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wirbelte mich in die Tiefe hinab und nahm mich wieder nach oben. Ich bewegte kein Glied, denn jetzt

       hätte mir alle Anstrengung nichts genützt, aber sobald die See das Land erreichte, mußte ich arbeiten, um

       nicht von ihr wieder zurückgerissen zu werden.

       Ich befand mich jedenfalls kaum eine halbe Minute in der Gewalt der stürzenden See, aber es dünkte mir,

       stundenlang zu sein. Da wurde ich von der gewaltigen Woge durch die Luft geschleudert. Sie spie mich

       aus und warf mich zwischen Felsen in ruhiges Wasser. Nur nicht wieder von ihr erfaßt werden! Ich stieß

       und strich aus Leibeskräften mit Armen und Beinen aus und schwamm mit einer Anstrengung, wie ich

       noch nie geschwommen hatte. Wenn ich soeben den Ausdruck ›ruhiges Wasser‹ gebraucht habe, so war

       dies natürlich nur relativ gemeint. Die Sturzsee hatte mich über die Brandung hinweggetragen; ich hatte

       es nun nicht mehr mit haushohen Wogen zu tun, aber der Sturm wühlte und pflügte das Wasser doch so

       auf, daß ich auf und nieder und hin und her geworfen wurde wie ein leichter Kork in einem geschüttelten

       Wassergefäße. Es war ein großes Glück, daß ich das Land gesehen hatte. Ohne diesen günstigen Umstand

       wäre ich höchst wahrscheinlich verloren gewesen. Ich wußte, nach welcher Richtung ich zu schwimmen

       hatte, und wenn ich in dem fürchterlichen Aufruhr der Elemente auch nur geringe Fortschritte machte, so

       erreichte ich endlich doch die Küste, aber nicht in der Weise, wie ich es wollte. Die See war dunkel und

       das Land auch; ich konnte in der dichten Finsternis die eine nicht von dem andern unterscheiden, mir also

       keine zum Landen passende Stelle suchen und trieb mit dem Kopfe in der Weise gegen eine Klippe an,

       als hätte mir jemand mit einem Beil einen Hieb gegeben. Ich hatte noch die Geistesgegenwart, mich

       schnell an diesen Felsen emporzuarbeiten, und verlor dann das Bewußtsein.

       Als ich wieder zu mir kam, war der Hurrikan noch nicht vorüber. Mein Kopf schmerzte mich, doch

       beachtete ich dies nicht. Viel größere Sorge machte mir der Umstand, daß ich nicht wußte, wo ich mich

       befand. Lag ich auf dem festen Lande, oder auf einer aus dem Wasser ragenden Klippe? Ich durfte nicht

       von der Stelle fort, auf welcher ich mich befand. Sie war glatt und eben und ich hatte Mühe, sie zu

       behaupten, denn die Kraft des Sturmes war groß genug, mich wegzufegen. Nach einiger Zeit aber

       bemerkte ich, daß sie sich verminderte, und dann dauerte es, wie es bei derartigen Wirbelstürmen fast

       stets der Fall zu sein pflegt, gar nicht lange, so war der Hurrikan ganz plötzlich, wie mit einem Schlage,

       vorüber, der Regen auch, und die Sterne erschienen am Himmel.

       Bei ihrem Scheine konnte ich mich orientieren. Ich befand mich an der Küste. Hinter mir tobte die

       Brandung; vor mir sah ich einzelne Bäume stehen. Ich ging auf dieselben zu; sie hatten dem Sturme

       getrotzt; andere aber hatte er aus der Erde gerissen und niedergeworfen, oder gar streckenweit mit

       fortgenommen. Dann bemerkte ich einige Lichter, welche sich bewegten; da mußten Menschen sein, und

       ich beeilte mich, sie aufzusuchen.

       Sie befanden sich bei einigen Gebäuden, denen der Sturm arg mitgespielt hatte; von einem derselben

       hatte er das ganze Dach mit fortgenommen. Wie staunten die Leute, als sie mich erblickten! Sie starrten

       mich an, als ob sie mich für ein Gespenst hielten. Die See tobte noch so, daß wir brüllen mußten, um uns

       zu verstehen. Sie waren Fischersleute. Der Sturm hatte unser Schiff gegen die Tortugas getrieben, und

       zwar gegen diejenige Insel, auf welcher sich Fort Jefferson befindet. In diesem waren damals

       konföderierte Kriegsgefangene interniert.

       Die Fischer nahmen sich meiner auf das freundlichste an und versahen mich mit frischer Wäsche und den

       notwendigsten Kleidungsstücken, denn ich war nur so bekleidet, wie man sich während einer Seereise

       schlafen zu legen pflegt. Dann schlugen sie Alarm, denn es galt, die Küste nach andern vielleicht

       Geretteten abzusuchen. Es wurden bis zum Morgen sechzehn Personen gefunden. Bei dreien gelang es,

       sie ins Leben zurückzurufen; die andern waren tot. Als es Tag wurde, sah ich das Ufer mit angespülten

       Trümmern bedeckt; das Schiff war zerschellt; das Vorderteil des Rumpfes saß auf der Klippe, auf welche

       ihn der Hurrikan getrieben hatte.

       6

       Ich war also ein Schiffbrüchiger, und zwar im vollsten Sinne des Wortes, denn ich besaß nichts, gar

       nichts mehr; das Geld, welches einem so Freude erregenden Zweck hatte dienen sollen, lag auf dem

       Grunde der See. Natürlich bedauerte ich diesen Verlust, doch nicht ohne mich über denselben zu trösten;

       ich selbst war ja gerettet worden, ich und noch drei von so vielen, gewiß ein großes Glück!

       Der Kommandant des Forts nahm sich unser an; wir bekamen, was wir brauchten, und mir erwirkte er die

       Gelegenheit, per Schiff nach New York zu gehen. Dort angekommen, stand ich ärmer da, wie damals, wo

       ich die Stadt zum erstenmal betreten hatte. Ich besaß nichts als den Mut, von neuem anzufangen.

       Warum hatte ich mich nach New York und nicht nach St. Louis gewendet, wo ich Bekannte besaß und

       wenigstens auf die Hilfe des alten Henry sicher rechnen konnte? Weil ich ihm schon so sehr zu Dank

       verpflichtet war und diese Verpflichtung nicht gern vergrößern wollte. Ja, wenn ich sicher gewesen wäre,

       Winnetou dort zu treffen! Dies war aber keineswegs der Fall. Seine Jagd nach Santer konnte monatelang

       und noch länger dauern, wo hatte ich ihn während dieser Zeit zu suchen? Ich war zwar fest entschlossen,

       wieder mit ihm zusammenzukommen; da mußte ich aber nach dem Westen, nach dem Pueblo am Rio

       Pecos, und um dies zu können, mußte ich mich vorher auf eigene Füße stellen. Bei den jetzigen

       Verhältnissen konnte mir dies, so war ich überzeugt, am besten in New York gelingen.

       Diese Voraussetzung täuschte mich nicht; ich hatte Glück. Ich machte die Bekanntschaft des sehr

       honorablen Mr. Josh Tailor, Dirigent eines damals berühmten Privatdetektiv-Corps, und bat ihn um

       Aufnahme in dasselbe. Als er hörte, wer ich war und was ich in der letzten Zeit getrieben hatte, erklärte

       er, eine Probe mit mir machen zu wollen, obgleich ich ein Deutscher sei. Er hielt nämlich die Deutschen

       nicht für sehr brauchbar für sein Fach, doch gelang es mir, durch einige gute Erfolge, welche ich aber

       mehr dem Zufalle als meinem Scharfsinne zu verdanken hatte, sein Vertrauen zu erwerben, welches sich

       nach und nach vergrößerte, so daß er mir schließlich gar sein besonderes Wohlwollen schenkte und mich

       vorzugsweise mit solchen Aufträgen bedachte, die ein sicheres Gelingen und nebenbei eine gute

       Gratifikation verhießen.

       Eines Tages ließ er mich nach dem Appell in sein Kabinett kommen, wo ein älterer, sorgenvoll

       dreinschauender Herr saß. Bei der Vorstellung wurde er mir als ein Bankier Ohlert genannt, der

      

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