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dir nicht erklären“.

      Plötzlich wurde es beiden klar, dass sie ein seltsames Zwiegespräch führten. Sie blieben stehen und lachten. Marga gesellte sich zu ihnen. Ein fürchterlicher Verdacht schoss Horsa bei ihrem Anblick durch den Kopf. Er wurde rot und schämte sich fürchterlich.

      „Kann Marga etwa auch..?" stotterte er.

      „Nein“, Werhans Stimme beruhigte ihn, „nur ich habe das Gedankenlesen gelernt“.

      

       Die Hexe

      Gegen Mitternacht schlugen sie endlich ihr Lager auf. Feuer wagten sie nicht zu machen, und so saßen sie müde und mit klammen Kleidern zusammen, nachdem sie im Finstern von den durchnässten Vorräten gegessen hatten. Sie waren viel zu aufgewühlt von den Ereignissen des Tages, als dass sie hätten schlafen können. „Weshalb habt ihr mir eigentlich geholfen?" fragte Horsa.

       „Der Zauberer Aramar hat von dir erzählt und uns aufgefordert, dich zu unterstützen“, erklärte Marga mit ruhiger Stimme.

      „Wo war das? Wo seid ihr ihm begegnet?"

      „Es war vor genau zehn Tagen“.

      „Also kurz nachdem wir uns auf dem Bauernhof getrennt hatten“, murmelte Horsa nachdenklich.

      „Es war weit jenseits des Erfstrom. Wir kampierten am Rande der Oststraße. Seit Tagen hatte es geregnet, und unsere Vorräte waren aufgebraucht. Zur Kälte kam also noch der Hunger.

      Gegen Mitternacht hörten wir zwei Reiter, die trotz der Dunkelheit im Galopp nach Osten ritten. Als sie uns entdeckten, hielten sie an. Eine bekannte Stimme fragte, wer wir seien. "

      „Ihr kanntet die Stimme?"

      „Ja, natürlich, es war Aramar“.

      „Wer war bei ihm?"

      „Ein Zwerg“.

      „Was hat Aramar gesagt?"

      „Dass er zwar sehr in Eile wäre, sich aber freue, uns zu treffen. Dann erteilte er uns den Befehl, sofort nach Westen aufzubrechen. Er beschrieb uns genau den Weg, den wir nehmen müssten. Auf dieser Straße würden wir dir begegnen, sagte er. Du würdest in großer Gefahr sein, und wir sollten dir helfen. Es gehe um Leben und Tod. Er selbst werde noch an anderen Orten gebraucht, wolle aber so schnell wie möglich zurückkommen. Dann stoben die beiden weiter. Sie waren während der Unterredung nicht einmal abgestiegen. Wir sind dann sofort aufgebrochen und ins Heimland gezogen. Alles verlief ohne Zwischenfälle, deshalb dachten wir schon, Aramar habe sich geirrt. Dann kamst du aber, und den Rest der Geschichte kennst du ja“.

      „Wieso habt ihr ihm vertraut?"

      „Wir waren ihm einige Zeit zuvor im Westen begegnet. Es war in der Nähe des Golfs von Orex, und er hat uns sehr geholfen“.

      „Ihr habt von mir die Wahrheit hören wollen. Ich glaube, ich habe ein Recht, auch eure Vergangenheit zu erfahren. Wo kommt ihr her? Wer seid ihr?"

      „Wir kommen aus einem Land tief im Süden“, begann Marga ohne auf die Zustimmung ihres Bruders zu warten. „Meine Erinnerungen an meine frühe Kindheit sind nur bruchstückhaft und nicht zusammenhängend. Wenn ich mich anstrenge, sehe ich vor meinem geistigen Auge eine große Stadt. Sie ist auf fünf Hügeln gebaut. Ihre Mauern sind schneeweiß. Schneeweiß ist auch der Wald von Türmen, der sie überragt. Durch fünf Tore ziehen den ganzen Tag Wagen und Menschen ein und aus“.

      „Aber die Gesichter der Menschen“, fiel nun Werhan ein, „sind ernst. Ein Schatten der Trauer liegt auf ihnen, Trauer und Furcht. Die Menschen in dieser schönen Stadt sind unglücklich“.

      „Ich sehe einen Mann“, fuhr Marga fort, „er hat blondes Haar. Er streicht mir über mein Haar. Ich küsse ihn auf die Wange. Sein Bart kratzt. Seine Haut ist schweißnass. Er ist in Eile“.

      „Und ich erinnere mich an eine Frau. Sie weint. Immer wieder fragt sie, warum wir fortmüssen. Vater antwortet, aber Mutter versteht ihn nicht. Vielleicht will sie ihn nicht verstehen. Sie packt Kleider zu Bündeln und verstaut Hausrat in Taschen. Wir haben nicht viel Zeit. Wir brechen auf. Vater läuft voran. Er führt einen Esel. Wir folgen mit unserer Mutter. Mutter hält uns an der Hand. Wir eilen durch das große Tor. Keiner beachtet uns“.

      Erregt fällt ihm das Mädchen ins Wort. Die Erinnerung reißt sie mit: „Wir haben uns im Gebüsch verborgen. Reiter jagen vorüber. Ich habe Angst und weiß nicht warum. Ich spüre, Vater und Mutter haben auch Angst. Dann wandern wir weiter. Ich bin müde. Vater trägt mich. Irgendwann sitze ich auf dem Esel, hoch oben auf dem Gepäck. Ich versuche zu schlafen“.

      „Ich erinnere mich an eine Hütte aus runden Stämmen mitten in einem großen Wald. Vater arbeitet als Holzfäller. Er ist sehr unglücklich. Abends badet Mutter seine Hände in warmem Wasser und massiert seine Muskeln. Ich vermute, dass die ungewohnte Arbeit für ihn zu schwer ist. Wir haben nur wenig Essen. Immer wieder sitzen die Eltern abends zusammen. Sie glauben, dass wir schlafen. Sie murmeln. Ich höre, dass sie nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. Wir gehen Eicheln sammeln im Wald. Mutter kocht die Eicheln stundenlang. Wir können sie dennoch nicht essen, sondern nur das Kochwasser trinken. Von morgens bis abends suchen wir Beeren und Pilze, aber wir finden nur wenige“.

      „Ich habe Hunger. Ich wache mit Hunger auf und gehe mit Hunger zu Bett. Der Hunger tut nicht mehr weh. Ich habe mich an ihn gewöhnt. Aber ich bin schwach. Ich bin immer müde. Mein Bruder und ich husten ständig. Auch Mutter hustet. Wir sind krank. Ich liege den ganzen Tag in der Hütte. Es ist dunkel dort und schmutzig. Die Luft ist schlecht. Der Rauch des Feuers zieht nicht richtig ab. Die Hütte ist voller Qualm. Der Rauch brennt in meinen Augen, er brennt in meiner Lunge. Ich glaube zu ersticken. Dann möchte ich nur noch schlafen“.

      „Meine Schwester liegt reglos auf ihrem Lager. Noch habe ich Kräfte, kann mich bewegen. Mein Bauch ist aufgetrieben. Er schmerzt. Mir ist übel und schwindelig. Da höre ich eines Nachts Vater und Mutter zusammen reden. Ihre Stimmen klingen verzweifelt.

      Vater sagt: 'Ich weiß mir keinen Ausweg mehr. Wir müssen es tun. Ich kann nicht länger zusehen. Sie leiden. Ich bin schuld. Es muss etwas geschehen.'

      Mutter weint.

      ‘Wir müssen wieder unter Menschen“, sagt sie, „wenn wir hier bleiben, sterben wir alle.'

      'Und wenn wir zurückkehren, bringen sie mich um. Nein, ich muss am Leben bleiben, um der Sache willen’, entgegnet er. 'Es geht um die Befreiung von Mahahala. Wir dürfen unser Leben nicht wegwerfen. Und wenn es sein muss, auch das Sterben der Kinder in Kauf nehmen. Wir dürfen nicht an uns denken. Mahahala braucht uns, ihm sind wir verpflichtet.'

      Mutter sagt bitter und gequält: 'Dann bringe uns doch gleich um!'

      'Sage so etwas nie wieder!' Vater schreit diesen Satz heraus, und Mutter muss ihn mit einem Hinweis auf uns beruhigen. 'Das kann und das darf ich nicht. Ich darf meine Hände nicht besudeln. Sie müssen für die gute Sache rein bleiben.'"

      „Tage später, Werhan und ich sind im Wald und suchen nach Nahrung. Wir finden nichts. Als wir zur Hütte zurückkehren, ist mir schwindlig vor Hunger. Niemand ist zu sehen. Kein Rauch dringt aus der Hütte. Alles ist still. Wir treten ein, da liegen sie. Vater hat man die Kehle aufgeschnitten und Mutter blutet aus Messerstichen. Sie lebt noch.

      Ich knie mich neben sie und rufe: 'Mutter, was ist geschehen?'

      Sie stammelt: ‘Sie haben uns gefunden. Sie kamen so schnell und so überraschend.’

      Sie atmet pfeifen. Dann fällt ihr Kopf zur Seite. Sie schließt die Augen.“

      Werhan ergreift das Wort: „Ich werfe mich auf sie. Nehme sie in meine Arme.

      Ich schluchze: ‘Mutter, bleibe bei uns. Mutter, ich will dich immer liebhaben.’

      Die letzten Worte schrie der junge Mann laut. Voller Verzweiflung schlug er die Hände vor das Gesicht. Horsa legte ihm seinen Arm um die Schulter, bis er einschlief. Auch

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