt ist, und wenn ich einen Jungen sehe wie dich, so weiß ich auch, daß er Schneid hat. Ah, du, der du so jung bist – du und ich, was hätten wir beide miteinander nicht alles aufstellen können?« Er zapfte etwas Branntwein aus dem Faß in ein Zinnkännchen und fragte mich:
»Willst du einen Schluck?«
Und als ich den Branntwein ablehnte, sagte er:
»Na, ich will selber einen kippen, Jim. Ich muß mich etwas kalfatern; denn es ist Trubel in Sicht. Und da wir von Trubel sprechen – warum gab der Doktor mir die Karte, Jim?«
Auf meinem Gesicht stand Verwunderung so deutlich geschrieben, daß er sofort die Zwecklosigkeit weiterer Fragen erkannte und sagte:
»Tscha – er gab sie mir. Und da ist sicherlich irgendein Haken bei – sicherlich hatte er damit was im Sinn, Jim – was Schlechtes oder was Gutes.«
Und er nahm noch einen Schluck von dem Branntwein und schüttelte seinen großen blonden Kopf wie einer, der auf das Schlimmste gefaßt ist.
Neunundzwanzigstes KapitelNoch einmal der schwarze Fleck
Die Beratung der Meuterer hatte eine ziemliche Zeit gedauert, als einer von ihnen wieder in das Haus kam und mit einer Wiederholung desselben Kratzfußes, der mir etwas Höhnisches zu haben schien, die Bitte aussprach, ihm für einen Augenblick die Fackel zu leihen. Silver sagte kurz ja, und der Abgesandte entfernte sich wieder mit der Fackel, so daß wir nun ganz im Finstern saßen.
»Es zieht eine Brise auf, Jim!« sagte Silver, der jetzt sehr freundlich und vertraulich mit mir sprach.
Ich trat an die nächste Schießscharte und blickte hinaus. Die Holzkohlen des großen Feuers waren beinahe ausgebrannt und glühten so dunkel und schwach, daß ich wohl verstehen konnte, warum die Verschwörer eine Fackel zu haben wünschten. Etwa auf dem halben Wege nach der Einzäunung hinunter standen sie in einer Gruppe beisammen; einer hielt die Fackel; ein anderer lag in ihrer Mitte auf den Knien, und ich sah die Klinge eines offenen Messers in seiner Hand, und sie funkelte in dem Mondschein und dem Fackellicht. Die übrigen beugten sich alle etwas vornüber, wie wenn sie dem Knienden bei seinem Tun zusähen. Ich konnte gerade jeden erkennen, daß er in der einen Hand das Messer und in der anderen ein Buch hatte, und ich wunderte mich darüber, wie etwas so Merkwürdiges wie ein Buch hatte in ihren Besitz kommen können – da sprang der Kniende wieder auf, und die ganze Gesellschaft ging auf das Blockhaus zu.
»Da kommen sie,« sagte ich; und dann nahm ich meine frühere Stellung wieder ein, denn es schien mir unter meiner Würde zu sein, wenn sie fänden, daß ich sie beobachtete.
»Na, laß sie man kommen, Jungs – laß sie man kommen,« sagte Silver fröhlich. »Ich habe noch einen Schuß in meiner Flinte!«
Die Tür öffnete sich, und die fünf Leute, die dicht davor auf einem Klumpen standen, schoben einen von ihnen vorwärts. Unter anderen Umständen wäre es ein komischer Anblick gewesen, wie er langsam näher kam, bei jedem neuen Schritt zögernd, aber dabei die geschlossene rechte Hand immer vor sich hinstreckend.
»Komm man her, Junge!« rief Silver. »Ich werde dich nicht fressen. Gib es man her, Schafskopf. Ich kenne die Regeln – was meinst du denn? Ich werde doch einem Abgesandten nichts zuleide tun!«
Durch diese Worte ermutigt trat der Pirat mit schnelleren Schritten näher, drückte Silver irgend etwas in die Hand und eilte dann noch hurtiger wieder hinaus und zu seinen Kameraden zurück.
Der Schiffskoch sah sich das Ding an, das ihm überreicht worden war, und bemerkte dann:
»Der schwarze Fleck! Ich dachte es mir. Wo habt ihr denn wohl das Papier hergekriegt? Ach so! Aber hört mal, das bringt kein Glück: ihr seid beigegangen und habt es aus einer Bibel rausgeschnitten. Wer ist denn so ein Narr und zerschneidet eine Bibel?«
»Na, seht ihr?« rief Morgan. »Da haben wir's! Was sagte ich? Nix Gutes nicht wird danach kommen, sagte ich!«
»Na, das habt ihr nun untereinander abzumachen,« begann Silver wieder. »Ihr werdet nun wohl alle baumeln, rechne ich. Was für ein Schafskopf hatte denn eine Bibel?«
»Das war Dick« sagte einer von ihnen.
»So, so? Dick war das? Dann soll Dick sich man aufs Beten legen. Glück wird er nicht mehr haben, der Dick, darauf könnt ihr Gift nehmen!«
Aber jetzt mischte der lange Mann mit den gelben Augen sich ein und sagte:
»Laß das Geschwätz, John Silver. Diese Mannschaft hat dir den schwarzen Fleck geschickt, wie in voller Versammlung nach Recht und Billigkeit beschlossen war. Drehe es um, wie es recht und billig ist, und sieh dir an, was da geschrieben steht. Dann kannst du sprechen.«
»Dank schön, George,« antwortete Silver! »Du warst immer fix in Geschäften und weißt die Regeln auswendig, George, wie ich mit Vergnügen bemerke. Na, was ist es denn? Aha! ›Abbgesetzt!‹ – also das ist es? Sehr hübsch geschrieben, keine Frage! Gewiß und wahrhaftig wie gedruckt! Deine Handschrift, George? Sieh mal an! Du wirst ja richtig der erste Mann bei der Mannschaft hier. Sollte mich gar nicht wundern, wenn du nächstens Käpp'n würdest. Ach, sei doch so gut und gib mir nochmal die Fackel! Meine Pfeife hat keine Luft.«
»Hör' mal!« rief George. »Halte lieber die Mannschaft hier nicht zum besten! Du bist ja ein großer Spaßvogel, wie du selber glaubst; aber mit dir ist es jetzt aus, und du wirst vielleicht so gut sein und von deinem Faß herunterkommen und mit abstimmen!«
»Ich glaubte, du sagtest, daß du die Regeln kenntest,« antwortete Silver verächtlich. »Jedenfalls, wenn du die Regeln nicht kennst, so kenne ich sie; und ich bleibe hier sitzen – und ich bin immer noch euer Käpp'n, merkt euch das! – und warte, bis ihr mit euren Beschwerden herauskommt, und in der Zwischenzeit antworte ich euch, daß euer schwarzer Fleck keinen Zwieback wert ist. Was dann weiter kommt, werden wir sehen.«
»Oh!« antwortete George, »mache dir nur keine Sorgen – wir sind alle einig! Erstens hast du diese Kreuzfahrt verpfuscht – du wirst nicht den Mut haben, das zu leugnen. Zweitens ließest du den Feind für nichts und wieder nichts aus dieser Falle heraus, in der er saß. Warum wollten sie heraus? Das weiß ich nicht; aber es ist ziemlich klar, daß sie heraus wollten. Drittens hast du uns versprochen, sie auf dem Marsch zu überfallen. Oh, wir sehen dich durch und durch, John Silver: du möchtest mit ihnen unter einer Decke spielen – das ist es! Und dann, viertens, mit diesem Jungen hier.«
»Ist das alles?« fragt Silver ruhig.
»Jawoll, und wohl auch genug. Wir werden deinetwegen alle an den Galgen kommen und an der Sonne trocknen.«
»Nun, hört mich an! Ich will auf diese vier Punkte antworten – auf einen nach dem andern. Ich habe die Kreuzfahrt verpfuscht? So? Nun, ihr alle wußtet, was ich verlangte; und ihr alle wißt, daß wir noch heute an Bord der Hispaniola wären, wenn es so gemacht worden wäre, wie ich es haben wollte, und daß alle am Leben gewesen wären, fidel und munter und mit gutem Plumpudding im Leibe, und im Schiffsraum hätten wir den