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ganz plötzlich eine schrille Stimme aus der Finsternis heraus:

      »Piaster! Piaster! Piaster! Piaster! Piaster!« – unaufhörlich immer dasselbe, ohne Unterbrechung, ohne Abwechslung, wie das Klappern einer Kaffeemühle.

      Silvers grüner Papagei – Käpp'n Flint!

      Ihn hatte ich an einem Stück Baumrinde knabbern und picken hören!

      Der Papagei hatte besser Wache gehalten als alle die Menschen drinnen, und meldete jetzt meine Ankunft mit seinem unermüdlichen Geschnatter.

      Mir wurde keine Zeit gelassen, mich zu besinnen. Von dem scharfen Gekreisch des Vogels erwachten alle Schläfer. Sie sprangen auf, und mit einem mächtigen Fluch schrie Silver:

      »Wer da?!«

      Ich drehte mich um und wollte hinausspringen, lief aber gegen einen Menschen an, prallte von ihm ab und fiel einem zweiten in die Arme, die sich sofort um mich schlossen und mich nicht wieder losließen. »Bring 'ne Fackel, Dick!« sagte Silver, als auf diese Weise meine Gefangennahme gesichert war.

      Einer von den Leuten verließ das Blockhaus und kam gleich darauf mit einer Fackel wieder herein.

      Der rote Schein der Fackel, die das Innere des Blockhauses erleuchtete, zeigte mir, daß meine schlimmsten Befürchtungen sich verwirklicht hatten: die Piraten waren im Besitz des Blockhauses und der Vorräte: da stand, wie vor meinem Fortgehen, das Faß Kognak, da waren die Speckseiten und die Zwiebacksäcke; aber – und diese Beobachtung verzehnfachte mein Entsetzen – keine Spur von einem Gefangenen!

      Ich konnte nur annehmen, daß sie alle umgekommen waren, und es gab mir einen scharfen Stich ins Herz, daß ich nicht dabei gewesen war, um mit ihnen unterzugehen.

      Die Piraten waren, alles in allem, sechs Mann. Das waren alle, die von ihnen noch am Leben waren! Fünf von ihnen waren auf den Beinen – mit aufgedunsenen, roten Gesichtern, eben aus ihrem ersten trunkenen Schlaf aufgestört. Der sechste hatte sich nur aufgerichtet und sich auf seine Ellenbogen aufgestützt; er war totenbleich, und die blutige Binde zeigte an, daß er kürzlich erst verwundet und vor noch kürzerer Zeit verbunden sein mußte. Ich erinnerte mich des Piraten, der bei dem großen Angriff verwundet worden war und sich so schnell in den Wald geflüchtet hatte, und ich bezweifelte nicht, daß es dieser Mann gewesen war.

      Der Papagei saß, sein Gefieder aufblähend, auf Long Johns Schulter. Dieser selber sah, so kam es mir vor, etwas bleicher und ernster aus, als für gewöhnlich. Er trug immer noch seinen schönen Tuchanzug, den er damals als Parlamentär angehabt hatte; aber er war arg abgetragen, mit Lehm beschmiert und von den Dornen der Waldsträucher zerrissen.

      »So!« sagte er, »da ist ja Jim Hawkins – hol' mich der Kuckuck! 'n bißchen ins Fettnäpfchen getreten, was? Na, sei man nicht bange – es freut mich!«

      Und mit diesen Worten setzte er sich auf das Branntweinfaß und begann sich eine Pfeife zu stopfen, »Gib mir mal den Kien rüber, Dick!« sagte er. und als seine Pfeife ordentlich brannte, fuhr er fort:

      »Gut, mein Junge; steck' die Fackel man in den Holzhaufen hinein; und ihr, meine Herren, hört mal alle Mann zu! Ihr braucht vor Herrn Hawkins nicht aufzustehen; das verlangt er gar nicht von euch – könnt es mir glauben! Und so, Jim,« – dabei drückte er den Tabak herunter – »bist du also hier und 'ne angenehme Überraschung für den armen alten John. Daß du helle warst, sah ich dir auf den ersten Blick an; aber dies hier geht mir doch rein über die Hutschnur – jawoll!«

      Auf all dies Gerede antwortete ich keine Silbe, wie man sich wohl denken kann. Sie hatten mich inzwischen an die Wand gestellt; und da stand ich nun und sah Silver ins Gesicht – äußerlich wenigstens kühn genug, so will ich hoffen, aber mit schwärzer Verzweiflung im Herzen.

      Silver tat sehr bedächtig ein paar Züge aus seiner Pfeife und fing dann wieder an:

      »Na, siehst du, Jim, da du nun doch einmal hier bist, so will ich dir mal was sagen. Ich habe dich immer gern gehabt, das hab' ich, als einen mutigen Bengel und als das Abbild von mir selber, als ich noch ein junger und hübscher Kerl war. Ich hatte stets gewünscht, du solltest zu uns kommen und deinen Anteil haben und als Gentleman sterben, und nun, mein Hähnchen, wirst du das müssen! Käpp'n Smollett ist ein famoser Seemann, das will ich bis zu meinem Ende jeden Tag beschwören, aber er ist stramm mit den Disziplinen. ›Pflicht ist Pflicht!‹ sagt er. Geh du, mein Lieber, Käpp'n Smollett aus dem Wege! Sogar der Doktor ist ganz und gar wild auf dich – ›Undankbarer Bengel!‹ war, was er sagte; und das Kurze und das Lange von der ganzen Geschichte ist ungefähr dies: zu deinen eigenen Leuten kannst du nicht zurück, denn sie wollen dich nicht haben; und wenn du nicht ganz für dich allein eine dritte Schiffsmannschaft bilden willst, was hier auf die Dauer wohl ein bißchen einsam werden würde, wirst du wohl zu Käpp'n Silver gehen müssen.«

      So weit war das ganz gut. Meine Freunde waren also noch am Leben, und wenn ich auch zum Teil an Silvers Behauptung glaubte, daß die Kriegspartei wegen meiner Desertion mir grollte, so fühlte ich mich durch die Worte, die ich vernommen hatte, doch mehr erleichtert als betrübt.

      »Ich sagte nichts davon, daß du in unserer Hand bist,« fuhr Silver fort; »indessen hier bist du nun mal, und das ist sicher. Ich bin ganz und gar dafür, daß man sich im guten einigt; habe nie gesehen, daß aus Drohungen etwas Gutes kommt. Wenn dir der Dienst paßt, na, dann trittst du bei mir ein; und wenn er dir nicht paßt, Jim – oh, dann steht es dir frei, nein zu sagen – ganz nach deinem Belieben, diesmal; und wenn irgendein Seemann auf Erden anständiger zu dir reden kann, so soll mich der Kuckuck holen!«

      »Muß ich also antworten?« fragte ich mit sehr unsicherer Stimme. Durch alle diese spöttischen Worte hindurch hörte ich deutlich die beabsichtigte Todesdrohung, und meine Wangen brannten, und das Herz klopfte in meiner Brust, daß es mir weh tat.

      »Mein Junge,« sagte Silver, »kein Mensch zwingt dich. Mach' es ganz, wie du willst. Keiner von uns wird dich drängen, Maat; die Zeit verstreicht so angenehm in deiner Gesellschaft – verstehst du?«

      »Nun,« sagte ich, und beim Sprechen wurde ich ein bißchen kühner, »wenn ich wählen soll, so habe ich gewiß ein Recht, zu wissen, was los ist, und warum ihr hier seid, und wo meine Freunde sind!«

      »Was los ist?« wiederholte einer von den Piraten in tiefem Baß. »Oh, wer das wüßte, der könnte von Glück sagen!«

      »Du wirst vielleicht deine Klappe halten, bis Du gefragt wirst, mein Freund!« rief Silver drohend dem Sprecher zu. Und dann antwortete er mir in seinem alten liebenswürdigen Ton:

      »Gestern morgen, Herr Hawkins, in der Hundewache, kam Dr. Livesey zu uns runter mit 'ner weißen Flagge und sagte: ›Käpp'n Silver, ‹ sagt er, ›Ihr seid angeschmiert. Das Schiff ist weg.‹ Na, vielleicht hatten wir wohl ein Gläschen genommen und ein Liedchen dabei gesungen, ich will dazu nicht nein sagen. Wir guckten aus, und beim Donner – das alte Schiff war weg. Habe nie in meinem Leben einen Haufen Schafsköpfe solche dummen Augen machen sehen! Und das kannst du mir glauben, denn ich selber machte das allerdümmste Schafsgesicht. ›Na,‹ sagte der Doktor, ›laß uns einen Tausch machen!‹ Wir machten den Tausch ab, er und ich, und hier sind wir nun: Essen, Branntwein, das Blockhaus, das Brennholz, das ihr so freundlich wart zurechtzumachen, alles ist unser – sozusagen das ganze Schiff von der Mastspitze bis zum Kiel. Die andern sind ausgezogen; wo sie sind, weiß ich nicht.«

      Er sog eine Weile ruhig an seiner Pfeife; dann sagte er:

      »Und wenn du dir vielleicht einbilden solltest, du seist in dem Vertrag mit eingeschlossen – hier ist das letzte Wort, das gesagt wurde: ›Wieviel seid ihr,‹ fragte ich, ›die das Blockhaus verlassen wollen?‹ – ›Vier,‹ sagte er – ›vier, und einer von uns ist verwundet. Wo der Bengel ist, das weiß ich nicht, hol' ihn der Kuckuck!‹ sagte er, ›und es ist mir auch Wurscht, wir haben ihn satt gekriegt!‹ Dies waren seine Worte.«

      »Ist das alles?«

      »Na, es ist wenigstens

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