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lang wie auf Kohlen. Endlich kehrte er mit dem

       Bescheide zurück:

       »Nicht aufmachen darf. Massa verboten. Kein Mann heut hereingekommen. Türe zugeschlossen stets. ihr

       also schnell fortgehen, denn wenn etwa über Zaun springen, dann Massa sein Hausrecht brauchen und mit

       Revolver schießen.«

       Da stand ich nun! Was sollte ich tun? Mit Gewalt eindringen durfte ich nicht; ich war überzeugt, daß in

       diesem Falle der Besitzer wirklich auf mich geschossen hätte; denn der Amerikaner versteht in Beziehung

       auf sein Heim keinen Spaß. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zur Polizei zu gehen.

       Als ich höchst ergrimmt über den Platz zurückschritt, kam ein junge auf mich zugelaufen. Er hatte einen

       Zettel in der Hand.

       »Sir, Sir!« rief er. »Wartet einmal! Ihr sollt mir zehn Cents für diesen Zettel geben.«

       »Von wem ist er denn?«

       »Von einem Gentleman, welcher eben da drüben« - er deutete nicht nach der Villa, sondern in grad

       entgegengesetzte Richtung - »aus dem Hause kam. Er zeigte Euch mir und schrieb mir die Zeilen auf.

       Zehn Cents, so bekommt Ihr sie!«

       Ich gab ihm das Geld und erhielt den Zettel. Der junge sprang von dannen. Auf dem verwünschten

       Papiere, welches aus einem Notizbuche gerissen war, stand:

       »Mein werter Master Dutchman.

       Seid Ihr etwa meinetwegen nach New Orleans gekommen? Ich vermute das, weil Ihr mir folgt. Ich habe

       Euch für albern gehalten; für so dumm, mich fangen zu wollen, aber doch nicht. Wer nicht mehr als nur

       ein halbes Lot Gehirn besitzt, der darf sich so etwas nicht unterfangen. Kehrt getrost nach New York

       zurück, und grüßt Master Ohlert von mir. Ich habe dafür gesorgt, daß er mich nicht vergißt, und hoffe,

       daß auch Ihr zuweilen an unsere heutige Begegnung denkt, welche freilich nicht sehr ruhmvoll für Euch

       abgelaufen ist.

       Gibson.«

       Man kann sich denken, welches Entzücken ich empfand, als ich diese liebenswürdige Epistel las. Ich

       knillte den Zettel zusammen, steckte ihn in die Tasche und ging weiter. Es war möglich, daß ich von ihm

       heimlich beobachtet wurde, und ich wollte dem Menschen nicht die Genugtuung bereiten, mich in

       Verlegenheit zu sehen.

       Dabei blickte ich forschend über den Platz. Gibson war nicht zu sehen. Der Neger war vom Barbierladen

       verschwunden; den jungen konnte ich ebenfalls nicht entdecken und ihn nach Gibson fragen. Er hatte

       jedenfalls die Weisung erhalten, sich schnell davonzumachen.

       Während ich wegen des Einlasses in die Villa kapitulierte, hatte Gibson Zeit gefunden, mir in aller

       Gemütlichkeit einen Brief von dreiundzwanzig Zeilen zu schreiben. Der Neger hatte mich genarrt;

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       Gibson lachte mich ohne Zweifel aus, und der junge hatte eine Miene gemacht, aus welcher ich ersehen

       mußte, daß er wußte, ich sei einer, der geprellt werden solle.

       Ich befand mich in einer ärgerlichen Stimmung, denn ich war blamiert, im höchsten Grade blamiert, und

       durfte nicht einmal auf der Polizei erwähnen, daß ich Gibson begegnet sei. Ich ging also still davon.

       Ohne den freien Platz wieder zu betreten, durchsuchte ich die in denselben einmündenden Gassen,

       natürlich ohne den blassen Schimmer eines Erfolges, denn es verstand sich ganz von selbst, daß Gibson

       ein für ihn so gefährliches Stadtviertel schleunigst verlassen hatte. Es war sogar zu vermuten, daß er die

       erste Gelegenheit, aus New Orleans zu kommen, benutzen werde.

       Auf letzteren Gedanken kam ich trotz meines nur ›ein halbes Lot‹ wiegenden Gehirnes und begab mich

       infolgedessen nach dem Platze, an welchem die an jenem Tage abgebenden Schiffe lagen. Zwei in Zivil

       gekleidete Polizisten unterstützten mich - auch vergeblich. Der Ärger, so übertölpelt worden zu sein, ließ

       mich nicht ruhen, und ich durchwanderte, in alle möglichen Restaurants und Tavernen blickend, bis in die

       späte Nacht hinein die Straßen. Dann, als ich mich gar zu ermüdet fühlte, ging ich nach meinem Lodging-

       House und legte mich nieder.

       Der Traum versetzte mich in ein Irrenhaus. Hunderte von Wahnsinnigen, welche sich für Dichter hielten,

       streckten mir ihre dickleibigen Manuskripte entgegen, welche ich durchlesen sollte. Natürlich waren es

       lauter Tragödien, welche einen verrückten Dichter zum Haupthelden hatten. Ich mußte lesen und lesen,

       denn Gibson stand mit dem Revolver neben mir und drohte, mich sofort zu erschießen, wenn ich nur

       einen Augenblick pausiere. Ich las und las, daß mir der Schweiß von der Stirne lief. Um denselben

       abzutrocknen, zog ich mein Taschentuch, hielt eine Sekunde lang inne und -wurde von Gibson

       erschossen!

       Das Krachen des Schusses weckte mich, denn es war nicht ein vermeintliches, sondern ein wirkliches

       Krachen gewesen. Ich hatte mich vor Aufregung im Bette hin und her geworfen und in der Absicht,

       Gibson den Revolver aus der Hand zu schmettern, die Lampe von dem Kammerdiener, einem kleinen,

       hart am Bette stehenden Tischchen, geschlagen. Sie wurde mir am Morgen mit nur acht Dollars

       angerechnet.

       Vollständig in Schweiß gebadet, erwachte ich. Ich trank meinen Tee und fuhr dann hinaus nach dem

       herrlichen See Pontchartrain, wo ich ein Bad nahm, welches mich erfrischte. Dann begab ich mich von

       neuem auf die Suche. Dabei kam ich wieder an die deutsche Bierstube, in welcher ich gestern Old Death

       getroffen hatte. Ich ging hinein, und zwar ohne alle Ahnung, hier eine Spur finden zu können. Das Lokal

       war in diesem Augenblicke nicht so gefüllt wie am vergangenen Tage. Gestern war keine Zeitung zu

       bekommen gewesen; heut lagen mehrere Blätter unbenutzt auf dem Tische, und ich ergriff das erste beste,

       die bereits damals in New Orleans erscheinende ›Deutsche Zeitung‹, welche noch heute existiert, wenn

       sie auch wahrscheinlich inzwischen nach amerikanischem Muster den Verleger und Redakteur viele Male

       gewechselt hat.

       Ohne die Absicht, das Blatt wirklich durchzustudieren, schlug ich es auf, und das erste, was mir auffiel,

       war ein Gedicht. Gedichte lese ich bei der Durchsicht einer Zeitung entweder zuletzt oder lieber gar nicht.

       Die Überschrift glich der Kapitelüberschrift eines Schauerromans. Das stieß mich ab. Sie lautete: ›Die

       fürchterlichste Nacht‹. Schon wollte ich die Seite umwenden, als mein Auge auf die beiden Buchstaben

       fiel, mit denen das Gedicht unterzeichnet war: ›W.O.‹ Das waren ja die Anfangsbuchstaben des Namens

       William Ohlert! Der Name hatte mir so lange Zeit und so unausgesetzt im Sinne gelegen, daß es nicht

       wundernehmen kann, wenn ich ihn in Beziehung zu diesen Buchstaben brachte. Ohlert junior hielt sich ja

       für einen Dichter. Sollte er seinen Aufenthalt in New Orleans dazu benutzt haben, eine Reimerei an das

      

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